Karl Klaudy
Unvollendet
- Geburtsdaten
- 1906
- Prag
Über Karl Klaudy ist nur wenig bekannt. Seine Zliner Lebensetappe kann man höchstens anhand der journalistischen Tätigkeit und der im Staatlichen Bezirksarchiv Zlin befindlichen Personalkartei mit Personalstammdaten der Mitarbeiter der Firma Baťa deutscher Nationalität rekonstruieren.[1] Klaudys tschechischer Kollege und Mitglied des Redaktionsteams der Baťaschen Presse Josef Vaňhara führt auch nur bruchstückhafte Informationen über Klaudy an.
Der Prager Deutsche Karl Klaudy wuchs in tschechischer Umgebung auf und beherrschte sowohl Deutsch als auch Tschechisch. Er stammte aus einer adeligen Familie. Klaudy wirkte in der Redaktion der in deutscher Sprache erscheinenden Zliner Periodika Weltblick und Pionier, betätigte sich auch als Übersetzer und Lyriker. Nach der Mobilmachung in der Tschechoslowakei von 1938 wurde er zum Militärdienst eingezogen. Später kehrte er zwar nach Zlin zurück, aber die Gebiete, für welche diese Periodika vor allem herausgegeben wurden (Sudetenland), waren schon vom tschechischen Gebiet abgeschnitten. Während des Zweiten Weltkrieges begeisterte sich Klaudy für die Ideen des Nationalsozialismus und nach der Befreiung Zlins im Mai 1945 wurde gegen ihn eine Hetzjagd auf offener Straße veranstaltet. Nach der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei lebte er in Österreich.
Klaudys Gedichtsammlung Mensch sein! berichtet er über diverse Momente menschlicher Existenz und feiert die Schönheit des bürgerlichen Daseins mitten in der arbeitenden Gemeinschaft. Unverkennbar sind die Spuren der Maschinenromantik, einer ästhetisierten Einheit zwischen dem Arbeiter und seiner Maschine, die in vieler Hinsicht personifiziert wird und die beinahe in Form von magischen Sprüchen in Dreireimen zum Ausdruck kommt. Das zentrale Thema ist die Faszination durch alles Menschliche, durch das geistige und soziale Wachstum des Menschen. Dabei handelt es sich um eine sonderbare Mischung aus quasi-romantischer, inszenierter Naivität und neuzeitlichem Aufbauethos samt aktivistischen, schablonenhaften Parolen, die gut in Baťas Vorstellungswelt passt. Klaudy schlägt starke soziale Töne an und verweist auf die Kontraste zwischen Armut und Reichtum. Die Armut wird mit der Enfremdung und Emotionsentleerung in Verbindung gebracht. Zur sozialen Motivik gesellen sich christliche Motive und transzendetale Themen.
[1] Státní okresní archiv Zlín (Staatliches Bezirksarchiv Zlín). Archivfonds Osobní kartotéky zaměstnanců fy Baťa německé národnosti. Ev. jedn. 001360, II. 09.01.
Forschungsliteratur
Josef Vaňhara: Příběh jednoho muže a jednoho města. Zlín 1994.
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Libor Marek: Zwischen Marginalität und Zentralität. Deutsche Literatur und Kultur aus der Mährischen Walachei (1848–1948). Univerzita Tomáše Bati, Zlín, 2018.
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