Ernst Weiß : Der Augenzeuge
RomanDer Augenzeuge ist der letzte Roman von Ernst Weiß, der im Jahre 1939 geschrieben wurde. Der Roman wurde erst im Jahre 1963, längst nach dem Tod des Autors, veröffentlicht, und weil der Titel bereits vergeben war, musste er in Ich, der Augenzeuge abgeändert werden.
Der Autor erzählt in Form einer fiktiven Autobiographie die Lebensgeschichte eines Arztes, wobei das Buch einige autobiographische Züge trägt: Ernst Weiß studierte Medizin und spezialisierte sich auf Psychiatrie – ebenso wie der Erzähler seines Romans.
Der Erzähler unterzieht sich in seiner Jugend einer Mutprobe: Er schleicht sich in die Kaserne, um hier die Pferde zu füttern. Er wird von einem Pferd verletzt, hat gebrochene Rippen. Der jüdische Hausarzt Dr. Kaiser („Judenkaiser“ genannt) gibt ihm Morphium gegen die Schmerzen. Dank diesem Erlebnis will der Erzähler auch Arzt werden.
Seine katholische Mutter hat kranke Lungen und reist in ein Sanatorium. Der Erzähler überrascht einmal seinen Vater mit der früheren Dienstmagd Vroni: sie fahren einen Kinderwagen mit Zwillingen. Die Mutter erfährt vom diesem Verhältnis ihres Mannes, nach einiger Zeit versöhnt sie sich aber mit ihrem Mann.
Der Vater, ein Brückenbau-Ingenieur, hat den Einsturz einer neu gebauten Brücke verschuldet, weil er minderwertiges Material verwendete. Er wird bestraft und entlassen, die Familie steht plötzlich ohne Geld da. Der Erzähler erhält für sein Medizinstudium von seinem Onkel 100 Mark pro Monat. 75 Mark muss er allerdings den Eltern abgeben, 20 Mark gibt er Vroni zur Pflege seiner Halbgeschwister, nur 5 Mark bleiben ihm übrig. Deshalb arbeitet er als Tellerwäscher. Weil er eine hohe Studiengebühr zahlen muss, bittet er den Leiter der Nerven- und Irrenklinik, Dr. Kaiser („Narrenkaiser“ genannt) um Geld. Der „Narrenkaiser“ gewährt ihm das Geld, doch der Erzähler muss bei ihm hart arbeiten.
Nach dem Studium arbeitet der Erzähler als Chirurg und Psychiater, während des Ersten Weltkrieges als Feldarzt. Im Jahre 1918 kommt er in ein Reservelazarett für psychisch gestörte Soldaten. Hier begegnet er dem Kriegsblinden A. H.. Obwohl er ihn für einen Lügner hält, heilt er ihn von seiner hysterischen Blindheit.
Nach dem Krieg arbeitet der Erzähler als Hausarzt. Sein Vater hat ein Verhältnis mit der Lehrerin Heidi und nach dem Tod seiner Frau heiratet er sie. A. H. tritt als Agitator für die Reichswehr auf und seine Reden werden populär. Der Erzähler besucht Volksversammlungen, an denen A. H. redet und lässt sich von ihnen beeindrucken. Der Hausarzt, „Judenkaiser“, stirbt. Seine Tochter Viktoria, die der Erzähler seit seiner Kindheit liebt, verlor im Krieg ihren Mann. Sie heiraten und bekommen zwei Kinder, Robert („Bobby“ genannt) und Lise.
Eines Tages besucht sie Helmut, der Sohn des „Narrenkaisers“ und früherer Freund des Erzählers und möchte die Notizen, die der Erzähler über A. H. gemacht hat, einsehen. Der weigert sich aber, sie ihm zu zeigen und versteckt sie.
Der Erzähler emigriert im Jahre 1933 wegen seiner Mitgliedschaft in der Demokratischen Partei und der Deutschen Friedensgesellschaft in die Schweiz. Seine Frau und Kinder sollen ein paar Tage später nachkommen. Die Dokumente über A. H. deponiert der Erzähler in einer Bank in Basel. Er bekommt ein Telegramm, dass er nach Deutschland zurückkommen soll. Obwohl er eine Falle ahnt, fährt er. Im Taxi sitzend, hat er das Gefühl, dass er seine Frau sieht. Er ruft im Hotel an, aber seine Frau ist dort nicht anwesend. Später erfährt er, dass es wirklich seine Frau war. Vor dem Haus seines Vaters wird er von der SS verhaftet und in ein Konzentrationslager geschickt. Hier peitscht man ihn aus. Nach dem Besuch von Helmut flüchtet er. Er erfährt, dass seine Notizen über A. H. verschwunden sind. Seine Frau Viktoria gab sie Helmut – als Gegenleistung konnte er aus dem Konzentrationslager flüchten.
Im Jahre 1934 übersiedelt die Familie nach Paris. Der Erzähler kann hier nicht als Arzt arbeiten, deshalb wird er wieder zum Tellerwäscher. Die Kinder, Robert und Lisa werden von den Ideen des Nationalsozialismus „angesteckt“. Als der Erzähler allerdings seinem Sohn die Wunden aus dem Konzentrationslager zeigt, wenden sie sich von dieser Ideologie ab. Viktoria arbeitet in einer Villa und bringt oft die Kinder mit. Der Erzähler meldet sich zum Dienst in der spanischen Armee d.h. er wird gegen Helmut kämpfen.