Robert Hohlbaum: Das Vorspiel
Der in der Er-Form geschriebene Roman spielt sich in Wien. Hans Reißenberger, eine ehemaliger Leutnant, kehrt 1859 aus Solferino mit einem steifen Arm nach Österreich zurück und versucht, an sein altes Studentenleben wieder anzuknüpfen. Reißenberger nimmt an der feierlichen Enthüllung der Schiller-Büste teil und trifft dort neue als auch alte Freunde – den dicken Gemeinderatssohn Karl Gstöttner, den schlesischen Bauernsohn Nikolaus Kulm, den komischen Privatdozenten Dr. Nepomuk Pirkmayer und den Schlesier Gerhard Funke, der elf Jahre in Haft auf dem Spielberg verbrachte. Hans Reißenberger beginnt deutsche Geschichte und Literatur zu studieren und bei der Lektüre der älteren deutschen Texte wird er sich zum ersten Mal seines Deutschtums bewusst. Reißenberger, der selbst aus Schlesien stammt, nähert sich dem Studentenbund Quadia an, der gegen alle Feinde des Volkes kämpfen will. Zehn Jahre später wird der kleine Student Heini Paradeiser, der Dichter werden möchte und der sich in die Schauspielerin Maria Ebenhoch verliebt, ein wichtiges Mitglied der Quadia. Sobald er aber feststellt, dass sie ein Liebesverhältnis mit Reißenberger hatte, verlässt er sie und wird ein entschlossener Kämpfer für die Zukunft von Preußen. Reißenberger, der früher immer an den Sieg Österreichs glaubte, ist nicht mehr davon überzeugt. Er entscheidet sich, wieder zu seinem schlesischen Regiment zu gehen und nach Süden zu ziehen.
Hier ein paar Ausschnitte aus dem Text:
In einer Gaststätte in Wien:
„Vor Jahren einmal hatte ein Schlesier auf dem ‚Schottenprälaten‘ gesessen, und seit der Zeit hingen dort ein paar Kupferstiche, darauf der ‚Altvater‘ zu sehen war und die kleine Kapelle des ‚Heidebrünn‘, das saubere Freiwaldau mit dem viereckigen Marktplatz und dem roten Rathausturm, und gegenüber dem Eingang grüßte sogar ein Ölbild, das den alten Prießnitz darstellte, überlegen lächelnd nach einer kleinen Quelle weisend, wie in anderen Gasthäusern der Gambrinus dem Bierfaß. Diese Bilder mochten wohl die Ursache gewesen sein, daß sich schon seit einigen Wochen hier ein Schlesiertisch gebildet, dem sich Funke, Kulm, Reißenberger und endlich auch ihre Wiener Freunde angeschlossen hatten. […] Auf einmal schrie Kulm in das Gespräch hinein: ‚Wos? Die Tschechen wolln ein unser Dorf nei?‘ riß einen Sessel aus der Ecke und drängte an den Tisch.
Der alte Jurist erzählte sonderbare Dinge. […] Zuerst hatte ein reicher Slawe einen Meierhof in des Juristen Heimatsdorf gekauft. Nach und nach hatte er allen deutschen Knechten gekündigt und tschechische in Dienst genommen. Ein tschechischer Förster war ins Dorf gekommen, ein tschechischer Postmeister und nun gar ein Kaplan, der kaum das ‚Vaterunser‘ deutsch beten konnte.“ (S. 75 ff.)
Ein Gespräch zwischen Reißenberger und dem Slawen Dr. Rybicz:
„Sie sind deutscher, als Sie selbst wissen. Ein Slawe wird Ihnen nie diese Antwort geben. Ich stamme auch aus einem gemischtsprachigen Land. Ich besuchte deutsche Schulen, sie waren besser als die unsrigen. In der Volksschule ging’s noch, da verhöhnten sie mich nur manchmal wegen meines schlechten Deutsch. Ich hab’s nachgeholt. Aber später, am Gymnasium schon, da fühlte ich – man ist da sehr empfindlich – daß mich die anderen nicht für voll nahmen. […] Damals hab’ ich mir geschworen, ich will nicht ruhen, bis ich euch bewiesen habe, daß auch meine Väter Unvergängliches geschaffen haben, bis ich euch zeigen werde, daß mein Volk dem euren gleichwert ist.‘
Der deutsche Stolz bäumte sich auf in Hans Reißenberger.
‚Aber heute müssen Sie wohl zugeben, daß ein Unterschied da ist, daß Ihr Volk sich mit uns nicht messen kann!“ (S. 237 f.)