Ferdinand Gruner wurde am 24. September 1872 im schlesischen Freudenthal geboren, als Sohn eines kleinen Landwirtes. Gruner besuchte das hiesige Staats-Untergymnasium und sollte nach dem Wunsch seiner Mutter Priester werden. Er trat deswegen in den Priester-Konvent des Deutschen Ordens in Troppau ein - dort wurde er im Kloster untergebracht und besuchte das öffentliche Staats-Obergymnasium. Sein Aufenthalt wurde jedoch durch eine schwere Krankheit unterbrochen, die ihn an den Rand des Grabes brachte, und er kehrte nach Hause zurück.
Nach seiner Genesung suchte Gruner nach einer anderen Berufstätigkeit - er übersiedelte nach Nieder-Rothwasser, wo er für ein Jahr als Hofmeister angestellt wurde. Zu dieser Zeit machte er auch die ersten schriftstellerischen Versuche. Danach ging er nach Wien, wo er unter großen Entbehrungen als Feuilletonist arbeitete, bis ihn eine Erkrankung seines alten Vaters wieder heim rief. Im Herbst 1893 trat er als zweiter Redakteur bei der Freien Schlesischen Presse in Troppau ein. Im nächsten Jahr sorgte er für die schlesische Korrespondenz für das Neue Wiener Tagblatt und im Jahre 1895 übernahm er die verantwortliche Redaktion des Trautenauer Wochenblattes im böhmischen Trautenau. In dieser Zeit wurden seine ersten literarischen Werke veröffentlicht - z. B. der Roman Schwester Renate (1895). Er arbeitete noch in weiteren Blättern als Korrespondent (Prager Tagblatt, Reichenberger Zeitung, Neue Freie Presse).
Im literarischen Bereich wurde Gruner hauptsächlich als Dramatiker und Autor von Romanen und Erzählungen aus dem kleinstädtischen Umfeld bekannt. Seine Texte zeichneten sich u. a. durch Humor und Ironie aus und man bemerkte bei ihnen den Einfluss von Wilhelm Raabe und Theodor Fontane. Was die Qualität betrifft, ist aus seinen umfangreicheren Werken der Journalistenroman Der Limauer Kollege (1902) am besten, dessen Hauptfigur ein lungenkranker Knabe ist. Wie gesagt, enthielten Gruners Texte viel Humor, was z. B. sein Roman Schulrat Lerchbaums Onkelschaft (1917 oder 1915) beweist, in dem viele komische Figuren aus einer Kleinstadt auftreten, die in lustige Situationen verwickelt werden. Aus den thematisch ernsteren Texten kann man noch den Roman Sieg (1917) erwähnen, in dem Gruner das kleinstädtische Leben während des Weltkriegs schilderte. Seine Erzählungen wurden in verschiedenen zeitgenössischen Blättern veröffentlicht - z. B. Rozledas Begräbnis(1915) im Neuigkeits-Welt-Blatt. Auf dem dramatischen Feld bevorzugte Gruner eher Komödien und Lustspiele - z. B. Die Besseren (1901), Der Männerhof (1904) oder Berties Geburtstag (1908) - aber er griff ebenfalls zu ernsthaften Themen wie im dreiaktigen Drama Die Siegreichen (1903). Außerdem verfasste er zusammen mit Udo Radenius zwei Operetten - Der Rebell (1905) und Die Diplomatin (1906).
In Trautenau war Gruner u. a. als Stadtrat und Obmann des ständigen Ostböhmischen Verkehrsausschusses tätig. 1916 wurde er zum Experten der k. k. Landeskommission zur Unterstützung von Hotenunternehmungen in Böhmen ernannt. Der Romancier, Dramatiker, Stadtrat und Feuilletonist Ferdinand Gruner verstarb am 27. Mai 1920 in Trautenau im Alter von 47 Jahren.
(Auf Basis der Sekundärliteratur bearbeitet von Radek Flekal)
Der Dramatiker und Autor von Romanen und Erzählungen aus dem kleinstädtischen Milieu Ferdinand Gruner (*1872) stammte aus dem schlesischen Freudenthal. Ursprünglich sollte er Priester werden, wandte sich aber aus gesundheitlichen Gründen der Schriftstellerei zu. Aus seinen prosaischen Werken lassen sich v. a. der Journalistenroman Der Limauer Kollege (1902) und der Kriegsroman Sieg (1917) erwähnen, als Dramatiker wurde er hauptsächlich als Autor von Komödien und Lustspielen bekannt - z. B. Die Besseren (1901) oder Berties Geburtstag (1908). Außerdem verfasste er zwei Operetten mit Udo Radenius und wirkte als Korrespondent und Feuilletonist in der zeitgenössischen Presse. Gruner verstarb im Jahre 1920 in Trautenau, wo er u. a. als Stadtrat tätig war.
Anonym: Ernennung. In: Prager Tagblatt (17.2.1916). 41. Jahrgang, Nr. 48, S. 4.
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