Maria Razumovsky kam in Schönstein bei Troppau zur Welt. Sie hatte zwei Schwestern, Olga (1927 - 1990) und Daria (geb. 1925) und zwei jüngere Brüder, Andreas und Alexander. Ihr Vater war Andras Graf Razumovsky, seine Familie stammte aus der Ukraine und spielte eine wichtige Rolle im Russland des 18. Jahrhunderts. Ihre Mutter, Katharina, geb. Prinzessin Sayn-Wittgenstein war deutscher Herkunft. Maria besuchte die Realschule in Troppau, später studierte sie Fremdsprachen – Französisch und Englisch- an der Wiener Universität. In den Jahren 1946 bis 1986 arbeitete sie als Bibliothekarin an der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und veröffentlichte Artikel und Beiträge zu bibliothekarischen Fragen, aber auch über literaturwissenschaftliche und kunstgeschichtliche Themen sowie historische, biographische und selbstbiographische Aufsätze. Sie war auch als Übersetzerin tätig, übersetzte Bücher vor allem aus dem Russischen. Im Jahr 1998 gab sie das Werk Die Razumovskys. Eine Familie am Zarenhof heraus, zuletzt arbeitete sie an der russischen Ausgabe. Sie interessiert sich für Geschichte und Zeitgeschichte, was sie auch in den auf Russisch herausgegebenen Tagebüchern bewies. Manchmal benutzte sie das Pseudonym Elisabeth Neuhoff.
Zusammen mit ihren Schwestern Daria und Olga verfasste sie das Buch Unsere versteckten Tagebücher 1938-1944. Drei Mädchen erleben die Nazizeit. Dieses Buch ist ein Zeugnis der historischen Ereignisse und skizziert das Familienschicksal einer gräflichen Familie in Mähren. Die drei Mädchen, abwechselnd in Wien und Schönstein heranwachsend, kritisieren die Politik der Nazizeit und kommentieren politische Ereignisse. Ihre Tagebuchaufzeichnungen bieten - trotz der für die Tagebuchform typischen starken Subjektivität und dem jungen Alter der Verfasserinnen (15 bis 23 Jahre) - ein wichtiges Dokument des bewegten Alltages in der Nazi-, Kriegs- und Nachkriegszeit. Die Tagebucheinträge bereichern Radio- und Zeitungsmeldungen, sie wechseln mit Empfindungen, Gefühlen, Vermutungen, Prognosen, Ängsten, Beschreibungen der Familienstimmung ab; dem Tagebuch werden Gefühle und Ängste anvertraut. Das erste Buch hört Ende des Jahres 1944 auf, die Verfasserinnen schildern die Situation am Kriegsende, das Warten auf die Russen, gleichsam die „Ruhe vor dem Sturm“. Die Mädchen sind von den turbulenten, Kindheit und Jugend raubenden Zeiten ermüdet und sehnen sich nach dem Frieden. Das Leben in dieser dramatischen Zeit erschwerte noch die Tatsache, dass sie jüdische Mischlinge waren und dazu noch blaublütige Gutbesitzer. Der Familienvater, Graf Razumovsky, war wegen seiner Herkunft für den Dienst in der Wehrmacht nicht wehrwürdig und wurde ab Oktober 1944 zur Zwangsarbeit in einer Troppauer Jutefabrik als Hilfsarbeiter eingesetzt. Seine Töchter mussten Feldarbeit leisten.
Das zweite Buch Unser Abschied von der tschechischen Heimat. Tagebücher 1945-1946 umfasst die Tagebuchaufzeichnungen vom Januar 1945 bis zum Auszug der Familie Razumovsky aus Schönstein am 27. August 1946 und dokumentiert Ereignisse am Ende des Krieges und die unmittelbare Nachkriegszeit. Es werden die letzten Tage voller Angst, das ewige angstvolle Warten auf die Ankunft der Roten Armee, die Zeit der russischen Besatzung, die neue Tschechoslowakei und die Vorbereitungen auf die Aussiedlung nach Österreich beschrieben. Von Zufluchtsströmen wird berichtet, von den unzähligen Flüchtlingen, von dem verstopften Bahnhof in Schönstein, von zurückflutenden deutschen Soldaten und von den zugeteilten Einquartierungen: Flüchtlinge, verzweifelte deutsche Soldaten bis zur deutschen Elite, später russische Soldaten und tschechische Jungarbeiter, die da Schulungen absolvierten. In diesen schwierigen Zeiten vor der Ankunft der russischen Soldaten, als so viele deutsche Bewohner flüchteten und ins Ungewisse fuhren, und trotz der überall herrschenden Aufregung, Elend, Hunger, Angst, Tod und der grässlichen Geschichten beschloss die Familie Razumovsky, zusammen und möglichst lang in der Sicherheit des Schönsteiner Gutes zu bleiben.
Die Familie versuchte, möglichst viel vom Familienbesitz zu retten, und es wurden einige Sachen des Familienbesitzes rechtzeitig nach Wien geschickt, weil sich die Razumovskys den lang ersehnten Frieden anders ausmalten. Wollte die Familie ursprünglich so lange wie möglich bleiben, so wollte sie später so schnell als möglich weggehen, denn sie konnten sich das Leben in einem kommunistischen Staat nicht vorstellen. In der neuen Nachkriegstschechoslowakei wurde die nationalsozialistische Diktatur von der kommunistischen abgelöst. Die Schwestern Razumovsky schildern das Leben unter einer kommunistischen Regierung und beschreiben den langen und schwierigen Weg von den „Ehrentschechen“ zu Österreichern. Sie waren mit Wien, wo sie ihr zweites Zuhause hatten, aufs Tiefste verwachsen und wollten dort leben.
Die Razumovskys kostete es große Mühe, nachzuweisen, dass sie keine Deutschen sind, die nun mittellos werden sollten. Obwohl die Razumovskys in der Kriegszeit loyal blieben, waren sie in den Augen der tschechischen Kommunisten Verbrecher, ihr Hof wurde gleich nach Kriegsende beschlagnahmt und später aufgrund der Präsidentendekrete über die Konfiskation des landwirtschaftlichen Besitzes von Deutschen und Ungarn enteignet. Zum Glück ist es den Razumovskys gelungen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen und 1946 nach Österreich auszureisen.
Im Unterschied zu den meisten in Mähren und Schlesien lebenden Deutschen, die ihre Heimat unter Zwang verlassen mussten, sehnte sich die Familie Razumovsky danach, nach Österreich zu gehen. In der britischen Besatzungszone, in dem unter vier Großmächte aufgeteilten Wien, besaßen sie ein fast unbeschädigtes Haus, wo alle neu anfangen konnten. So war für sie Wien keine neue Heimat, sondern ein vertrauter, bekannter Ort mit Freunden und Bekannten. Die Familie war sehr an Kultur und Kunst interessiert, die Razumovskys waren vor allem große Musikliebhaber, Musikgönner und begeisterte Anhänger der Wiener Philharmoniker. Wenn sie die Möglichkeit hatten, versäumten sie selbst in der Kriegszeit kein Konzert. Lange Jahre spielte das Radio eine besondere Rolle für die Familienmitglieder, wo sie nicht nur entsetzt die Hetzreden Goebbels und Hitlers hörten, sondern auch heimlich ausländische Nachrichten und Musiksendungen. (Štěpánka Kuříková, Veronika Uhrová)