Erik Jan Hanussen: Meine Lebenslinie


Unvollendet
Jahr der Publikation
1930
Verlag
Universitas
Publikationsort
Berlin
Gattung
Biographie/Autobiographisches (Tagebuch, Memoiren…)
Bibliographische Daten
Meine Lebenslinie. Universitas, Berlin 1930.
Art der Veröffentlichung
Separate Veröffentlichung

Neuauflage: Ullstein, Berlin 1991.

Meine Lebenslinie (erschienen 1930) umfasst den Zeitraum von der Geburt bis zum Prozess in Leitmeritz und steht aus philologischer Sicht auf einem recht kläglichen Niveau. Besonders die schematischen Satzgefüge, die einfache Lexik und die zu bewusst eingesetzte Selbstdarstellung wirken auf den heutigen Leser ermüdend. Hervorzuheben jedoch sind die Beschreibungen des Lebens zwischen Kabarett, Zirkus und Varieté, die eindrucksvoll den spontanen Charakter und den halbseidenen Hintergrund der Kunstszene der 20er Jahre in Wien, Böhmen und Mähren beleuchten. Bemerkenswert ist auch, dass er keinen Hehl aus seiner jüdischen Herkunft macht, obwohl er in anderen Passagen, wie W. Kugel mehrfach betont, ein äußerst zweifelhafter Chronist seines eigenen Lebens ist. Er geht in seiner Autobiographie auch auf allgemeine jüdische Belange ein. Das und auch seinen Stil soll folgende Textstelle  illustrieren, die vom Kriegsgeschehen in Westgalizien handelt:

Wenn es nach mir gegangen wäre, ich hätte ja Seiner Majestät einen anderen Heldenfriedhof gezeigt. Der lag seit huntert (sic!) Jahren mitten in Gorlice. Hinter jedem Grabstein die Leiche eines Soldaten, der dort Deckung gesucht hatte. Dabei waren die Kartätschen absolut nicht wählerisch. Sie schlugen in die Lebendigen, in die Krüppel, und in die bereits Toten, sie schlugen auch in die längst gestorbenen Bürger von Gorlice, die da unten lagen mit langen Bärten und Löckchen an den Schläfen, begraben im Sterbehemd des jüdischen Ritus und versehen mit den Sterbegebeten der ganzen Familie. (Meine Lebenslinie. Universitas, München 1988, S. 136. Die Hervorhebungen stammen von mir.)

(Jörg Krappmann)