Im Hultschiner Ländchen geboren, entstammte August Scholtis väterlicher- und mütterlicherseits einem in Bolatitz seit alters her eingesessenen Bauerngeschlecht. Eine günstige Fügung des Schicksals entriss ihn im Sommer 1915 der bereits angetretenen Maurerlehre zugunsten des Postens eines Schreibgehilfen in der Kanzlei Karl Max Fürst Lichnowskys (des letzten Botschafters des wilhelminischen Deutschland in London: 1912-1914) auf dessen Schloss im sechs Kilometer von Bolatitz entfernten Kuchelna, wo er bis 1920 blieb. Den Schreibdienst beim Fürsten nannte er, der aus wenig bildungsfreundlichen Verhältnissen stammte („Bücher gab es in meinem Vaterhaus nicht“, so in der Autobiographie Ein Herr Aus Bolatitz, 1959) und folgerichtig nur eine Bolatitzer Volksschule in den Jahren 1907-1915 absolvieren konnte, im Nachhinein mit Maxim Gorkis Wort seine „Universität“. Die fürstlich Lichnowskysche Schlossbibliothek wusste Scholtis ebenso zur Erweiterung seiner rudimentären Dorfschulbildung zu nutzen wie den persönlichen Umgang mit dem Magnaten, einem Grandseigneur europäischer Bildung, und mit seiner schriftstellernden Ehefrau Mechtilde. Dass das Wissen, das er sich nun auf diesem Weg aneignete, bunt zusammengewürfelt war, jeder Systematik Hohn sprach und Ungleichwertiges beinhaltete, bekümmerte Scholtis in seinem Eifer eines bildungsdurstigen Neophiten wenig. Ein leidenschaftlicher Autodidakt mit allen Konsequenzen dieses Faktums blieb er sein Leben lang.
1920 wurde das Hultschiner Ländchen von Deutschland abgetrennt und gemäß den Vertragsbestimmungen von Versailles der Tschechoslowakei einverleibt. Als einer der wenigen Einheimischen und als Einziger in seiner Familie optierte Scholtis für Deutschland – und musste folglich Bolatitz verlassen. Es begann für ihn die Zeit der Selbstfindung. In der deutschen Sprache und der durch sie vermittelten Welt fand er, der seit der Dienstzeit in Kuchelna tollkühn den Traumberuf eines deutschen Schriftstellers anstrebte, seine Wahlheimat. Bis der Traum Wirklichkeit zu werden begann, als nämlich der bei einem 1927 von der „Schlesischen Funkstunde“ und den „Schlesischen Monatsheften“ in Breslau veranstalteten Novellenwettbewerb erhaltene erste Preis Scholtis’ literarischen Anspruch offiziell legitimierte, vergingen mit diverser Büroarbeit in verschiedenen Städten Schlesiens erfüllte Jahre. Das Preisgeld ermöglichte ihm einerseits den Umstieg auf die journalistische Tätigkeit (der er oft unter dem Pseudonym Alexander Bogen nachging) und verhalf andererseits zu Bildungsreisen in alter Kavaliersmanier nach Wien und Prag.
Ende 1929 übersiedelte Scholtis aus Prag, wo er sich eine bescheidene Existenz als freier Mitarbeiter verschiedener prag- und reichsdeutscher Blätter aufgebaut hatte, nach Berlin, das für ihn nun zum lebenslangen Wohnsitz werden sollte und wohin, gleichsam eines Literatur-Mekkas, während der ganzen zwanziger Jahre sowohl renommierte Autoren als auch Möchte-gern-Literaten aller Couleurs aus dem gesamten deutschsprachigen Raum pilgerten. Fest entschlossen, in Berlin sein literarisches Schicksal zu versuchen, setzte Scholtis das einzige Kapital aufs Spiel, das er besaß: das geschärfte Bewusstsein für die Traditionen und Probleme seiner Heimat sowie die eigene Biographie vor deren Hintergrund. Es war, obwohl aus der Not geboren, keine schlechte Sujetwahl: stammte er doch aus dem Zentrum eines ethnisch-kulturellen Meltingpots, verwickelten sich in seinem Leben „so verwirrend viele Fäden geographischer, nationaler, sozialer und politischer Knäuel zu immer unentwirrbareren Knoten“, so dass er „auch da, wo er nur über sich selbst zu sprechen vermeinte, immer über mehr“ sprach (Joachim J. Scholz). Der anfängliche Erfolg dieser Strategie bestätigte ihn darin vollends und petrifizierte zugleich seine innovative Kraft als Schriftsteller: Das Sprungbrett der regional-oberschlesischebn Thematik, das er so hoffnungsvoll für seinen literarischen Start benutzt hatte, bemühte Scholtis fortan unter wachsenden Qualitätseinbußen seines Schaffens bis ans Ende der literarischen Laufbahn.
Die Erfahrung des Hineingeborenseins in ein Grenzland mit allen unausbleiblichen Folgen dieses Faktums war das beherrschende, das durchlittene Thema der Bücher von Scholtis, des Schickele Oberschlesiens, das Elsass des Ostens. „Ich bin als Preuße von zweisprachigen Eltern schlesischen Geblüts geboren und konnte naturgemäß nur die Probleme meiner nationalen Zwiespältigkeit gestalten“, schrieb er im Alter an den befreundeten Literaturhistoriker Arno Lubos. Mit Ostwind (1932), seinem Romandebüt, dem er bezeichnenderweise das vielzitierte Apercu des Elsässers: „Mein Herz ist zu groß für ein Vaterland und zu klein für zwei“ als Motto vorangestellt hatte, legte er nach einer Generation zeitlicher Distanz das in der oberschlesischen Literatur gültigste Buch über den Bürgerkrieg der Jahre 1919-1921 in der Region vor, wie mit vergleichbarem Aufschub E. M. Remarque mit Im Westen nichts Neues (1929) dasjenige über den Ersten Weltkrieg oder G. Grass mit der Blechtrommel (1959) jenes über den Zweiten Weltkrieg im nazistischen Danzig. Der angehende, ehrgeizige Schriftsteller versuchte in seinem Roman der oberschlesischen Katastrophe – so der Untertitel des Buches – die deutsche Grenzlandpolitik (der er im wesentlichen Maße die Schuld an dieser Katastrophe, d. h. am Bürgerkrieg und der daraus resultierenden Aufteilung des Landes, gab) kritisch, aber nach eigenem Bekenntnis durchaus „im Interesse der deutschen Sache“ zu hinterfragen. Der kritische Impetus seines Buches speiste sich in erster Linie aus der Auflehnung gegen die behördliche, preußisch-deutsche Behandlung der oberschlesischen Bevölkerung als willenloses Objekt der nationalen Politik. Die hieraus aufkeimende Idee der lokalen Präsentation gegenüber der staatlichen Repräsentation griff Scholtis später stärker im Roman Baba und Ihre Kinder (1934) auf. Mit der sozial- und nationalkritischen Stoßrichtung des Ostwind erteilte der Schriftsteller auch der oberschlesischen Literatur eine Abfuhr, die sich vorzüglich in volkstümlichen Idealisierungen des Bergmanns- und des Bauernlebens gefiel oder Märchen- und Sagenstoffe bevorzugte. Damit produzierte sie nämlich eine Scheinwelt, die sich in die realitätsferne Umgehungsweise der Behörden mit der Region reibungslos einfügte.
Mit Hitlers Machtübernahme und ihren kulturpolitischen Folgen schien rund ein halbes Jahr nach dem Erscheinen von Ostwind Scholtis’ literarische Karriere mit einem Male beendet. Die Aussage der politischen Dimension des Romans, wonach nicht allein und auch nicht hauptsächlich der polnische Nationalismus an der ‚oberschlesischen Katastrophe’ schuld war, passte nicht in deren nationalsozialistische Auslegung. Hinzu kam Scholtis’ Hohn über den Rassennationalismus. Hierin ist der Grund für das Verbot des Buches im Dritten Reich durch die Nationalsozialisten zu sehen. Damit geriet der angehende hochstrebende Schriftsteller, dem die ersehnte, in mühsamem Autodidaktenfleiß erkämpfte Tür zur Welt der Literatur, kaum geöffnet, sich wieder zu schließen schien, in die Zwangslage, wählen zu müssen. Der Ausgang dieser Wahl war aber quasi vorprogrammiert. Als literarischer Neuling und mittellos wagte er sich ein Exil nicht zu leisten. Er blieb im Dritten Reich. Der Entschluss zu bleiben, involvierte dann aber in letzter Konsequenz für einen Schriftsteller nicht nur das ‚Mitlaufen’, sondern den Willen mitzumachen, also Zustimmung zu produzieren. Für die Schublade wollte Scholtis doch nicht schreiben. Schon 1934 trat er der Reichsschrifttumskammer bei, die ihm die „vorzügliche“ Qualität seines im selben Jahr erschienenen Romans Baba und Ihre Kinder bescheinigte.
In auffallender vordergründiger Abkehr von der Nationalitätenproblematik seines Erstlings thematisiert Scholtis nun die ihn in seinem Vorkriegsschaffen stets beschäftigende Frage der sozialen Sanierung seiner Heimat im unerschütterlichen Vertrauen in die Kräfte der Industrialisierung. Als positiver Herausforderung wird ihr in diesem Roman (der bei den Lesern zum erfolgreichsten seiner Bücher avancieren sollte) spontan und freudig entsprochen. Ausgangspunkt der in den ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts im oberschlesischen Dreiländereck spielenden Handlung ist der ökonomische Bankrott einer erzherzoglichen Domäne. Im Unterschied zum späteren Eisenwerk, wo zwischen den Priestern (die Figur des Ingenieurs) und Nutznießern der Industrialisierung (die Aktionärsfamilie) auf der einen Seite und der entstehenden Schicht von Industrialisierungsträgern (den Noch-heute-Bauern) auf der anderen Seite eine unübersehbare Kluft klafft, integriert in Baba der Industrialisierungsprozess alle beteiligten Seiten: vom Erzherzog (als Eigentümer) und Ingenieur über den aus den Niederungen des sozialen Elends emporgekommenen Bürovorsteher, dem Werkmeister, bis hin zu den gemeinen Arbeitern. Das alte agrare Wirtschaftssystem mit seinen Sozialisierungsmechanismen hat ausgedient und muss unter Zuhilfenahme „neuer Ideen“ (dem Ingenieur kommt hierbei die Relaisfunktion zu) umfunktioniert werden. Das bedeutet den Anbruch der Modernität, die sich im industriellen Prinzip realisiert. Die industrielle Modernität reduziert sich für Scholtis allerdings nicht auf ihre technische Effizienz; bei all seinem diesbezüglichen Optimismus fetischisiert er diese deshalb nicht, sondern sieht darin die Triebkraft der gesellschaftlichen Veränderungen, auf die es ihm ankommt. Sie erfolgen in drei Aspekten: dem ökonomischen, dem bildungsmäßigen und dem mentalen, die Scholtis in seinem Roman facettenreich gestaltet. Dem glücklichen industriellen und sozialen Gedeihen setzt erst der ausbrechende Erste Weltkrieg und die darauf folgende Grenzziehung ein unerwartetes Ende. Diese Ereignisse markieren im Buch eine deutliche Schnittstelle, denn damit schwenkt der Autor im Schlussteil ins Politisch-Nationale und in die Grenzlandproblematik ab. Das Wohlwollen, mit dem die Reichsschrifttumskammer dem neuen Buch von Scholtis begegnete, resultierte aus der von ihm erfolgreich angestrebten Nähe zur ideologisch erwünschten Heimatkunst. Die Zugeständnisse des Autors an die nationalsozialistische Literaturpolitik machen sich insbesondere in der die Grundaxiome der herrschenden Ideologie stützenden Zeichnung der Titelfigur des Romans bemerkbar. Mit der Kuhmagd Baba greift Scholtis einen deutsch-nationalen Mythos von Erde und Mutter auf, der mit den nazistischen Bemühungen, einen neuen Staat auf dem Fundament der agraren und biologischen Mythologien aufzubauen, einwandfrei korrespondierte.
Das Verwachsensein der Mutterfigur mit der Erde in der völkischen Literatur resultiert aus der angestrebten Einheit von Blut und Boden: die Fruchtbarkeit der Erde wird darin zum Sinnbild der Gebärfreudigkeit der Mutter. Die Gleichsetzung von Mutter und Erde entspringt darüber hinaus dem in dieser Literatur verbreiteten Hang, den Menschen zu einem rein zoologischen Wesen zu degradieren, eine Optik, in der die Frau zur bloßen Gebärmaschine wird, so wie sie Baba (in deren Namen sich schon die Degradierung von der Frau zum bloßen Weibe sprechend offenbart) verkörpert, die ihre dreizehn Kinder „vom Schaff er her und auch von manchem ändern“ hat. In ihrer Konzentrierung auf Gebären und Ernähren symbolisiert sie den Ursprung der Menschheit schlechthin, worauf der Autor auch unmissverständlich hinweist: „Dieser gewaltige Rücken und seine hin und her rutschende Rundung bergen den Schoß, das erste und letzte Mysterium der Menschheit“. Auch darin folgt er der Blut-und-Boden-Literatur, in der vom Schoß der Mütter oft die Rede ist. Im auffallenden Gegensatz zum industriellen klaren Optimismus der Haupthandlung des Romans werden in seinem Schlussteil industriekritische Töne hörbar. Die Zivilisationskritik, die in der Mythisierung von Babas naturverbundenem Leben enthalten ist, knüpft an die Motive nationalsozialistischer Mythologie und Ideologie an. Es geht hier dem Autor nicht etwa um den Entwurf eines fiktiv-idealen Gegenbildes zur entfremdeten Industriewelt, sondern um den Hinweis auf den "völkischen Lebensgrund" als Regenerationsquell eines aus der Totalität der Natur seinen Sinn schöpfenden Lebens. In ihrer ideologischen Funktion korrespondiert Scholtis’ literarische Zeichnung der Baba mit den bildlichen Darstellungen bäuerlicher Gestalten in der zeitgenössischen nationalsozialistischen Kunst. Hier wie dort wird das (quasi-) realistische Genre von der Substantialität des Erde- und Muttermythos überlagert. Ähnlich wie Wolfgang Willrich (Segen der Erde, 1936) oder Karl Drebitsch (Mutter, 1940), die im Dritten Reich zu Einfluss gelangten Genremaler, hat auch Scholtis mit der Art seiner Schilderung der Baba und der Bauernwelt in diesem Buch einen Beitrag zur mythischen Überhöhung von Mutter und Erde in deutsch-nationalem Sinne geleistet.
Die Bereitwilligkeit, mit der Scholtis Anschluss an die nationalsozialistische Literatur suchte, manifestierte sich noch eklatanter in dem ein Jahr nach der Baba publizierten Roman Jas, der Flieger (1935, übrigens dem bei weitem misslungensten seiner Bücher). Darin lieferte er eine offene Apologie des Dritten Reiches als "Technisches Zeitalter", in dem deutsche Modernitätsträume Wirklichkeit werden, und "Sozialstaat", in dem das Elend der Weimarer Republik beseitigt ist. Das stark autobiographisch gefärbte Buch repräsentiert jene Literatur aus den dreißiger Jahren, die mit der Vertreibung der ‚Asphaltliteraten’ sich an deren Platz in Berlin etablierte und ins Rampenlicht offizieller Anerkennung rückte.
Mit dem Roman Eisenwerk, den der Schriftsteller nach dem selbst gewollten Bruch mit seinem jüdischen Verleger Bruno Cassirer (er sei „froh, endlich arischen Boden unter den Füßen zu haben“, so am 22.09.1935 an den Breslauer Korn Verlag), nach jahrelangen Schaffensnöten, nach beschämendem Ringen mit seinem Stoff, das beredt von seinen Anpassungsversuchen an den offiziell geforderten Literatur(un)geist zeugt, im Jahre 1939 als dritten Teil seiner oberschlesischen Tetralogie veröffentlicht hatte, ließ er in seiner Industrieprosa unmissverständlich neue Töne anklingen. „Wie traurig, daß so vieles schon vergangen ist...“, Worte Peter Tschaikowskis, die dem Roman als Motto voranstehen, grundieren gleichmäßig Ausdruck und Farbe des Buches, das, seinem programmatischen Titel zum Trotz, paradoxerweise weit weniger die Bezeichnung "Industrieroman" verdient als Baba und Ihre Kinder. Die gängige Deutung dieses Romans als Hymnus auf das in Oberschlesien beginnende industrielle Zeitalter beruht auf einem Missverständnis. Symptomatisch sind in dieser Hinsicht schon die Unterschiede in der Proportionierung des Handlungsstoffes. Bei ungefähr gleichem Umfang entfallen in Baba etwa dreiviertel der Stoffmasse auf die Gestaltung der Industrialisierungsproblematik, wohingegen im Eisenwerk nur drei der dreizehn Kapitel die Industrialisierungsprozesse direkt schildern. Beide Romane thematisieren in der Tat das gleiche Motiv: die Umwandlung einer patriarchalischen Domäne zum modernen, marktwirtschaftlich orientierten Industriebetrieb. Über dieses gemeinsame, handlungsstrukturierende Grundmotiv und ein paar andere inhaltliche Gemeinsamkeiten hinaus wohnt freilich nur dem Baba-Roman der Geist des industriellen Optimismus, das „große revolutionäre Pathos“ des Industrialismus inne. In dem fünf Jahre später veröffentlichten Eisenwerk liegen die Akzente merklich anders. Den weitesten Raum im Buch widmet der Autor nicht den Industrialisierungsprozessen, sondern den Menschen, die den von diesen Prozessen getragenen Wandel erdulden müssen. Vom „Pathos“ der Industrialisierung findet sich in diesem Roman ebenso wenig eine Spur wie von ihm ebenfalls durch die Kritik attestiertem „Glauben“ an deren „Notwendigkeit“. Bei alledem stülpte Scholtis dem industriellen Geschehen letztendlich doch einen positiven Ausgang über, woraus zum nicht geringen Teil die ideelle Inkohärenz des Romans resultiert. Im industriell aufstrebenden, weil hochrüstenden Dritten Reich, war nämlich mit Industrialisierungspessimismus nicht viel zu holen. Deshalb kommt im Roman die Rettung auch aus dem Reich: „Dem [Grenzland]Volk allhier fehlten die Qualitäten, mangelte die Erfahrung“. Die Industrialisierung „braucht und verlangt Qualitätspersonal aus Deutschland“. Das sind freilich neue Akzente bei Scholtis, der damit ins Fahrwasser völkischer Propaganda von der ‚minderwertigen Rasse’ und dem ‚deutschen Herrenmenschen’ abgleitet und nunmehr einen deutschen, ideologisch fundierten Industrieimperialismus predigt, der nach Osten expandiert: „All das, was einstens Klöster, Kirchen und deutsche Priester hier leisteten [...], solle sich konzentrieren und einer neuen Mission des Reiches im Osten die Grundlage sein“. Dass einer der Protagonisten, der Ingenieur Grefkha, seinen slawischen Namen in den ‚deutscheren’ Grefh umändern zu müssen glaubt und dass das neu errichtete Dorf Boloto (auch ein slawischer Name) nicht Groß-Boloto, sondern Groß-Blott heißt, hat im Lichte der 1935 gestarteten Aktion der Eindeutschung slawischer Namen in Schlesien auch seine Relevanz im Kontext der Scholtisschen Anpassungsversuche an den ideologischen Auftrag der kulturpolitischen Instanzen des Dritten Reiches.
Von der Technikbejahung seines Baba-Romans sagte sich Scholtis nach der diesbezüglichen Krise, wie sie sich im Eisenwerk offenbart, endgültig in dem letzten Teil seiner oberschlesischen Tetralogie, dem Bauernroman Die mährische Hochzeit (1940) los. Typologisch handelt es sich bei diesem Buch um eine Variante des agrarisch-konservativen Rückkehrromans. Die Figur der Rückkehr zur Scholle unterwirft der Autor hier insofern einer Modifizierung, indem er sie zu einem Reife- und Wandlungsprozess umfunktioniert, mit dessen Abschluss und der daran gebundenen inneren Läuterung des Protagonisten die Handlung ausläuft. Die Korrespondenz mit den Grundaxiomen der Blut-und-Boden-Ideologie manifestiert sich im Scholtisschen Schaffen am krassesten gerade in diesem Buch. Es verrät auch einen bezeichnenden Wandel, der sich im Sprachgebrauch des Schriftstellers damals vollzieht und der auf die Reduzierung der sachbezeichnenden Sprache zu stereotypen Wert- und Unwertvokabeln hinausläuft, ein Prozess des Sprachverfalls, der sich in der zeitgenössischen Literatur im Dritten Reich breit macht. Deutsch (Deutschland), preußisch (Preußen) etwa mutieren nun aus Sachbezeichnungen zu Wertbegriffen und erhalten die Bedeutung von besser als alles, was eben nicht deutsch / preußisch ist. Seines Deutschtums bewusst geworden, erkennt sein Protagonist, dass „das Deutsche [...] doch das Bessere [sei], das er seinen Leuten anempfehle“ und im mehrsprachigen Grenzland nun peinlich darauf achtet, „daß keine Spuren einer Zweisprachigkeit, einer Zwiespältigkeit Zweifel über [ihre] nationale Zugehörigkeit“ aufkommen. Welten trennen schon Scholtis’ Sicht der Problematik des Zusammenlebens in einer multinationalen Gesellschaft, wie er sie in der Mährischen Hochzeit präsentiert, von seinen diesbezüglichen Positionen aus der Anfangsphase seines Schaffens. Der "deutsche Mensch" ist hier ein indiskutabler Wert an sich und für sich und seine Wertigkeit gründet sich lediglich auf die Reinheit seines Blutes. Diese Anschauung war eine Leitidee der sog. "völkischen Weltanschauung", die sich von daher auch "deutsche Weltanschauung" nannte.
Den Zweiten Weltkrieg begrüßte Scholtis mit zwei Veröffentlichungen: Friedrich in Kamenz (1939) und Die Wache des Hauptmann D., (1940), wovon die erstere – eine mit überanstrengter Symbolik operierende Heroisierung des "Preußengeistes" und dessen geglaubter Erweckung unter Hitler, dem neuen Friedrich dem Großen – zum auflagenstärksten Longseller Scholtis’ im Dritten Reich wurde und das zweite – eine martialisch-triumphalistische Apologie des Überfalls auf Polen – sein unrühmlicher Beitrag zur mentalen Mobilmachung und beispiellosen Kriegsverklärung war. Entgegen der Schreib- und Druckverbot-Legende, zu der Scholtis nach dem Krieg das Ostwind-Verbot geschickt umstilisierte, muss die Zeit des Dritten Reiches als die produktivste Phase in seiner ganzen schriftstellerischen Laufbahn bezeichnet werden. Die Intensität, mit der er damals publizierte, konnte er später nie mehr erreichen.
Auf Friedrich in Kamenz und Die Wache des Hauptmann D. in diesem Kontext hinzuweisen, ist nicht so sehr deshalb wichtig, weil sie den Höhepunkt des schon unumwundenen ‚braunen’ Engagements des Schriftstellers markieren, sondern darum, weil sie als notwendige Negativfolie für seinen gleich nach dem Krieg erfolgten diesbezüglichen Wandel herangezogen werden müssen, als er sie mit Die Fahnenflucht und Die Zauberkrücke (beide 1948) a rebours neu schrieb.
In der ersten dieser umfangreichen Novellen (die eher Kleinromane sind) hebt Scholtis seine frühere Heroisierung der friderizianischen Tugenden auf und entlarvt sie nunmehr als soldatisches, sinnentleertes, mechanisiertes und menschenfeindliches Preußentum. In der zweiten erhebt er eine vehemente politische Anklage des Dritten Reiches (im Jahre 1948!) und der mentalen Verfassung der Deutschen nach dem verlorenen Krieg. Der Impetus dieser Anklage gegen das Nazi- und unmittelbare Nachkriegsdeutschland speiste sich vornehmlich aus zwei Quellen: aus dem unterdrückten Unbehagen an seiner ehemaligen Anbiederung an das soeben in die Knie gezwungene Regime sowie aus dem auf der gewandelten Sicht des nazistischen Regimes und der Folgen von dessen Herrschaft für Deutschland und die Deutschen gegründeten Schock über ihre „Unfähigkeit zu trauern“ (A. u. M. Mitscherlich). Als passionierter Ankläger der nazistischen Denkschemata wurde er zwangsläufig zum kompromisslosen Kritiker der restaurativen Tendenzen in der Adenauerschen Republik, so in seiner Autobiographie Ein Herr Aus Bolatitz (1959). Mit seinen neuen diesbezüglichen Einsichten und Positionen handelte sich Scholtis die dezidierte Feindschaft der Vertriebenenverbände (denen er politische Ewiggestrigkeit und Kaltes Kriegertum vorwarf) und politische Sympathien in Warschau und Prag ein, die mit offiziellen Einladungen in die Tschechoslowakei (1959 und 1961) und nach Polen (1961) honoriert wurden. In den 50er Jahren entwickelte sich Scholtis nämlich zu einem kühnen und in der westdeutschen Öffentlichkeit beachteten Wegbereiter und Befürworter des Dialogs und der Versöhnung mit Polen und der Tschechoslowakei. Dabei ging es ihm nicht allein um die Überwindung des Traumas des Zweiten Weltkriegs. Er lernte den Sieg des sowjetischen Kommunismus in den beiden Ländern nicht nur als realpolitische Gegebenheit zu akzeptieren, sondern auch als den Modernitätsfaktor zu schätzen. In seinem zelotischen Fortschrittsglauben schenkte er dabei dem nationalen, kulturellen und rein menschlichen Preis der kommunistisch vorangetriebenen Modernität keine Aufmerksamkeit. Scholtis wurde in den beiden Ländern besprochen (ja in der Tschechoslowakei trug man sich mit dem Gedanken, seine Autobiographie ins Tschechische zu übersetzen, und in Polen plante man die Publizierung seines Buches Reise nach Polen von 1962, was allerdings in beiden Fällen scheiterte) und selber bespräche er oft im deutschen Blätterwald polnische und tschechoslowakische Literatur, schrieb interne Verlagsgutachten. Seinem Ruf als Kenner der tschechischen Literatur und Sprache hatte er z. B. zu verdanken, dass ihm 1964 vom Berliner Schiller-Theater das in Prag erfolgreiche Stück eines jungen Autors, Václav Havel, Zahradní slavnost (Das Gartenfest) zur Übersetzung angetragen wurde. Mit der Verdeutschung des sprachlich und inhaltlich äußerst schwierigen, weil in hohem Grade von den idiomatischen und sprichwörtlichen Redensarten lebenden Stückes vollbrachte Scholtis eine künstlerische Glanzleistung. Havel gratulierte ihm zu seinem Können und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass die Person Scholtis’ „eine Garantie dafür [ist], daß das Stück in die besten Hände gekommen ist“ (Brief v.16.9.1964). In der Tat wurde die Berliner Uraufführung unter der Regie von Hansjörg Utzerath zu einem anhaltenden Erfolg Havels und leitete als erste Übersetzung des Tschechen in eine Fremdsprache seinen frühen internationalen Ruhm ein.
Um die Mitte der 60er Jahre aber war der Schriftsteller sowohl aus dem literarischen Bewusstsein der Zeitgenossen, als auch aus dem Buchmarkt längst verschwunden. Nach dem Polen-Bericht gelang ihm keine Buchpublikation mehr. Dem in jener Zeit in der westdeutschen Literatur ansetzenden Wandlungsprozess, der nicht nur die Literatur, sondern auch das Kulturleben schlechthin bald revolutionieren sollte, schaute der gealterte Schriftsteller entmutigt und kraftlos zu. Die Suche der Autoren nach neuen politischen und ästhetischen Literaturmodellen, die damals zu einer erheblichen Erweiterung des Literaturbegriffs führte, machte er nicht mehr mit. Scholtis’ Tod im Jahre 1969 blieb von der breiteren literarischen Öffentlichkeit unbemerkt. Mit geradezu prophetischem Weitblick konnte er aber gegen Ende seines Lebens im Jahre 1968 vor dem oberschlesischen polnischen Schriftstellerkollegen Rafal Urban Visionen eines befriedeten Mitteleuropas ausbreiten, die jetzt tatsächlich Wirklichkeit werden:
Am besten wäre es, wenn die [...] Deutschen [...], dazu die Österreicher, Ungarn, Tschechen, Slowaken und Polen eine gemeinsame Pädagogik anstrebten und ein gemeinsames Schulgesetz, im Austausch ihrer Sprachen als Pflichtfach für alle Kinder. Damit wäre der wasserpolackische Schimpf endlich ausgestanden und die geringste Scheune, die geringste Birke am Bach und der geringste Düngerhaufen davor geschützt, einmal germanisiert und dann hinwiederum polonisiert zu werden [...]. Als Europäer wünsche ich mir nichts sehnlicher als Vernunft auf beiden Seiten, und ein wenig Einsicht und Vernunft wäre wohl eine Verständigung möglich, denn ein magerer Vergleich ist immer besser als ein fetter Prozeß.
Literarische Preise: Literaturpreis der „Schlesischen Funkstunde“ (1927), Julius-Reich-Förderpreis (1932), Erzählpreis der „neuen linie“ (1937, 1938, 1939), Georg-Westermann-Preis (1948), Der Ostdeutsche Schrifttumspreis (1959), Villa Massimo-Stipendium (1965).
August Scholtis war Mitglied der Reichsschrifttumskammer (1934-1945), des Kulturbunds zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands (1946-1949), der Künstlergilde e.V., Verband der heimatvertriebenen Kulturschaffenden, Esslingen (1948-1969), der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (1949-1969), der Berliner Akademie der Künste (1960-1969).
(Marek Zybura, Wrocław)