Ernst Sommer: Der Aufruhr


Unvollendet
Jahr der Publikation
1920
Verlag
Verlag Ed. Strache
Publikationsort
Wien-Prag-Leipzig
Gattung
Kürzere Prosa (Novelle, Erzählung usw.)
Bibliographische Daten
Der Aufruhr. Verlag Ed. Strache, Wien u.a. 1920.
Art der Veröffentlichung
Separate Veröffentlichung

Seine Erzählung Der Aufruhr schrieb Sommer 1920. Im Mittelpunkt dieses Werks steht die Massenpsychologie, die eine wichtige Rolle während eines spontanen Revolutionsversuchs gegen die staatliche Macht in der Markthalle spielt. Die Hauptfigur der Geschichte ist der ehemalige Schauspieler Claudius Nowotny. Er leidet an Tuberkulose und konnte deshalb nicht zum Militär gehen, er hat eine Frau, aber keine Kinder. Als er als Schauspieler in einem Theater in der großen Provinzhauptstadt des Nordens arbeitete, nannte er sich selbst Neuhoff. Er war sehr berühmt, viele Frauen bewunderten ihn und er manipulierte sie oft. Dann erkrankte er plötzlich an Tuberkulose und seine Laufbahn als Schauspieler war zu Ende. Er wurde ein Niemand.

Jetzt muss Claudius in einer langen Reihe vor einer Markthalle auf Fleisch warten. Die Menschen dort haben Angst, dass für sie morgen kein Fleisch mehr übrigbleibt. In der Reihe warten verschiedene Menschentypen – zum Beispiel eine hilfsbereite Frau, die Claudius Wasser anbietet, zwei naive junge Mädchen, die über das Theater sprechen und ein Mann, der als Musiker arbeitet und mit dem Claudius über die Hungersnot und Leidenschaft in der Nacht spricht. Claudius ist verzweifelt und hat das Gefühl, dass er nicht zu den anderen Leuten gehören würde, da ihn niemand versteht. Er träumt vom Essen und dem Duft des Fleisches, das ihm seine Frau kochte. Am frühen Morgen streiten sich die Menschen um Plätze in der Reihe. Dann erscheint ein Kommissar und übermittelt den Menschen die Nachricht, dass der Fleischvorrat nicht für alle ausreicht. Der Kommissar will die Menschen zählen und einige davon mit leeren Händen nach Hause schicken. Ohne zu überlegen, beschimpft Claudius die Wachleute und den Wachinspektor: Sie hätten nur ein Mittel, die Menschen zum Schweigen zu bringen – ihnen die Mäuler mit Fleisch vollzustopfen! Die anderen Menschen stimmen zu. Claudius übernimmt die Rolle des Anführers und zettelt einen Aufruhr gegen die Wachleute an. Der Wachinspektor will Claudius verhaften, aber die Menge dringt in die Markthalle. Hier sehen sie so viel Fleisch, dass es für alle Menschen ausreichen würde. Als die anderen Menschen in die Halle dringen, fühlt sich Claudius wieder wie ein gewöhnlicher Mann, in diesem Augenblick sind alle Menschen gleich, es gibt keinen Unterschied zwischen dem Anführer und der Volksmenge. Die Menschen zerreißen die Fleischstücke und in ihren Gesichtern gibt es nichts Menschliches mehr, ihre Augen richten sich nur auf das Fleisch. Kleine Fleischstücke fliegen hin und her. Einige schneiden das Fleisch mit Messern ab, andere bearbeiten es mit bloßen Händen. Es herrscht ein großes Chaos.

Claudius möchte aus der Halle entkommen, aber überall sind viele Menschen und dann taucht beim Eingang das Militär auf. Schließlich entdeckt er einen schmalen Schacht im Boden. Er rennt ängstlich durch den Stollen während er in seinen Händen ein Stück Fleisch festhält. Er begegnet einem Obdachlosen, der das Fleisch stehlen will. Claudius findet eine Schaufel und schlägt den Mann damit. Der Obdachlose fällt zu Boden. Claudius nimmt sein Stück Fleisch wieder und läuft weiter. Auf der Straße setzt er sich auf die Bank und fällt in Ohnmacht. Nach einer Weile steht er auf und fährt mit der Straßenbahn zu seiner Wohnung. Er denkt an den Braten und wird sehr hungrig. Als die Straßenbahn an der Markthalle vorbeifährt, sieht er, wie es vor der Halle viele Menschen in Uniform und auch Rettungswägen gibt. Einige werden von den Wachleuten verhaftet. Als er nach Hause kommt, wartet schon seine Frau auf ihn. Er gibt ihr das Fleisch und schläft ein. Er träumt, er sei einer der Gefangenen, die von der Polizei verhaftet wurden. Schließlich wird Claudius vom Geruch des Fleisches geweckt und genießt seinen Braten. (Tereza Sisrová - Studentin)