Elisabeth Janstein : Die Kurve

Aufzeichnungen
Jahr der Publikation
1920
Verlag
Ed. Strache
Publikationsort
Wien/Prag/Leipzig
Gattung
Kürzere Prosa (Novelle, Erzählung usw.)
Bibliographische Daten
Die Kurve. Aufzeichnungen. Ed. Strache, Wien u.a. 1920.
Art der Veröffentlichung
Separate Veröffentlichung

Reprint Nendeln (Liechtenstein 1973)

Eine der in der Sammlung erschienenen Erzählungen trägt den Titel Leiden (Nachdruck und tschechische Übersetzung in: Motyčka, Lukáš/Veselá, Barbora (Hgg.): Anthologie der deutschmährischen Literatur (Bd. 7). Univerzita Palackého v Olomouci, Olomouc 2014, S. 135-137.).

Dieser Prosatext besteht aus zwölf kurzen Absätzen. Schon der pessimistische Titel Leiden kann gewisse Erwartungen verraten – es wird sich wahrscheinlich um keine Geschichte voll von lustigen Situationen handeln. Die Erzählung enthält viele expressionistische Merkmale. Es kommen die charakteristische Nachtfarbe Schwarz und die „rötlichen Funken“ vor. Gekennzeichnet ist der Text auch durch viele Klangverben wie „brüllen“, „meckern“, „keuchen“ und „gellen“, was die Hördynamik, die beim Lesen auffällt, unterstützt. Die düstere Stimmung stellen Wörter wie „dumpf, „klagend“, „Schutt“, „Brand“ und „Rauch“ und „Geprassel“, „Metallgeschmack“, „Flammen“, das „tierische Geheul“, „Schrei“ und „Verfluchung“ dar. Es gibt keine Naturmotive wie zum Beispiel beim Impressionismus. Religiosität und eine Verbindung mit Gott sind nicht wirklich vertreten. Nur im neunten Absatz wird das Wort „Göttlichkeit“ erwähnt. Es gibt zwar keine explizite Verbindung mit dem Motiv der Apokalypse, man könnte aber das Motiv „stets zunehmende Menschenmasse“ erkennen, denn die Erzählerin will sich sehr klar und eindeutig von anderen Menschen distanzieren, sie will einsam sein. Auch der Ort – der Bauernhof, wo sich die Handlung abspielt, könnte möglicherweise die Flucht der Erzählerin signalisieren, die von Großstädten und Industrialisierung weglaufen will. Der Brand ist ein gefährliches Moment, das auch typisch für den Expressionismus ist. Die Erzählerin sieht sich oft als einen gequälten Menschen, der keine Energie mehr hat. Aber es werden auch die leidenden, traurigen Tiere und die heulenden, klagenden Menschen geschildert, obwohl sie eher im Hintergrund stehen. Dies führt zu dem Gefühl, dass niemand in der Situation (oder vielleicht sogar auf der Welt) glücklich sein kann. Gleichgültigkeit, Distanzierung, Einsamkeit, Widerwillen, Wut, Trauer, Müdigkeit, Verzweiflung und Weigern (gegen die Gewöhnlichkeit) sind die häufigsten Emotionen, die die Erzählerin präsentiert.

Ivana Grenová (Studentin)