Ludwig Kurowski: Menschenbilder


Unvollendet
Jahr der Publikation
1901
Publikationsort
Wien
Gattung
Kürzere Prosa (Novelle, Erzählung usw.)
Bibliographische Daten
Ludwig Kurowski: Menschenbilder. Wien 1901
Art der Veröffentlichung
Separate Veröffentlichung

Dieser im Selbstverlag herausgegebene, mit Illustrationen im Sezessionsstil ausgestattete, zum Teil autobiografische und in der Mundart gehaltene Erzählband bietet eine bunte Mischung literarischer Formen und Bilder. Einerseits atmet er eine fast biedermeirlich realistische Atmosphäre, andererseits sickern wesentliche Elemente der Moderne in den Text ein… wirken sachlich und unpathetisch, auch in ihnen zeigt sich die Neigung zum kleinformatigem, resignativ-melancholischen Alltagsrealismus. Auch in ihnen treten melancholische Käuze mit reichem Innenleben, weltfremde Künstler und bürgerliche Intellektuelle auf, die der Kunst oder der Moral nachhängen und deren Leben durch das pragmatische Zeitalter entweiht wurde. Immanent wird die Frage nach dem Sinn des Lebens aufgeworfen, aber nicht beantwortet. Metaphysisch aufgeladene flüchtige Begegnungen in der Stadt wechseln sich mit Rückblicken in die Vergangenheit. Die Vergangenheit ist aber nur eine idealisierte Erinnerung und die Gegenwart scheint ein gescheitertes Projekt zu sein.

Das grundlegende Strukturelement der Menschenbilder ist das Fragment. Es manifestiert sich durch das am häufigsten verwendete, auf Reduktion abzielende poetische Arrangement: flüchtige Treffen, nicht zu Ende geführte Schicksale, Momentaufnahmen aus dem Leben. Einer sichtbaren Reduktion unterliegen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Protagonisten werden eher in ihrer Beziehungslosigkeit gezeigt, sie sind tief in der Vergangenheit verwurzelt und misstrauisch gegenüber den Begleiterscheinungen der modernen Zivilisation. Also doch einige Ansatzpunkte für die Moderne. Unübersehbar ist auch die Neigung der Protagonisten zur Kunst als Quelle für den Sinn des Lebens oder für den neu gefundenen Sinn des Lebens.

Libor Marek: Zwischen Marginalität und Zentralität. Deutsche Literatur und Kultur aus der Mährischen Walachei (1848–1948). Univerzita Tomáše Bati, Zlín, 2018.