Alexander von Sacher-Masoch: Das unsichtbare Volk

Schauspiel in drei Akten
Unvollendet
Jahr der Publikation
1947
Verlag
Wiener Verlag
Publikationsort
Wien
Gattung
Drama
Bibliographische Daten
Das unsichtbare Volk. Schauspiel in drei Akten. Wiener Verlag, Wien 1947. Kaleidoskop. 30.
Art der Veröffentlichung
Separate Veröffentlichung

1958 Umarbeitung zu Hörspiel

Das Drama zeigt wenig mehr als 24 Stunden einer bunt zusammengewürfelten österreichischen Emigrantengruppe in ihrem Versteck auf einem slawischen Bauerngehöft. Das jüdische Fabrikantenehepaar Langer und ihre Tochter Ruth, eine überzeugte Zionistin, der Schauspieler Kurz und seine ‚arische’ Frau Gerda, die aus Liebe bei ihm bleibt, der kleine Angestellte Strelisker und seine schwerkranke Schwester Grete, sie alle warten – ohne Aufenthaltsgenehmigung im Land und in ständiger Angst vor Denunziation – auf ihr Affidavit, das ihnen die Ausreise nach Amerika ermöglichen würde. Die existenzielle Bedrohung und die verschiedenen Ansichten zu Heimat, Deutschtum und Judentum führen zu steten Spannungen in der Gruppe, die sich doch durch das gemeinsame Schicksal verbunden weiß. Zu ihnen gesellt sich der Schriftsteller Martin Gley, der nicht aus rassischen Gründen geflohen ist. Er ist „Mensch und möchte es bleiben“, hat deshalb auch das Unrecht an den Juden stets angeprangert; doch betont er, „dass das Volk der Gepeinigten und Verfolgten [...] viel größer“ sei: „Das jüdische Schicksal ist nicht mehr ein jüdisches allein. Das was am Juden verbrochen wird, wird am Menschen verbrochen. Und am Menschen ist es, endlich zu kämpfen.“ (S. 64) Sein Eintreten aber für Ruth, die er vor den Nachstellungen des betrunkenen Bauernsohns Svevo schützt, führt zur Anzeige. Svevos Vater schlägt diesen zwar dafür halb tot und nur das Eingreifen Gretes verhindert Schlimmeres, die Kontrolle durch den Gendarm Juritsch ist dadurch aber nicht mehr zu verhindern. Doch das Unglaubliche geschieht: Der kunstinteressierte Juritsch kennt ein Werk Gleys und an dessen Appell an die Menschlichkeit erinnert, verzichtet er auf die Amtshandlung, zumal ihn seine Geliebte Militza, die Tochter des Bauern, darum anfleht. Dass wenig später auch noch die ersehnten Einreisedokumente für die Langers, Kurz und Wagner eintreffen, scheint das poetische Glück etwas überzustrapazieren. Doch der plötzliche Tod Gretes, die für Svevos Rettung ihre letzten Kräfte gegeben hat, rückt wieder die grausame Realität der Zeit in den Blick. Ihre Aufopferung dient als Beispiel für das neue, „unsichtbare Volk“, das überall „für das Recht der Menschen“ kämpft und letztendlich, so die optimistische Botschaft des Stücks, auch siegen wird.