Fritz Beer : Hast Du auf Deutsche geschossen, Grandpa?
Fragmente einer Lebensgeschichte- Jahr der Publikation
- 1992
- Verlag
- Aufbau-Verlag
- Publikationsort
- Berlín
- Gattung
- Biographie/Autobiographisches (Tagebuch, Memoiren…)
- Bibliographische Daten
- Hast Du auf Deutsche geschossen, Grandpa? Fragmente einer Lebensgeschichte. Aufbau, Berlin 1992.
- Art der Veröffentlichung
- Separate Veröffentlichung
Es handelt sich um eine Autobiographie, die 1992 zum ersten Mal erschien. Das Buch wird eingeleitet mit der Botschaft an Alex und Olivier, die Enkelsöhne Fritz Beers. Beer als Großvater erläutert, dass das Buch genau nach der Frage benannt wurde, die ihm seine Enkel mit 8 und 10 Jahren stellten, und zwar ob er je in einen Kampf verwickelt war. Der alte Mann versucht seinen Enkeln nahezulegen, wie es sich damals (in der Tschechoslowakei) zugetragen hat. Seine möglicherweise verschwommenen Erinnerungen leitet er mit einem Zitat von Max Frisch ein: Každý člověk si jednou vymyslí příběh, který považuje za svůj životopis.
Der Protagonist dieser Schöpfung (also der Autor selbst) erläutert nicht nur seine Erziehung in einer in Brünn lebenden jüdischen deutschsprachigen Familie, sondern er bietet ebenso einen ziemlich intimen Einblick in das Leben seiner Familie, seine Beziehung zu den beiden Elternteilen, sowie Geschwistern, das Erwachsenwerden, seine Schulzeit, die er an einem deutschsprachigen Realgymnasium in Brünn verbrachte, seine ersten sexuellen Erfahrungen und die Einstellung des Judentums gegenüber diesem Tabu. Hier tauchen mehrere Passagen auf, an denen der Leser erkennt, dass Beer nun an dem Punkt angelangt ist, wo er anfängt alles in Frage zu stellen, um die einzige wahre Wahrheit zu suchen. Aus der Abhandlung wird ersichtlich, dass er nicht alles einfach so in Kauf nimmt, was ihm in der Schule eingetrichtert wird. Bereits an der Lehrerschaft kann man antisemitische Züge beobachten. Es folgen Streitereien mit Lehrern und Beers offensichtliches Verlangen danach, nicht im Schatten seines älteren Bruders zu stehen. Er gerät quasi auf die schiefe Bahn, als er versucht, anders als sein vorbildlicher älterer Bruder Kurt zu handeln, und sich damit Ärger in der Schule einhandelt.
Beer genoss eine liberale Erziehung, wuchs im religiösen Haushalt auf, fing aber ab einem bestimmten Zeitpunkt an, den Glauben in Frage zu stellen. Letztendlich verlor er das Vertrauen zu Gott, weil er anfing Armut und Unrecht um sich herum wahrzunehmen. Es kommt zu einer verschärften Situation im Synagogenhof, wo Fritz als Kind Gott zum Existenzbeweis herausfordert, indem er das Fasten an Jom Kippur bricht. Bald nach der Bar Mizwa (1924) löst sich Fritz Beer von seiner Religion.
Er schließt seinen Schulbesuch erfolgreich mit dem Abitur ab und durch den Einfluss seines Bruders, des kommunistischen Journalisten Kurt Konrad, wird er zum aktiven Mitglied der kommunistischen Partei. Einerseits ist es der Einfluss seines älteren Bruders, der ihn in die Reihen der KP führte, andererseits aber auch die empfundene Leere in seinem Inneren, weil Gott diese Stelle nicht mehr ausfüllt, aber ebenso die Überzeugung von den Prinzipien dieser Ideologie, die sich um sozialen und gesellschaftlichen Ausgleich zwischen den Menschen bemüht. Fritz bekam mit 19 Jahren ein Forum und war in der KP als Journalist tätig. Er schildert seine Laufbahn, wo er als Journalist klein anfängt und sich dann bis zum Redakteur berühmter deutscher Zeitungen heraufarbeitet. Er fand Anschluss an den Zirkel der Emigranten in Prag. Somit trat er in Kontakt mit Persönlichkeit wie zum Beispiel: F. C. Weiskopf, John Heartfield, Wieland Herzfelde, Kisch, Brecht, Ottwalt, Jokl sowie Louis Fürnberg.
Im Laufe der Handlung bekommen wir auch ein vollkommenes Bild von Beers Innerem, also was so alles in seinem Kopf vorgeht – seine ständige Angst, festgenommen zu werden, seine Anzweiflung der kommunistischen (linken) Ideologie, seine Zweifel an eigenen Taten. Die Zwischenkriegszeit erweckt in den Menschen Angst vor einem bevorstehenden Krieg, der auch nicht lange auf sich warten lässt. Die politische Situation spitzt sich zu. Der Pakt zwischen Hitler und Stalin lies Fritz Beer gegenüber dem Kommunismus nun eine kritische Haltung einnehmen: er spielt mit dem Gedanken, die KP zu verlassen, denn er wollte der tschechoslowakische Armee beitreten, um gegen die Nazis zu kämpfen. Aufgrund des Münchner Abkommens findet aber kein Kampf statt, Hitler nimmt das Sudetenland ein.
Beers Manuskripte wurden von der Polizei beschlagnahmt und dies veränderte sein Leben. Die Literatur und das Schreiben traten in den Hintergrund, die GESTAPO war ihm auf den Fersen wegen seiner antifaschistischen Beiträge, die er unter dem Pseudonym K. Friedrich in der AIZ publizierte. Alle Verwandten und Freunde rieten ihm zu fliehen. 1939 floh Beer ins britische Exil.
Hitler dringt mit erstaunlichem Tempo vor und Großbritannien wird in den Krieg einbezogen. Beer wird aus Loyalität zur ČSR zum freiwilligen Kämpfer gegen Hitler. Allerdings verliebt er sich über beide Ohren in Ursula, aber der Krieg trennt die beiden. Während eines Waffenstillstandes kehrt er zurück zu Ursula und heiratet sie. London wird aus der Luft durch deutsche Flieger angegriffen und er muss erneut einrücken. Ursula ist schwanger und deren Tochter Maria wird geboren. Der Krieg geht langsam zu Ende
Als Beer nach dem Krieg mit dem Tod seiner ganzen Familie konfrontiert wurde, wollte er sich für die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen einsetzen (er wirkte er als Vortragender in POW-Kriegsgefangenlagern, Reporter der BBC und als Korrespondent deutscher Zeitungen). Er fliegt ins Nachkriegsdeutschland und zum ersten Mal auch in die Tschechoslowakei, schreibt mit Hilfe von alten Freunden seine Erinnerungen, besucht alte Orte.
Er kehrte nach London zurück, wo er im Buckingham Palace von Prinz Charles zum Offizier des britischen Imperiums ernannt wurde.
(Maxi Juliane Petereit, Studentin)