Leo Greiner wurde in der Familie des jüdischen Kaufmanns Gabriel Greiner in Brünn geboren. Sein Vater starb wenige Monate nach Leos Geburt und die Mutter Theresia Greiner verkaufte das Haus der Familie, um die hinterlassenen Verhältnisse nach dem Tod ihres Mannes zu regeln. In dieser für die Familie ungünstigen Zeit wurde Greiners ältere Schwester als Theatersängerin ausgebildet und wanderte als Angehörige verschiedener Schauspieltruppen durch viele Städte Österreichs und Ungarns. Seit Leo Greiners sechstem Lebensjahr wurde er auf die Reisen mitgenommen oder manchmal auch bei fremden Leuten als Kostgänger einquartiert. Als er zehn Jahre alt war, fand die Familie (Leo Greiner hatte außer der Schwester noch einen Bruder namens Richard) in Kronstadt im Südosten des siebenbürgischen Berglandes ihre zweite Heimat. In seiner autobiographischen Skizze bekennt Greiner, dass die siebenbürgische Landschaft und das ursprünglich sächsische Volk, das dort ansässig war, auf sein Leben entscheidenden Einfluss ausübten:
Die dunkle, fast mystische Natur des Landes, die mit dem nüchternen, harten und stolzen Wirklichkeitssinn seiner deutschen Bewohner in einem mir heute noch nicht völlig lösbaren, mich heute noch erschütternden, irritierenden Gegensatze steht, wirkte kräftig nach...
Nachdem er am Kronstädtischen Gymnasium das Abitur abgelegt hatte, kam Greiner im Jahre 1895 nach München, um dort Literaturgeschichte und Ästhetik zu studieren (Wintersemester 1896/97 bis Sommersemester 1899 Studium der Literaturwissenschaft und Philologie an der Universität München bei Prof. Muncker und Prof. Paul, ohne Abschluss). Im Jahre 1899 verließ er die Universität, ohne das Studium abzuschließen und arbeitete in den Jahren 1899 und 1900 als Redakteur der deutschen Abteilung der Revue Franco-Allemande. Greiners Name war in den nächsten Jahrzehnten mit einer ganzen Reihe von Zeitungen und Zeitschriften verbunden, in denen er Aufsätze und Kritiken veröffentlichte (Avalun, Berliner Börsen Courier, Das Blaubuch, Blätter des deutschen Theaters, Donauland, Dresdner neuste Nachrichten, Freistatt, Die Gegenwart, Die Gesellschaft, Der Greif, Die Insel, Jugend, Das junge Deutschland, Kritik der Kritik, Licht und Schatten, Das literarische Echo, Masken, Revue Franco-Allemande, Die Rheinlande, Die neue Rundschau, Die Schaubühne, Simplicissimus, Stimmen der Gegenwart, Strandgut, Über Land und Meer, Die Weltbühne, Die Zukunft). Als Mitherausgeber beteiligte er sich auch an dem Erscheinen der Zeitschrift Frühling seines Freundes Wilhelm von Scholz. Im Jahre 1909, als er schon in Berlin residierte, veröffentlichte er im Tagesboten, der in Greiners Geburtsstadt Brünn herausgegeben wurde, eine Skizze Bilder aus Siebenbürgen, in der er die Zauberlandschaft seiner Jugend vorstellt.
Greiner bemühte sich aber schon seit seinen Studienjahren um einen selbstständigen literarischen Ausdruck. Seine Bekanntschaft mit Wilhelm von Scholz und Paul Ernst wurde an der Wesensverwandtheit seiner Ideale mit der Bestrebungen nach dem neuklassischen Stildrama der zwei vorigen gestützt. Die Sehnsucht, dem Drama festere Konturen zu geben, die für die Neuklassik typisch war, äußert sich später in Greiners dramatischem Werk. Seine Gedichte werden als neuromantisch und ‘im Ton Lenaus’ (Xenien (1911) Heft 11) bezeichnet. Die ersten Gedichte veröffentlichte Greiner schon 1897 im Simplicissimus, 1898 in der Zeitschrift Frühling oder in der Gesellschaft usw. Im Jahre 1900 gelang es ihm im Verlag der Deutsch-französischen Rundschau (Revue Franco Allemande, die er redigierte) sein erstes Buch, die Dichtung Das Jahrtausend herauszugeben. Er widmete seinen Erstling dem Andenken Johann Christian Günthers, was allerdings im Zusammenhang mit dem erwähnten Streben Greiners sich den neuklassischen Ideen zu nähern, überraschen mag. Darin liegt wahrscheinlich der Kern Greiners Zwiespältigkeit: einerseits ist seiner Natur ungezügelte Leidenschaftlichkeit eigen, andererseits strebt er eine innere Ordnung an. Dieser Widerspruch äußert sich auch in seinen Dramen, die später analysiert werden.
Im Mittelpunkt der Dichtung Das Jahrtausend steht die Gestalt Kaisers Ottos III, der den Dichter weniger als eine historische Gestalt, sondern mehr als ein junger Idealist inspirierte, ebenfalls wie die Zeitstimmung der Jahrhundertwende und der prophezeite Weltuntergang. Greiners Freund Otto Falckenberg meinte in seiner Rezension des Stückes, dass uns Greiner „...noch nicht das neue Epos [gegeben hat], aber hat an dem begonnenen Weg in unbekanntem Land ein gut Stück weitergebaut, neuen Zielen entgegen.“
Im München der Jahrhundertwende traf sich Greiner mit Künstlern, Schriftstellern und Theaterleuten, die sich gegen den Vorschlag eines strengen Zensurgesetzes durch Witz und Satire wehrten und denen es gelang, mit Hilfe von Stiftungsbeiträgen von Münchener Bürgern das erste Münchener Kabarett zu eröffnen. Am 12. April 1901 fand die erste Vorstellung des Kabaretts „Die elf Scharfrichter“ statt und Greiner war einer der Mitbegründer dieses Vereins. Zusammen mit Willy Rath, Otto Falckenberg (Greiner war mit Otto und Wanda Falckenberg befreundet. Er widmete ihnen seine zweite Lyriksammlung Das Tagebuch.), M. Henry, Willi Oertel, Paul Schlesinger, Heinrich Lautensack und anderen Künstlern und Literaten, unter denen Frank Wedekind eine wichtige Rolle spielte, beteiligte sich Greiner als künstlerischer Leiter, Autor und Schauspieler unter dem Pseudonym "Dionysius Tod" an der Gestaltung der ‘hinrichtenden’ Vorstellungen des Kabaretts. Greiner war jedoch wahrscheinlich keine führende Persönlichkeit des Kabaretts. Die Sekundärliteratur erwähnt Greiner häufig als den ‘künstlerischen Leiter’ der Elf. Rudolf Hösch behauptet einerseits in seinem Buch Kabarett von gestern, dass Greiner „bei den Scharfrichtern nicht oft zur unmittelbaren Wirkung kam“, andererseits spricht er davon, dass Greiners Texte damals zusammen mit den Texten von Bierbaum, Liliencron und Gustav Falke durch die literarische Vortragsbühne sehr bekannt waren. Emil Faktor spricht jedoch in seinem Artikel zu Greiners 50. Geburtstag davon, dass Greiner ‘nicht allzu gern’ von seiner Münchner Scharfrichterzeit spricht und dass er Greiner als einen ‘innerlich Abgekehrten’ unter den Scharfrichtern sieht.
Greiner ist auch der Autor der Scharfrichterhymne, zu der Hans Richard Weinköppel die Musik schrieb. Obwohl das Kabarett seine Tätigkeit vor allem aus finanziellen Gründen schon im Jahre 1904 zu beenden gezwungen war, waren die wenigen Jahre seiner Existenz dank des groben literarischen und künstlerischen Niveaus von großer Bedeutung.
Außerdem war Greiner in München auch eine Zeitlang an der Münchner staatlichen Schauspielschule als Dozent für Schauspielkunst und Dramaturgie tätig.
Im Jahre 1904 verließ Greiner seinen Wohnsitz in Bruck bei München und übersiedelte nach Berlin-Charlottenburg (Sybelstrabe 40). Zwei Jahre später heiratete er Ernestine Urfus, die Tochter eines jüdischen Kaufmanns aus Poděbrad in Böhmen. In demselben Jahr gaben beide Eheleute ihre jüdische Religion auf und wurden als konfessionslos registriert. Es wurde ihnen die erste Tochter Ruth Charlotte geboren, die zweite Tochter Eva Maria dann 1912.
In Berlin war Greiner als Schriftsteller, Literatur- und Theaterkritiker, Übersetzer, Herausgeber und Lenau Forscher bald bekannt. Im Jahre 1904 veröffentlichte Greiner seine Schrift über seinen Lieblingsdichter Nikolaus Lenau, mit dessen Lyrik auch die eigenen Gedichte Greiners oft verglichen wurden. Die zeitgenössische Kritik entdeckt in dem Buch einen Versuch Greiners nicht um des Objektes willen zu schreiben, sondern „um an der Betrachtung eines verwandten Individuums Klarheit über die verworrenen, drängenden Fragen des eigenen Subjektes zu gewinnen.“ 1911 machte sich Greiner als Herausgeber um zwei neue Ausgaben von Lenaus Werken verdient: Nikolaus Lenau. Ausgewählte Werke und Ein Kampf ums Licht. Lenau: Sein Leben, Lieben und Leiden, das von Greiner aus Lenaus Gedichten, Briefen und biographischen Erläuterungen so zusammenkomponiert wurde, dass der Leser Lenaus Werk und Lebensgeschichte in unmittelbarer Nähe genau betrachten kann.
Seiner ersten Gedichtsammlung folgte dann im Jahre 1906 eine weitere Sammlung Das Tagebuch, die von der Kritik mit großer Begeisterung aufgenommen wurde. Paul Leppin behauptete sogar, dass in diesem Gedichtbuch die schönsten Gedichte stehen, die er seit langem gelesen hatte und im ähnlichen Sinne äußert sich auch Julius Bab. Öfters wurden Greiners Gedichte mit Lenaus Lyrik verglichen und auf Ähnlichkeiten oder Unterschiede geprüft. „Lenau? - Ja. Aber verfeinert, veredelt, vertieft, leiser, dunkler.“, fragt und antwortet einer der Kritiker Hans Franck. Vor allem dank der sanften Melancholie, der inspirierenden, anziehungsvollen Natur, dem langen, fragenden Blick in die Weite und nicht zuletzt dank des köstlichen Details des Wohlklangs gelingt es Greiner an vielen Stellen, den Puls des faszinierten Lesers auf eigene Frequenzen zu stimmen.
Das erste Drama Greiners, Der Liebeskönig, wurde mit weniger Begeisterung rezensiert. Das Schauspiel spielt zur Zeit des Konstanzer Konzils in der Schweiz und dann in Warschau. Der Held, der polnische König Wladimir, liebt die deutsche Kaisertochter Isabella wie wahnsinnig, die aber statt ihm einen schönen Prinzen wählt. Aus Rache nimmt er eine Dirne zur Frau und weckt dadurch Isabellas Liebeshass. Manche Kritiker (z.B. Hermann Kienzel) warfen Greiner den Schwulst der Sprache vor und lehnten das Spiel als ein „...Pubertätsdrama. Voll Saft - mit wenig Kraft.“ ab. Hans Franck gab zwar zu, dass Greiner dem Problem, das er lösen wollte, noch nicht gewachsen ist, fand aber seine Art, die Worte zu setzen, wundervoll. Julius Bab lobt an dem Stück ebenfalls das „allgemein Dichterische“ und hebt vor allem Greiners dramatische Begabung hervor. Die ersten zwei Akte seien prächtig gestaltet, aber „...als ganzes bleibt das Werk [...] nur talentvoll und schlecht.“
Sein zweites Drama Herzog Boccaneras Ende wurde besser aufgenommen. Es spielt in Genua in der Zeit der Renaissance. Simon Boccanera, Herzog von Genua, ist ein mächtiger, eigenwilliger Herrscher, der seine Macht so liebt, dass er nicht sterben kann, ohne sicher zu sein, dass er in der nächsten Generation der Herrscher von Genua fortlebt. Seine Tochter Eleonora liebt den Admiral Adorno, in dem auch Boccanera einen wesensverwandten Menschen sieht. Doch gerade die Tatsache, dass Adorno auch eine starke Persönlichkeit mit eigenem Willen hat, scheint Boccanera gefährlich. Sein Wille soll fortleben, nicht der von Adorno. Das Volk verehrt nämlich bereits jetzt Adorno mehr als den Alten. Deswegen verrät der Herzog den Admiral Adorno, seinen erfolgreichsten Krieger, um ihn in den Augen des Volkes zu erniedrigen und um Adornos Selbstbewusstsein zu brechen: in der Seeschlacht gegen Pisa fallen Adorno eigene, genuesische Schiffe in den Rücken, die Boccanera geschickt hat und versenken alle Galeeren, mit denen Adorno auf dem Meer war. Adorno kehrt nach Genua zurück und will den Herzog richten. Es erwartet ihn aber ein Fest zu seinen Ehren, Boccanera lügt und macht einen der gefallenen Krieger für den Verrat an Adorno verantwortlich und will Adorno mit Eleonora verloben. Boccanera will Adorno, seinen Nachfolger, neu „schöpfen“. Alles, was Adorno als Herrscher sein wird, soll durch Boccaneras Willen geschehen.
Wie du hier vor mir stehst, bist du ein Nichts, / ein tönern Bild und eine leere Tafel / auf die ich meines Wesens Zeichen schreibe. / So füll ich, Schatten, dich mit meinen Gaben / voll bis zum Rand, bis du daraus entstehst, / nun nicht mehr du, nein, ganz in mich verwandelt, / ganz ich, der Atem deines Atems ich, / indessen du, ein Hauch von einem Hauch, / zerweht bist in die Nacht.
Adorno ist sich dessen aber bewusst, will den Herzog vergiften und lehnt die Verlobung mit Eleonora, die er zwar liebt, aber unter solchen Umständen nicht heiraten zu können glaubt, ab. Boccaner will sein Werk vollendet sehen. Er verspricht den Becher mit Gift freiwillig zu trinken, vorher aber zwingt er Adorno, Eleonora einen Heiratsantrag zu machen, indem er der nichts ahnenden Tochter den Becher mit Gift reichen will und dadurch von Adorno eine öffentliche Zusage erpresst. Dann trinkt Boccanera selbst das Gift, schreit den Gästen zu, er sei vergiftet und bittet: „Nur eines wird mich heilen, Eines: Rache für meinen meuchlerischen Tod! In deine Hände, Adorno, mein geliebter Sohn, leg ich dies finstre Erbe!“, wodurch er den Verdacht von Adorno ablenkt. In seiner Sterbestunde enthüllt noch Boccanera seine tiefsten Beweggründe. „Ich liebe, / ich liebe dich, Adorno. Was geschah, / geschah um dich. Dies Volk, das mich gehabt, / wollte dich an sich reiben, mir zum Feinde. / Und drum vertilgt ich es, denn du bist mein, / und wer uns scheiden will, muß fallen.“ Boccanera bittet Adorno, ihn das eine, erste und zugleich letzte Mal, Vater zu nennen. Adorno lehnt ab, er will nicht zum Vatermörder werden. Boccanera stirbt, äußerlich ist sein Wille vollbracht, doch seine tiefste Sehnsucht wurde ihm nicht erfüllt.
Die Kritik sah in diesem Stück, verglichen mit Liebeskönig, einen Fortschritt. „Ein auf Zucht gerichteter Künstlerwille hat alle Hemmnisse, die in der lyrischen Begabung des Autors wurzeln, mit einem an Fanatismus grenzenden Eifer zu überwinden getrachtet und überwunden.“ (Hans Franck). Ganz im Sinne der Neuklassik kämpft hier der grobe Einzelne (in diesem Fall zwei grobe Einzelne) mit seinen Feinden, mit dem Schicksal und mit sich selbst. Die kompakte Form, die die Neuklassik verlangt, ist aber hier viel zu komprimiert und der Feind, das Schicksal und das Ich selbst sind so mehrdeutig, verworren und „...durch tausendfältige Schleier...“ verhüllt, dass der Zuschauer nur mit Schwierigkeiten dem wirren Pfad der Ursachen und ihrer Wirkungen folgt. Das Ziel, die Tiefen und Höhen der menschlichen Seele wahrhaftig widerzugeben, soll aber nicht daran scheitern, „...daß Mord und Lieb hier, Treue und Verrat mit Schlangenbändern so verknotet sind, daß Du sie nicht auseinanderkennst-“, was leider in Herzog Boccaneras Ende geschieht.
Außer seinen eigenen Dramen hat Greiner noch zwei weitere veröffentlicht, die er frei nach anderen Autoren übersetzt und umgearbeitet hat. Das erste Drama war Lysistrata, eine Komödie frei nach Aristophanes und das zweite Arbaces und Panthea oder die Geschwister, Schauspiel nach Francis Beaumont. Die Kritik lobte Greiner dafür, dass er in Lysistrata die schweren undeutschen Versmaße des Aristophanes in ein fünfhebiges Jambendeutsch hinüberführte, äußerte sich aber ironisch darüber, dass er „...das allzu Deutliche sehr graziös verundeutlicht...“ und fügt spöttisch hinzu: „...ganz ein Sohn unserer Tage...“. (Fritz Engel) Die Veränderungen, die sich Greiner erlaubte, waren meist von gutem, jedoch geringem Effekt. „Freilich hat er dabei keine besonders originellen Einfälle gehabt,“ meinte der Kritiker Engel. Den Stoff von Arbaceus und Panthea hat Greiner wesentlicher geändert und ‘umgeschmolzen’. Die Kritik hob die dichterische Kraft und die Schönheit der Sprache hervor und verzieh dem Dichter, dass er „...aus dem Schauspiel eine Tragikomödie gemacht hat.“ (Büschnig).
Greiners bekannteste und erfolgreichste Umarbeitung eines fremden Stoffes waren jedoch die Altdeutsche Novellen nach dem Mittelhochdeutschen (1912), die er aus dem Mittelhochdeutschen übertrug und in Prosa für den modernen Leser umdichtete. Noch in demselben Jahr ist eine Auswahl aus Den Altdeutschen Novellen erschienen und 1930 wurden Die Altdeutschen Novellen das zweite Mal aufgelegt. Greiner übersetzte sogar aus dem Chinesischen. 1913 veröffentlichte er Chinesische Abende. Novellen und Geschichten, die er in Gemeinschaft mit Tsou Ping Shou aus der chinesischen Ursprache übertrug.
Als der Krieg ausbrach, meldete sich Greiner freiwillig als Reserveoffizier, musste aber aus Gesundheitsgründen von der Front zurückkehren. Die Dauer seiner Kriegsbeteiligung wurde nicht ermittelt. Das grauenhafte Kriegserlebnis hat ihn die Kunst der Selbstüberwindung gelehrt. Greiner glaubte laut seinem Freund, dem Prager Emil Faktor, an das Mysterium einer neuen Weltgeburt, an einen Erlösungprozess, der die Menschheit über die Notwendigkeit aller Leiden aufklären wird.
Nach dem Krieg veröffentlichte Greiner kein weiteres Werk und sogar die Anzahl der von ihm veröffentlichten Einzelgedichte und Rezensionen in literarischen Zeitschriften ließ kräftig nach. Er beteiligte sich zwar im Jahre 1922 als Mitübersetzer an der Herausgabe von Paul Verlains Gesammelten Werken, er selbst verstummte jedoch künstlerisch.
Greiner war von 1917 bis 2. April 1924 der Leiter der Theaterabteilung im S. Fischer Verlag, wo er u. a. mit Oskar Loerke verkehrte. Aus Loerkes Tagebüchern erfahren wir, dass sich diese zwei Intellektuellen manchmal nach der Arbeit trafen und über Kunst und Literatur diskutierten. Loerke verehrte seinen Freund Greiner im Artikel Grub an Leo Greiner, der zu Greiners fünfzigstem Geburtstag geschrieben wurde. Loerke beschreibt seinen Mitarbeiter und Freund als einen edlen, guten Menschen mit scharfem durchdringenden Intellekt und verschlossener Natur. „Seine Seele lärmt nicht mit Worten. Nichts wäre ihr so zuwider, wie sich gefällig zu machen oder gar einzuschmeicheln.“ Vier Tage vor der Veröffentlichung dieses Artikels vermerkte Loerke nach einem Gespräch mit Greiner in seinem Tagebuch: „Greiner. Zwei schöne Gedichte. Er pfeife auf dem letzten Loch, sagte er, jede zehn Mark hoher Wert. Von Gewissenbissen zernagt und von Unlust zur Tagesfron und Sklavenarbeit des Schreibens. Der Arme!“ Ein anderer Freund Greiners, Emil Faktor, äußerte sich in ähnlichem Sinn: „Die ihn wirklich kennen, sind ihm herzlich verbunden und kränken sich über das Mißverhältnis zwischen einer starken Persönlichkeit und ihrer begrenzten Auswirkung.“
Zwei Jahre nach seinem fünfzigstem Geburtstag, am 21. August 1928, verstarb Leo Greiner in Berlin. Oskar Loerke schrieb am 23. August 1928 in sein Tagebuch: „Leo Greiner ist vorgestern abend gestorben. An Herzschlag. Unfaßbar.“
Silvie Léblová, Olmütz