Andreas Ludwig Jeitteles: Gesammelte Dichtungen von Justus Frey
- Jahr der Publikation
- 1899
- Verlag
- J. G. Calve´sche k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhandlung
- Publikationsort
- Prag
- Gattung
- Gedicht
- Bibliographische Daten
- Jeitteles, Adalbert (Hg.): Gesammelte Dichtungen von Justus Frey. J. G. Calve´sche k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhandlung, Prag 1899.
- Art der Veröffentlichung
- Separate Veröffentlichung
Auf einer Gemälde-Galerie.
Sie
Sieh hier, wie gut das Bild gelungen,
Welch üppig schöne Frau´ngestalt!
Gepriesen wird´s von allen Zungen,
Warum nur du, mein Freund, so kalt?
Er
Ich bin darum kein Frauenhasser,
Noch steht das Herz in voller Gluth;
Weit besser als in Öhl und Wasser
Gefallt ihr mir in Fleisch und Blut.
Probatum est.
So lang Herr Quidam noch Student,
So lang er noch Gerichtsassessor,
Referendarius, Docent,
Ja selbst so lang er noch Professor,
Geberdet er als Freigeist sich
Und fragt, liebäugelnd mit dem Zweifel,
Nach Gott nur wenig, sicherlich
Noch weniger nach einem Teufel.
Doch trau´re nicht, mein Publikum,
Es gibt ein gut Bekehrungsmittel:
Man häng´ ihm einen Orden um
Und geb´ ihm den Geheimrathstitel.
Er sehnt sogleich mit Gott sich aus,
Schöpft aus den Kirchenvätern Nahrung
Und predigt fromm von Haus zu Haus
Philosophie der Offenbarung.
Der ehedem ein Pantheist,
Ein Freier war, ein Aufgeklärter,
Stirbt reuig als ein guter Christ,
Als ein Gebessrter, Bekehrter;
Und was uns ganz besonders rührt:
Es wird zuletzt, so süß wie Zucker,
Sein Testament uns vorgeführt
Im reinsten Stil moderner Mucker.
[415 S., Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen, Bd. 10.]