Wenzel Fr. Cäsar Messenhauser
- Pseudonym
- Wenzeslaus March
- Geburtsdaten
- 04.01.1812
- Proßnitz
- Sterbedaten
- 16.11.1848
- Wien
Verbindungen
Ludwig August Frankl Ritter Hochwart, von
Gebiete
Prossnitz-Region
Proßnitz
Messenhauser (lit. Pseudonym Wenzeslaus March) wurde in Proßnitz als Sohn eines Bataillonstambours, Simon Johann Messenhauser, und Josefa, geb. Griesheiner, geboren. Bereits als Kind wurde er in ein Soldatenknaben-Erziehungshaus der Kaiser-Infanterie gebracht, eine der „Pflanzschulen“ der k. k. Armee. Sein Vater starb früh, und die Mutter heiratete 1828 zum zweiten Mal. 1828 wurde Wenzeslaus als Gemeiner aus der Schule entlassen und bei Kaiser Franz 1. Infanterieregiment in Proßnitz auf 14 Jahre assentiert. Die ganze Zeit bildete er sich autodidaktisch mit großem Lerneifer. 1830 wurde er zum Gefreiten und 1832 zum Korporal befördert und in das Infanterieregiment Don Pedro Nr. 15 versetzt. 1833 (bzw. im Nov. 1832) avancierte er zum Fähnrich, wurde also trotz seiner niederen sozialen Anstammung und seines jungen Alters Offizier, wahrscheinlich u. a. dank seiner Abhandlung Über die schiefe Schlachtordnung, die er seinen Vorgesetzten einreichte.
Seit dieser Zeit stationierte er mit seiner Garnison in Ostgalizien. Er lernte unermüdlich weiter, vor allem studierte die Universalgeschichte, die ihn besonders interessierte, und die Fremdsprachen: Französisch, Englisch und Polnisch. Er versuchte sogar ein Kompendium vom enzyklopädischen Umfang zu verfassen, Grundzüge einer allgemeinen Geschichte der Menschheit bis zum Jahre 1840. Diese ist wahrscheinlich ein Bruchstück geblieben, es haben sich Manuskripte von drei Bänden erhalten. Das Werk war didaktisch angelegt, und als das Ideal des jungen Autors erschien darin das antike Rom. In Galizien reifte in ihm der Entschluss, schönliterarischer Schriftsteller zu werden. Er verfasste Gedichte, kurze Prosawerke und beendete sein erstes Drama, Demosthenes (1841).
Er nannte es „Trauerspiel“, aber im Grunde ist Demosthenes ein ideengeschichtlich-politisches Traktat in der Form von langen Monologen und Dialogen der Figuren. Sein Vorbild war das historische Fragment Lukians „Das Lob des Demosthenes“. Die Handlung spielt im letzten Lebensjahr des griechischen Redners und endet mit seinem Selbstmord. In der Verbannung rief er das besiegte Athen unaufhörlich zum neuen Kriege mit Makedonien auf. Aber auch dieser Krieg wurde infolge der Feigheit und des Hedonismus seiner griechischen Zeitgenossen verloren und der Redner in die neue Verbannung geschickt. In Kalauria wurde er von den Siegern gefasst und zur Mitarbeit mit Antipater aufgefordert. Daraufhin nahm er Gift, um nicht in Versuchung geführt zu werden. Der Protagonist, der lieber das Leben verlieren als sein Vaterland gefährden will, verkündet als Sprachrohr des Autors ein Lob der Freiheit, Vaterlandsliebe und Glauben an die „ewig wache, gütige Weltregierung des großen Geistes der Natur“. Die Demokratie wird dagegen als Herrschaft des „Pöbels“, des „großen Haufens“ abgelehnt.
1839 wurde Messenhauser zum Leutnant befördert und es gelang dem ehrgeizigen Offizier zum Infanterie-Regiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 in die Nähe Wiens transferiert zu werden. Im Sommer 1840 wurde er in die Alserkaserne in Wien versetzt. Von dort nahm er gleich Kontakt mit dem Herausgeber der berühmten satirischen Zeitschrift „Der Humorist“, M.G. Saphir, auf und veröffentlichte bei ihm 1841-1845 literarische Texte: Erzählungen und Märchen. Seine Texte benutzen als Vorlage viele literarische Vorbilder, wie Sue, Puschkin, Gutzkow, Lewald, Hahn-Hahn und bieten meistens ein exotisches (manchmal auch einheimisches) Milieu an, in dem sich eine abenteuerliche oder schauerliche Handlung, meistens eine Liebesgeschichte, entwickelt. Im Jahre 1843 gelang es ihm sein (unveröffentlichtes) Drama Sieben Uhr im Wiener Hofburgtheater aufzuführen. Nach wie vor war er ein eifriger Offizier, der sich der Anerkennung seiner Vorgesetzten erfreute: 1842 wurde er als „geeignet für den Generalquartiermeisterstab“ befunden (s. Ehnl), seit 1844 verwendete man ihn als Kadettenlehrer. Er wurde auch beauftragt, eine Geschichte seines Regiments zu verfassen (Geschichte des k. k. vierten Linien-Infanterieregiments Hoch- und Deutschmeister von seiner Errichtung bis auf die gegenwärtige Zeit) und besuchte zu diesem Zweck das Kriegsarchiv, was ihm auch Stoff für spätere literarische Werke lieferte. An den freien Abenden ging er mit Kameraden im Zivil in verschiedene Schankstuben, um dort das gegenwärtige Leben zu studieren, über das er einen Sittenroman In Wien schreiben wollte. 1845 wurde er Oberleutnant.
Daraufhin wurde er wieder nach Galizien befordert, wo der geplante polnische Aufstand und die blutigen Vorfälle der Bauernrevolte zu Fastnachten 1846 gegen den polnischen Adel Schrecken der österreichischen Bürokratie hervorriefen, die nach Militärstärkung verlangte. Das Regiment Messenhausers machte dort die chaotische Route von Bielitz-Biala, über Osiek, Tarnów und Tuchów. In Osiek erlebte Messenhauser die große gegenseitige Liebe zur Baronesse Eugenia Larisch (Lariss), die freilich nicht erfüllt werden konnte. Dank seinen Polnischkenntnissen sowie diesem und anderen Kontakten lernte der österreichische Offizier den Standpunkt der um ihren Staat gebrachten Polen zu verstehen und ihre freiheitlichen Bestrebungen zu teilen. Sein Freund Nitschner bemerkte richtig, „daß das junge wachähnliche Gemüth des empfänglichen Träumers nach Polen kam, und in dem kochenden Laboratorium der europäischen Revolutions-Tincturen sich berauschend, aller Tyrannei abschwören, freier denken und fühlen lernte.“ Nach Tuchów verlegt, blieb dort das Regiment ein Jahr lang und Messenhauser arbeitete in dieser Zeit an der Erzählung Polengräber, dem satirischen Roman Der Ratsherr, den Erzählungen für die Sammlung Ernste Geschichten sowie an einigen Texten, die nie veröffentlicht wurden. Der Roman sollte erst posthum erscheinen (1849), die beiden übrigen Werke erschienen zuerst unter dem Pseudonym Wenzeslaus March bei Theodor Thomas in Leipzig.
Die Erzählung Polengräber ist bereits eine typische engagierte Vormärzepik, worauf schon die Worte des Vorwortes hinweisen, dass „die Poesie [...] am öftesten in Janusgestalt erscheint: mit dem Antlitz des Trösters für die Einen, mit dem Nemesisblick göttlicher Anklage für die Andern.“ Den Stoff nimmt Messenhauser aus der Geschichte des polnischen Novemberaufstands gegen Russland 1830/31 und des Bauernaufstands in Westgalizien 1846. Die Unfreiheit der ihres Staates beraubten Polen, gegen die Polens Söhne und Töchter ankämpfen, wird mit der Freiheit der nach Amerika emigrierten Familienmitglieder kontrastiert. Messenhauser teilt offen seine Sympathie und sein Verständnis für den polnischen Freiheitskampf mit, kritisiert aber den auf den Adel begrenzten Nationsbegriff und sowohl die feudale Unterdrückung der Bauern als auch die Feigheit der österreichischen Beamten, die sie gegen ihre Grundherren aufstachelten. Das letzte Wort ist trotz der frischen „Polengräber“ die Hoffnung auf die Wiedergeburt des polnischen Staates und das Lob der polnischen Frau, sowohl des Edelfräuleins als auch der adeligen und bäuerlichen Matrone, die für die Kontinuität des Nationalbewusstseins und der Vaterlandsliebe sorgen.
Den Stoff für seine Erzählungen entnahm Messenhauser sowohl der Geschichte, und zwar im gleichen Maße der antiken wie der neuzeitlichen, als auch der Gegenwart. Ferner muss man feststellen, dass er oft von den Vorräten seiner Erudition schöpfte und fremde literarische Vorbilder wie Byron, Walter Scott, Puschkin, Marquis de Custine (nämlich dessen „La Russie en 1839“) weitgehend benutzte. Seine Ersten Geschichten enthalten in zwei Bändchen drei Erzählungen, im 1. eine mit einem russischen Stoff Ein asiatischer König und seine Nächte, im 2. zwei mit englischen Stoffen Die Schaffote und Der Schweißhund. Ein asiatischer König und seine Nächte könnte ein kleiner Roman genannt werden, zumal wir es darin mit einigen Handlungssträngen und einigen Binnenerzählungen zu tun haben. Der Titelheld ist der trotz der Verkleidung in eine Fürstenrolle leicht erkennbare Zar Nikolaus I., dargestellt als ein unter der Einsamkeit und dem Verfolgungswahn leidender Despot und Tyrann. Von Marquis de Custine übernimmt Messenhauser einen Teil der Informationen über die sozialen und politischen Verhältnisse in Russland, die Einschätzung der Russen als eines Volkes der Sklaven, die sogar Freude über ihre Unterdrückung heucheln, einen Teil von Bildern der Städte und Landschaften sowie zumindest eine der Binnengeschichten, während die anderen auf mündliche Erzählungen polnischer Bekannter des Verfassers zurückgehen können. Den Rahmen bildet ein Lebensausschnitt aus dem Leben eines preußischen Arztes im Dienste des Herrschers, der sich bemüht, konformistisch zu sein, aber trotzdem als Fremder immer wieder verdächtig erscheint. Als seine Schwester und seine zwei Nichten in einem Eisenbahnunglück bei Carskoje Sielo sterben und er sie nicht einmal bestatten darf, weil die Öffentlichkeit nichts von der Katastrophe erfahren darf, und unter dem Eindruck der Erzählung eines von Bauernunruhen in Gouv. Simbirsk betroffenen deutschen Freundes, beschließt er zum Schluss dem undankbaren Land Rücken zu kehren und kommt zusammen mit jenem in die märkische Heimat zurück. Es werden der Despotismus des Herrschers aber auch die Demut und Heuchelei der Gesellschaft angeprangert, die sich mit ihrem Schicksal abfindet. Mitleid des Erzählers gilt den Kämpfern gegen jenes System, u. a. den um ihre Freiheit ringenden Polen, und den unschuldigen Opfern der Tyrannei. Die Geschichte arbeitet stark mit den Effekten der Schwarz-Weiß-Malerei, denn auf der Seite Deutschlands, das Westeuropa repräsentiert, befinden sich alle Vorteile, während das angeklagte Russland eben mit dem „Nemesisblick“ verdammt wird.
Die zwei „englischen“ Erzählungen des zweiten Bandes sind zwar genauso drastisch in dem Bild der dargestellten Welt, wirken aber weniger erschütternd und vor allem gekünstelter. Es werden darin historische Stoffe aus den Zeit der religiösen Kriege in England im 17. Jahrhundert behandelt. Der Mangel an Toleranz und Verrat an ehemaligen Freunden werden angeprangert. In Die Schaffote wird der Verrat John Pyms an seinem alten Freund Lord Strafford sowie das demagogische, konformistische Verhalten des Ersteren, der Feind des Katholizismus um der Karriere willen wird, sowie der Egoismus und die Eitelkeit des Adels gegeißelt. Es ist eine blutige Rachegeschichte, die durch das Schauerliche abschrecken soll. Ähnlichen Hintergrund und Hauptidee hat die Erzählung Der Schweißhund, die einen Jagdhund als novellistischen Falken benutzt. Die Handlung spielt in den Jahren 1622-1644, und die Erzählung handelt von der Entzweiung der Jugendfreunde, Arthur Verney und des Puritaners Romuald Hatton, und der Wiedererkennung von Vater und Sohn, die sich in zwei feindlichen Lagern befinden. Schließlich überwindet der Vater seinen Hass und sagt versöhnlich zum Sohn als Sprachrohr des Verfassers: „Wir [...] ehren die Natur höher als die wechselnden Gebote der Religion und der Gesellschaft. Gott allein weiß, w a s (gesperrt vom Autor – M.K.) ist die Wahrheit“. Das ist offensichtlich die Botschaft der Erzählung.
In Galizien arbeitete ferner Messenhauser an einer Novellensammlung, die endgültig u. d. T. Wildniß und Parkett (1847) erscheinen sollte. Sie besteht aus drei Bändchen, die insgesamt 8 Erzählungen beinhalten. Alle diese Erzählungen plus vier zusätzliche sind dann in die posthume 5-bändige Veröffentlichung Novellen und Erzählungen desselben Verlegers Josef Stöckholzer von Hirschfeld hineingegangen. Die Erzählungen haben verschiedene Schauplätze: Wien und seine Umgebung, England, Griechenland, aber auch exotische asiatische Terrains des Kaukasus, wo die kriegerischen Tscherkessen den Kampf um ihre Freiheit mit den russischen Eroberern führen. Auch die Milieus sind unterschiedlich, wie es schon der Titel ansagt: neben Adeligen oder gar Fürsten begegnen wir einfachen Menschen, Handwerkern, Arbeitern und Soldaten. Es sind z. T. Sittengemälde, die einen Querschnitt durch die zeitgenössische Gesellschaft geben wollen, z. T. abenteuerliche Geschichten, in denen das Exotische und die Schauereffekte der Unterhaltung des Lesers dienen wollen. Nichtsdestoweniger sind die Geschichten auch belehrend, sie plädieren für die Freiheit der Völker und der Einzelwesen, gegen die soziale Not, aber auch gegen den „Kommunismus“, für Aufklärung und Gerechtigkeit.
Im Mai 1847 wurde Messenhausers Bataillon in die Hauptstadt Galiziens, nach Lemberg, kommandiert. Hier fand der junge Offizier warme Aufnahme in den adeligen patriotischen polnischen Gesellschaftskreisen. Da sein schriftstellerischer Ehrgeiz indessen wuchs und er sich des immer größeren Widerspruchs zwischen seinen freiheitlichen Sympathien und den Pflichten eines österreichischen Offiziers bewusst wurde, nahm Messenhauser Ende 1847 einen längeren Urlaub, um bei den Verlegern in Deutschland und Österreich zu erkunden, ob er als Berufsschriftsteller Aussichten auf ein Auskommen haben würde. Infolge dieser Recherchen schrieb er an den von ihm verehrten Gustav Freytag: „Ich trete jetzt entschieden in den Dienst des Gedankens und habe nur noch dafür den Degen.“ Den Ausbruch der Februarrevolution in Paris begrüßte er mit Begeisterung; allein er wollte der Freiheitsbewegung ausschließlich mit der Feder dienen, sei es als Publizist, sei es als Autor von schönliterarischen Werken. Aber die Ereignisse überstürzten ihn. Am 13. März 1848 wurde in Lemberg eine Nationalgarde berufen, zu deren Vorbereitungskomitee Messehauser eingeladen wurde. Dort versuchte er, wie er Ludwig August Frankl schrieb, „für Ruhe, Ordnung und Versöhnung der Nationalitäten und für die gute österreichische Sache“ zu wirken. Aber seine Vorgesetzten sahen darin einen Verstoß gegen die Kompetenzen und die Loyalität eines österreichischen Offiziers. Von General Hammerstein wurde er stehenden Fußes, ohne auch seine Habseligkeiten sammeln zu können, nach Wien transferiert, wo er gleich mit einem 3-tägigen Profoßarrest wegen „Teilnahme an Volksbewegungen“ bestraft wurde. Erst nach der Entlassung hatte er die Gelegenheit, die längst vorbereitete Petition um seine Quittierung einzureichen, nach der er den Offizierstitel nicht behalten durfte. Bei dem Austritt musste Messenhauser den üblichen Revers unterschreiben, dass er nie gegen das herrschende Haus und Österreich mit Waffen auftreten werde.
Die Zeit zwischen Ende April und dem 12. Oktober 1848 konnte er also hauptsächlich dem Dienst an der Sache der Freiheit mit der Feder widmen. Er engagierte sich nicht direkt politisch – von seinem Versuch, in seinem Geburtsbezirk Proßnitz als Abgesandter in das Frankfurter Parlament zu kandidieren, was ihm als einem Deutschösterreicher nicht gelang. An die Politik rührte seine Zusammenarbeit mit der Zeitung A. J. Bechers „Der Radicale“, die wegen der darin verwendeten Rhetorik der politischen Invektiven und der Kritik an Radetzky allmählich gefährlich wurde. Aus seinem letzten Lebensjahr stammt eine Reihe von seinen direkt engagierten Broschüren wie Politischer Hausschatz für deutsche Staatsbürger, Werden wir regiert?, Wie und wo ist Russland furchtbar?, Wegweiser durch die Gallerie der besten Staatsverfassungen oder Wie muß eine Nationalgarde exercirt werden? sowie das Blatt „Die Volkstribune“, dessen drei Nummern er herausbrachte. Die 3. Nummer dieses Blattes mit dem Titel Lafayette? Bouillé? Besenval? enthält ein offenes Schreiben an den Oberkommandanten der Nationalgarde von Wien, den Grafen Hoyos, den Messenhauser stark kritisiert. Die zwei letzteren Titel mögen dazu beigetragen haben, dass man am 12. Oktober 1848 den unbekannten, politisch bis dahin nicht direkt engagierten Mann auf den bereits verlorenen Posten als Nachfolger von Hoyos berief.
Bis dahin arbeitete er an seinen neuen literarischen Werken, die erst nach seinem Tode erscheinen sollten: den direkt das Zeitgeschehen schildernden Erzählungen des österreichischen Hausfreundes, die er im September dem deutschen Verleger zum Druck übergab, für die er aber einen Schluss erst nach der Revolution schreiben wollte, an dem „nationalen Roman“ Der Ratsherr und an seinem letzten Drama Gold wiegt schwer. Erzählungen des österreichischen Hausfreundes (1848) sind am direktesten mit den Ereignissen des Revolutionsjahres verbunden. Die Sammlung fängt mit einem engagierten Jahresspiegel von 1848 an. Die folgenden kurzen Texte sind humoristisch geprägte ausgebaute Anekdoten über verschiedene skurrile, manchmal auch schauerliche Begebenheiten des Völkerfrühlings. Die vorletzte Erzählung, Ein Verlangen, bietet bereits eine ausführliche Partitur des Dramas Gold wiegt schwer, auf die etwas später eingegangen wird. Den umfassendsten Einblock in Messenhausers Ansichten gibt die letzte Erzählung des Bandes, Briefe des deutsch-österreichischen Schlossergenossen Anton Greiner, in denen der von Berlin nach Frankfurt wandernde Handwerksbursche österreichischer Herkunft seinem Bruder die Auskunft über die politischen Vorkommnisse der Zeit und sein Urteil dazu gibt. Der junge Briefschreiber ist ein begeisterter Anhänger der Volksbewegung, aber genauso engagiert in der Sache der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Bund, auch wenn die Hegemonie darin den Preußen überlassen werden müsste.
Das 4-bändige Opus Der Ratsherr. Ein nationaler Roman (1849) sollte Messehausers Meinung nach ein episches Zeitgemälde sein. In der ausführlichen Vorrede erklärt der Verfasser, dass er damit eine neue Art Roman zu schaffen gedenke, den nationalen Roman, der offensichtliche Züge des realistischen Romans, aber auch des satirischen Romans im Gefolge der wielandschen „Abderiten“ trägt. Es soll kein Zeitroman sein im Sinne des vormärzlichen Tendenzromans, sondern ein Roman, der „deutsche Zustände und deutsche Menschen“ porträtiere. Aus den „Wehen der Zeit“ gezeugt, müsse er eine liberale Grundtendenz haben, doch werde er vor allem die „Die Feinde im eigenen Lager: rohes Bewusstsein, falsche Instinkte, unlautere Triebe, Unordnung, behagliche Selbstgefälligkeit“ anprangern. Er will durch das Erhabene die Armen ihr Elend vergessen lassen und zum nationalen Solidarismus aller Stände beitragen. Beabsichtigt wurde ein kollektiver Roman, in dem nicht Individuen, sondern das ganze Volk Helden sind.
Der Einblick in das weitschweifige Werk zeigt, dass der Autor viele Versprechen nicht zu halten vermochte. Der Titelheld ist ein konservativer Ratsherr, der Philosophiedoktor Luitpold Frischherz, der zum Bürgermeister einer modellhaften deutschen Stadt mittlerer Größe wird. Sowohl an seinem als auch an den Bildern vieler anderer Honoratioren der Stadt werden Egoismus, Kleinstädterei, Partikularismus, Dunkelmännertum sowie der drastische Konservatismus, der sie vor jeder Veränderung zurückschrecken lässt, gegeißelt. Ein Symbol dafür ist der abgestürzte Turm, vor dessen Fall ein wackerer Fischer, der in der Nähe wohnte, lange warnte, allerdings wurde er als „Nichtexperte“ zuerst ausgelacht und dann gar verhaftet, während seine Familie unter den Trümmern starb. Positiver dargestellt werden die wenigen Freunde der Neuerungen, die in die Heimat zurückkommend (z. B. aus Amerika), sich bemühen das Neue durchzusetzen, sowie die Frauen, die auch als Leserinnen mehrmals angesprochen werden und die in jener egoistischen, pragmatischen Welt Liebe und Treue verkörpern.
Auch das Trauerspiel Gold wiegt schwer (1849) zeichnet eine von Selbstsucht und Geldstreberei gezeichnete moderne Welt. Die Handlung spielt im Revolutionsjahr 1848, aber die Unruhen in Wien bilden lediglich den Hintergrund des Textes. Es ist ein schwaches, undramatisches Stück, das vor allem durch die langen monologischen Tiraden der Helden künstlich wirkt. Wie oft bei Messenhauser bildet der Kontrast zwischen Reich und Arm, Adel und Plebs die kompositorische Achse des Stückes. Seine Grundthese ist der uralte Gedanke, dass das Gold „schwer wiegt“, also kein Glück bringt, sondern eher zum Verhängnis seines Besitzers wird. Es werden darin gängige Komödienmotive wie die Figur des Menschenfeinds oder der gierigen, ehrgeizigen Neureichen als tragisch umgesetzt. Gegenübergestellt werden einander der Graf Waldsee, ein reicher Misanthrop, der wie ein Einsiedler lebt, seitdem ihm seine Geliebte und ihr gemeinsames Töchterchen durch List entrissen wurden, und der ehrgeizige, skrupellose Arbeiter, angeblich „besserer“ Herkunft, Peter Hase, der sich, von der Revolutionsatmosphäre ermutigt, dem Reichen im Walde mit einer Keule in den Weg stellt, um von ihm Geld zu erpressen. Der überraschte Waldsee gibt ihm immer mehr Geld, weil er sicher ist, dass, wie ihm einst das Geld zum Unglück wurde, es auch seinen Erpresser ins Verderben stürzen wird. Der Neureichtum der Familie Hase wird ihr tatsächlich zum Verhängnis. Der Mann spielt, macht Schulden, sucht nach neuen Frauen und nach der Möglichkeit, in die Welt mit einer neuen Lebensgefährtin zu fliehen, die Frau, die als nicht so verdorben, nur eitel in der neuen Rolle, dargestellt wird, beginnt zu trinken, um die Untreue des Mannes zu vergessen. Schließlich wird sie von ihm mit einem Vorhang heimtückisch ermordet, damit er wieder „frei“ ist. Waldsee ahnt das Geschehene und zeigt den Mörder an. Wie groß ist aber seine Bestürzung, als er erfährt, dass die Frau Hases seine verlorene Tochter war, nach der er vergeblich lange Jahre suchte. So entsagt er selbst der Welt und geht nach Amerika. Der Aussagegehalt dieses Dramas bezeugt, dass der Autor weit von jeglicher sozialen Radikalität war. Das Streben nach Geld, das Verhalten der Neureichen, der Neid der Armen auf die Reichen werden kritisiert und als Keime einer unheilvollen inneren Entwicklung gezeigt. Das Leid der Armen und die Solidarität der Arbeiter miteinander werden zwar mit Sympathie gezeigt, aber diese werden gewarnt, dass sie nicht aufbegehren sollen, weil es ihnen nur Unglück bringe, während die Reichen wiederum gemahnt werden, die Armen nicht in die äußerste Verzweiflung zu bringen, denn das kann für sie selbst das Ende bedeuten.
Aus allen diesen Werken der Revolutionszeit kann man ersehen, dass Messenhauser kein tollkühner Revolutionär war, sondern ein Liberaler, der auf dem Standpunkt der konstitutionellen Monarchie in Österreich stand. Er verlangte die Anerkennung der vom Volke gewählten Repräsentationsorgane, Verleihung einer Verfassung, wie diese Organe sie bestimmen werden, und die unbedingte Freiheit des Wortes. Er sah die Notwendigkeit der Erleichterung der sozialen Not, hatte aber Angst vor dem Radikalismus der Massen und betrachtete den Schutz des Privateigentums als eine der Grundpflichten des Bürgers. Zuerst hatte er große Hoffnungen in das Frankfurter Parlament gesetzt, dann kam er jedoch zur Ansicht, dass die Österreicher für sich eine eigene Verfassung ausarbeiten müssen. Schließlich trat er für die Gleichberechtigung aller Völker der Monarchie, darunter auch der Juden, auf. Es waren also Ansichten, die für die konstitutionelle Monarchie nach 1867 durchaus akzeptierbar werden sollten, aber er sollte viel früher sein Leben für seine Ideale hingeben.
Als er am 12. Oktober 1848 zum provisorischen Oberkommandanten der Nationalgarde in Wien wurde, war die Lage bereits hoffnungslos. Der kroatische kaisergetreue Banus Jellacić stand vor den Stadttoren, aus Prag rückte Windischgraetz mit den Vollmachten des Kaisers gegen Wien heran. Messenhauser musste diese Lage kennen, trotzdem versagte er sich nicht, wohl aus Ehrgeiz, aber vor allem aus seinem Idealismus und Pflichtgefühl, dem öffentlichen Dienst. Er versuchte zwischen zwei extremen Lagern, der radikalen „Umsturzpartei“ und den gemäßigten Liberalen, zu vermitteln. Messenhauser bemühte sich, so gut er konnte, für die Erhaltung des Friedens in der Stadt, der Ordnung, des Besitzes und der Kunststätten zu sorgen, obwohl er mit dem Ungehorsam der Garden schwer ringen musste. Er verstand seine Aufgabe als eine eines legalen Vertreters der Volksmacht, da er von dem rechtmäßig gewählten Reichstag und Verwaltungsrat berufen worden war. Auf die Verhängung von Windischgraetz des Belagerungszustands über die Stadt antwortete er mit der Ausrufung des Verteidigungszustands. Am 29. Oktober sah er sich gezwungen, sich an Windischgraetz mit der Bitte um die Annahme der Kapitulation zu wenden, da er die Stadt und ihre Bevölkerung schonen wollte. Diese Kapitulation wurde in Wien mehrmals gegen seinen Willen gebrochen. Als endlich die ungarische revolutionäre Armee, allerdings in viel zu kleiner Anzahl, zum Entsatz Wiens kam, überschätzte Messenhauser das Ausmaß dieser Hilfe und ließ sich zu einigen Proklamationen verleiten, in denen er diese begrüßte. Die Ungaren wurden jedoch von Jellacić bei Schwechat geschlagen, und 31. Oktober wurde Wien von Windischgraetz eingenommen. Gegen Messenhauser wurde nun die Anklage erhoben, er hätte die Kapitulation gebrochen. Am 5. November erschien gegen ihn in der „Wiener Zeitung“ ein Fahndungsbefehl. Er versteckte sich einige Tage lang und anstatt wie einige andere Proskribierte zu fliehen, stellte er sich den Behörden. Es wurde ein standrechtliches Verfahren gegen ihn erlassen, und er wurde am 13. November zum Tode verurteilt. Ein Gesandter des Reichstags eilte mit einer Supplik von ca. 30 Abgeordneten mit der Bitte um Messenhausers Begnadigung zum Kaiser, aber bevor ihm Audienz gewährt wurde, ließ Windischgraetz das Urteil zur Abschreckung der “Rebellen“ vollstrecken. Es sollte in Messenhauser exemplarisch das ganze der Reaktion verhasste Freiheitsstreben, der ganze Reichstag, dessen sie nicht habhaft werden konnte, bestraft werden. Messenhauser benahm sich vor dem Tode mit der Ruhe seiner antiken Vorbilder, als ehemaliger Offizier bat er darum, das Vollstreckungskommando selbst kommandieren zu dürfen, was ihm gewährt wurde. Vor dem Tode verteilte er Andenken an seine Lieben und bat seine Freunde um die Sorge für sein literarisches Oeuvre, besonders für das nicht veröffentlichte Drama Gold wiegt schwer. Er wurde am 16. November 1848 in Wiens Stadtgraben standrechtlich erschossen.
Maria Kłańska, Krakow