Ludwig Goldhann zählt zu den Autoren, die trotz ihres nichtmährischen Geburtsortes in Mähren eine bedeutende Zeit ihres Lebens verbrachten und deren schriftstellerische Tätigkeit vom mährischen Milieu beeinflusst wurde. Nach der Revolution 1848 verließ Goldhann (nicht so sehr aus politischen wie aus privaten Gründen) Wien und wählte Brünn zu seiner zweiten Heimat.
Ludwig Goldhann wurde am 8. Dezember 1823 in einer wohlhabenden jüdischen Familie in Wien geboren. Die Mutter Barbara von Schuster stammte aus einem Tiroler Adelsgeschlecht, der Vater Josef Alois Goldhann war ein erfolgreicher Eisenhändler. Beide Eltern stammten aus Familien, die mit vielen Künstlern der Zeit (Castelli, Salieri, Schenck, Mozart) Kontakt pflegten, die Eltern Ludwig Goldhanns waren große Musikliebhaber. Die Sommer verbrachte die Familie in einer Villa des Großvaters in Oberdöbling, die Winter in Wien, wo sie unter ihren Gästen auch Musiker und Literaten der Zeit empfing. Als Kind besuchte Ludwig Goldhann mit den Eltern zahlreiche Theatervorstellungen und begann sehr früh selbst mit ersten dichterischen Versuchen. Er schrieb Gedichte zu verschiedenen Angelegenheiten und mit elf Jahren verfasste er die Erzählung Der Zauberer Orontus, die jedoch nicht erhalten blieb. Sein Vater hielt die künstlerischen Neigungen des Sohnes zwar für löblich, aber immerhin nur für eine Grille, die ein Jurist (denn nach dem Wunsch des Vaters sollte Ludwig Goldhann Jurist werden) höchstens zur Unterhaltung seiner Freunde ausüben kann. So begann der Meinungszwiespalt zwischen dem künstlerisch gesinnten Sohn und dem praktisch orientierten Vater.
1839 erkrankte Ludwig Goldhann und verbrachte einige Zeit in Bozen. Ludwig Goldhanns Biograph Emil Soffé deutet diese Erkrankung als eine aus den Streitigkeiten mit dem Vater resultierende Melancholie, die der Sechzehnjährige jedoch bald überwand. Nach Wien zurückgekehrt, absolvierte er das Gymnasium und unternahm mit den Eltern 1840 und 1842 Reisen nach Bayern, Tirol, Dresden und Leipzig.
Ludwig Goldhann studierte an der Wiener Universität, wo er sich neben dem Jurastudium auch den älteren Sprachen widmete. Unter Halms Vorbild, dessen Dramen er im Burgtheater sah, begann Goldhann selbst Dramen zu schreiben. Die Revolution von 1848 bedeutete auch für Ludwig Goldhann, der zuvor am öffentlichen Leben keinen bedeutenden Anteil nahm, eine Zäsur in seinem Leben und Studium. Als Befürworter der Liberalen zerstritt er sich nicht nur mit seinem durchaus konservativen Vater, sondern auch mit seinen älteren Brüdern Wilhelm und Moritz, die der kaiserlichen Armee als Offiziere angehörten. Sein Eintritt in die akademische Legion und den Studentenausschuss unter Adolf Fischhof und seine Anteilnahme an den Barrikadenkämpfen des 26. und 27. Mai verschlimmerten nur das Verhältnis zum Vater, und Goldhann sah sich genötigt, sein Elternhaus und die Heimat zu verlassen. Er zog nach Brünn, wo seine Schwester mit ihrer Familie lebte.
Im November 1848 trat er bei der k.k. Finanzprokuratur in den Staatdienst als Praktikant ein. Er nahm das durch die Revolution unterbrochene Studium wieder auf und im August 1850 promovierte er in Wien. In diesem Jahr ließ er die erste Sammlung seiner Gedichte unter dem Titel Dichtungen zusammen mit dem Trauerspiel Arsinoe bei seinem Freund, dem Buchdrucker Keck, in Wien drucken. Goldhann schickte den Gedichtband an einige Dichter, um ihr Urteil zu erfahren - Grillparzer, Halm und Hebbel ermutigten ihn zu weiterer Arbeit. Trotzdem ließ Goldhann die Sammlung im Buchhandel nicht erscheinen, weil er unter den Familienverhältnissen immer noch sehr litt und weil er den Vater, der seine literarischen Neigungen missbilligte, nicht provozieren wollte. Goldhann beabsichtigte auch, die juristische Laufbahn zu verlassen, um sich nur der Literatur widmen zu können, was ihm weder jetzt noch später gelang. Im Winter 1851 erkrankte er an Tuberkulose und im Sommer und Herbst 1852 unternahm er eine Erholungsreise nach Süden. Als Frucht dieser Reise durch Kärnten, Tirol und Italien erschienen 1855 Ästhetische Wanderungen in Sizilien, ein Buch, das sehr günstig aufgenommen wurde und Goldhann beim breiten Publikum bekannt machte.
Während seiner Krankheit studierte Goldhann Theodor Vischers „Ästhetik“ und sein neues Ziel war es, als Dozent der Kunstgeschichte zu habilitieren. Auch bei diesem Wunsch wirkte laut Soffé die alte Angst nach, sich weitere Missgunst des Vaters zuzuziehen, so dass dieser Plan unverwirklicht blieb. Angesichts dieser Familienrücksichten mag es überraschen, dass sich Goldhann der Gattung des Dramas zuwandte, deren Endzweck es ist, öffentlich vorgeführt zu werden. Auch im Hinblick auf Goldhanns Begabung war diese Entscheidung nicht die glücklichste. Emil Soffé kommentiert diesen Entschluss mit folgenden Worten:
„Es war wohl der große Irrthum seines Lebens, dass er das Gebiet der Lyrik gegen das der Dramatik vertauschte.“ (Soffé 1896, S. 28)
Als erstes wurde im Jahre 1857 Goldhanns Trauerspiel Der Landrichter von Urbau in Hamburg aufgeführt. Der Erfolg dieses Dramas ermutigte Goldhann zur weiteren Dramenproduktion, nicht zuletzt auch deswegen, weil er dank dieses Erfolgs mit Friedrich Hebbel bekannt wurde, mit dem er bis zu seinem Tod befreundet blieb. Goldhann versuchte nach Hebbels Tod dessen Drama Demetrius zu vollenden. Goldhanns Schöpfung wurde 1869 in Berlin aufgeführt, erlangte aber keinen Erfolg.
In zwei seiner Tragödien ließ sich Goldhann von der mährischen Geschichte und dem Milieu inspirieren. In der fünfaktigen Tragödie Der Landrichter von Urbau bearbeitet er eine historische Begebenheit, die sich im Dorf Urbau im Znaimer Bezirk am Anfang des 18. Jahrhunderts ereignete. Es geht hier um den Konflikt zwischen der zentralistischen Staatsmacht und dem Anspruch des Dorfes auf eigene Verwaltung. Der Hauptheld opfert sein eigenes und das Glück seiner Familie für die Erhaltung der uralten Rechte seines Dorfes. Die Tragödie Am Rande des Abgrunds (1867) schöpft aus der Sage, die mit der Schlucht Macocha (ins Deutsche lässt sich der Name der Schlucht als „Stiefmutter“ übersetzten) verbunden ist. Eine Stiefmutter versucht ihr Stiefkind zu ermorden, um ihrem eigenen Kind das Erbe zu sichern. Der Landrichter von Urbau wurde in Brünn erst 1863 aufgeführt, die Wiener Aufführung wurde verboten. Außer Tragödien schrieb Goldhann auch Lustspiele (z. B. Freigegeben, oder: Die Doktoren der Rechte oder Ein Tanz mit der Königin) und Schwänke (St. Hubertustag, Der Solofänger).
1860 absolvierte Goldhann erfolgreich die Advokatur- und Finanzprüfungen und wurde zum Adjunkten der Finanzprokuratur ernannt. Mehr aber als seiner Beamtenlaufbahn widmete sich Goldhann dem Schreiben, außer Hebbel war er auch mit Friedrich Halm, Franz Grillparzer, Salomon Hermann Mosenthal und Heinrich Laube befreundet. 1867 verließ er den Staatsdienst und widmete sich von jetzt an nur seiner literarischen Tätigkeit, die er ab und zu durch längere oder kürzere Reisen unterbrach. Er unternahm mehrere Reisen nach Frankreich, Belgien und England (1867), nach Ungarn (1871) und Venedig (1871 und 1872).
Goldhanns Biographen (Soffé, Schlossar) behaupten, seine Dramen entbehren nicht der Spuren eines dramatischen Talents: Der Aufbau ist bühnentauglich, die Figuren größtenteils plastisch, die Expositionen kurz aber ausgiebig, die Dialoge der Lustspiele witzig und klug, in den Trauerspielen kommt das allgemein Menschliche zum Ausdruck. Die einzelnen Unzulänglichkeiten seiner Werke schreiben sie mangelnder Bühnenerfahrung des Dichters zu. Goldhanns Dramen wurden nur selten aufgeführt, der Grund sollte die Zensur gewesen sein. Trotz mancher Teilerfolge und gütiger Beurteilungen seitens seiner erfolgreichen Freunde, hatte Goldhann als Dramatiker keinen dauernden Ruhm erlangt.
Goldhann schrieb auch Feuilletons, 1886 übernahm er das regelmäßige Schauspielreferat für die Brünner Zeitung Mährisch-Schlesischer Korrespondent. Er verdiente sich auch um die Gründung eines Zweigvereins der deutschen Schillerstiftung in seinem Wohnort Brünn, 1892 wurde er Präsident des Schriftstellervereins für Mähren und Schlesien geworden. Goldhann starb in Brünn am 18. Januar 1893 an einem Herzschlag. Er hat nie geheiratet, sein Neffe Franz Goldhann gab 1896 die Gedichte aus seinem Nachlass mit einer Biographie Goldhanns von Emil Soffé heraus. (Silvie Jašková, Olmütz)