Ernst Weiß : Hodin
- Jahr der Publikation
- 1923
- Verlag
- Hans Heinrich Tillgner
- Publikationsort
- Berlin
- Gattung
- Roman
- Bibliographische Daten
- Hodin. Hans Heinrich Tillgner, Berlin 1923.
- Art der Veröffentlichung
- Separate Veröffentlichung
mit Steinzeichnungen von Nicolai Pusirewski; 100 Exemplare in Leder gebunden und handsigniert; Normale Buchausgabe: Stuttgart-Berlin-Leipzig, Deutsche Verlags-Anstalt 1925.
Schon am Anfang der Erzählung erfährt man, dass Hodin ein Mörder ist, der in einer Zelle für seine Taten sitzt. Es folgt eine Beschreibung der Zelle und von Hodin selbst. Seine Charakteristik ist sehr ausführlich. Er hockt in seiner dunklen Zelle tagelang in einer unnatürlichen Position, zitternd, mit einer kranken Hand über dem Mund, ohne Haare aber mit sehr langem Bart. Schon diese erste Beschreibung erinnert an expressionistische Bilder.
Es wird auch sein letzter Versuch eines Mordes beschrieben, der aber nicht gelang: Das Opfer floh, während Hodin den Mann am Hals hielt. Dann geschah etwas Seltsames. Hodins eigene Hand schnappte die andere und hielt sie ganz fest und er konnte sie nicht loslassen. Auch dann nicht, als die Polizei kam und ihn in die Zelle setzte. Erst als der Arzt kam, gelang es ihm, seine Hände zu befreien, obwohl er sich dabei seinen kleinen Finger brach.
Während des Verhörs sprach Hodin kein Wort. In seiner kleinen Wohnung, voll von verschiedenen Tieren, fand man einige Papiere mit unbekannter Schrift beschrieben. Als man nach seiner Vergangenheit forschte, fand man heraus, dass Hodins Vater zweimal in einer Irrenanstalt weilte. In der Schule war Hodin zornig und rachsüchtig und konnte sich nicht beherrschen, trotzdem studierte er Jura, hat aber das Studium abgebrochen. Dann reiste er nach Paris, wo seine Spur endet.
Es zeigten sich auch seine Selbstschädigungstendenzen: Er wollte seinen eigenen gebrochenen Finger abbeißen. Der Wärter hinderte ihn daran und auch der Arzt lief ihm gleich zu Hilfe.
Dem Arzt gelang es schließlich – nachdem er die Körperhaltung Hodins nachahmte – seine Schrift zu entziffern. Es handelt sich um Stenographie in doppelter Spiegelung.
Es folgt ein Ausschnitt aus Hodins Text. Er beschreibt seine Selbstmordgedanken und seine Einsamkeit. Er enthüllt seinen richtigen Namen, Tobias Albaran, er beschreibt, wie er sich selbst verletzt, wenn er alleine ist. Er erinnert sich an seine Eltern und beschuldigt sie indirekt, dass sie ihn in seine psychische Krankheit hineingestürzt haben und macht sie für seine Tat verantwortlich. Er spricht über eine Frau, die er ermordet hat und denkt über den Mord nach. Er beschreibt, wie ihn die Tiere und Kinder lieben, und dass er nie einem Tier oder einem Kind etwas zu leide getan hätte. Er benutzt spezielle Handschuhe, um sich vor sich selbst zu schützen, wenn er schläft, und vor dem Schlafengehen überzeugt er sich selbst, das seine Hände gut und rein sind. Er beschreibt jedoch auch, wie gut es tut, etwas fest in der Hand zu halten - und er tut es auch, er hält seine eigene Hand fest. Seine Hände kämpfen miteinander und er kann nichts dagegen tun, nur zuschauen. Von der Beschreibung seiner Hände kommt er zum Mord an der Frau. Dem Richter schwört er aber, dass er unschuldig sei, und spricht von seinen Händen, als ob sie selbständige Dinge wären, die er nicht beherrschen kann. Er fürchtet sogar, dass seine eigenen Hände ihn selbst töten könnten. Im letzten Satz aber bestätigt er, dass er seine eigene Mutter getötet hat.
Das Werk trägt deutliche charakteristische Merkmale des expressionistischen Stils.
Blanca Wichtlová (Studentin)