Ferdinand von Saar: Das Haus Reichegg


Unvollendet
Jahr der Publikation
1877
Publikationsort
Heidelberg
Gattung
Kürzere Prosa (Novelle, Erzählung usw.)
Bibliographische Daten
Das Haus Reichegg. In: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. o.V., Heidelberg 1877.
Art der Veröffentlichung
Separate Veröffentlichung

Diese kurze Novelle versetzt den Leser in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. In dieser Zeit besucht der Erzähler regelmäßig seinen ältesten und beliebtesten Freund im Krankenhaus. Eines Morgens trifft der Erzähler den Arzt, der den Kranken untersucht. Der Arzt muss sich aber heute beeilen, weil im Krankenhaus ein großer Besuch erwartet wird: die Oberin der barmherzigen Schwestern, die im Krankhaus arbeiten. Sie ist die Tochter des ehemaligen Staatsrates von Reichegg, eine hübsche Frau – der Doktor bedauert, dass sie eine Nonne ist. Durch Erwähnung ihres Namens erinnert sich der Erzähler an eine alte Geschichte.

Als er beim Militär war, sollte einmal sein Regiment bei der Familie Reichegg auf einem Schloss übernachten. Auf dem Schloss wohnte der Graf von Reichegg mit seiner wunderschönen, von allen bewunderten Gemahlin und seiner Tochter. So hübsch die Frau des Grafen war, so uninteressant war ihre Tochter. Unglücklicherweise war das junge Mädchen ihrem Vater ähnlich, nicht der Mutter. Trotzdem war sie gut ausgebildet und war auch eine gute Sängerin.

Der Erzähler wurde von dem Grafen zum Essen eingeladen. Beim Tisch saßen die Frau, die Tochter und ein junger Mann, der Baron Rodern. Der junge Mann unterhielt sich freundlich mit dem Grafen und seiner Gemahlin. Nach dem Essen ging die Gesellschaft zu einem Teich, an dessen Ufer ein Boot befestigt war. Baron Rodern schlug eine Bootsfahrt vor, die Gräfin lehnte jedoch ab, da sie das letzte Mal bei einer Fahrt ins Wasser fiel. Doch die Tochter wollte fahren, sie wollte auch rudern, weil sie das am Morgen fleißig geübt hatte. So setzte sich der Erzähler mir ihr ins Boot. Nach dem Ausflug zog er sich auf sein Zimmer zurück. Er konnte aber nicht schlafen, deshalb entschied er sich für einen kurzen Spaziergang. Er ging in den Park und setzte sich auf eine Bank. Dann hörte er Stimmen. Es waren die Stimmen von der Gräfin und vom Baron Rodern. Die Frau sagte ihm, dass ihre Tochter in ihn verliebt sei, doch der Mann lachte nur darüber und antwortete, dass er nur sie liebe. Der Erzähler war also heimlicher Zeuge der verbotene Liebe zwischen der Gräfin von Reichegg und dem Baron Rodern.

Jahre vergingen, der Erzähler vergaß langsam die Geschichte, er interessierte sich nicht mehr für die Familie. Er wusste nur, dass der Graf gestorben war. Eines Tages traf er unerwartet eine Dame, in der er die schöne Gräfin von Reichegg erkannte. Sie war aber nicht mehr so hübsch wie damals.

Schließlich kommt der Erzähler aus der Vergangenheit zurück in die Gegenwart. Er ist neugierig und will die Frau, über die der Arzt sprach, sehen. Darum geht er in den Hof: Dort trifft er eine schöne Frau. Sie ist das junge Mädchen aus seinen Erinnerungen, die kleine Tochter vom Graf von Reichegg, die unglücklich in den Barin Rodern verliebt war.