Mathias Zdarsky wird als erster und bedeutendster Vorkämpfer des Skilaufes, für dessen methodischen Ausbau und Massenverbreitung in ganz Mitteleuropa angesehen. Er kam im mährischen Koschichowitz unweit von Trebitsch als zehntes Kind eines Müllers[1] zur Welt. Er wurde früh zur Halbwaise[2], wonach die Mutter mit den Kindern nach Trebitsch umzog. Aus seiner Kindheit ist bekannt, dass er mit zehn Jahren wegen eines durch eine Sprengkapsel verursachten Unfall das linke Auge verlor.
1881 absolvierte er die Realschule in Iglau, nachfolgend das Schulpädagogikum in Wien, wo er Unterlehrer wurde. Anschließend kam er als Lehrer nach Elsenreith (1881–1882) und in die Strafanstalt in Stein (1882-1883). Seinen künstlerischen Interessen folgend, ging er an die Kunstakademie München, wo er sich der Malerei und Bildhauerei widmete (seine Bücher illustrierte er selbst), und letztendlich führen ihn seine technischen Veranlagungen nach Zürich, wo er das Polytechnikum besuchte. Zur Weiterentwicklung seines künstlerischen Talentes bereiste er Bosnien, Tunis und sogar Südafrika.
1889 erwarb er einen Bergbauernhof in Marktl (Gemeinde Lilienfeld, Niederösterreich). 1891 inspirierte ihn das Buch Fridtjof Nansens Auf Schneeschuhen durch Grönland und Zdarsky ließ sich daraufhin Ski aus Dänemark schicken. In der traditionellen Form war aber der Ski für alpine Verhältnisse nicht geeignet, deshalb setzte er sich das Ziel, das Gerät für die heimischen Verhältnisse zu adaptieren, d.h. er änderte die Länge der Ski und konstruierte eine eigene Stahlsohlenbindung („Lilienfelder“), womit die Skier besser gesteuert werden konnten. Er versuchte mehrmals sein neues Patent anzumelden, was ihm schließlich am 31. März 1896 beim Wiener Patentamt gelang. Er musste sich den Verhältnissen entsprechend auch eine eigene Fahrtechnik aneignen, um das Unfallsrisiko zu mindern.
Am 19. März 1905 führte Zdarsky auf dem Muckenkogel bei Lilienfeld den ersten Torlauf der Skigeschichte durch, womit er der Begründer eines bedeutenden alpinen Wettbewerbes wurde.[3] Zahlreiche Artikel konnte man diesbezüglich in der ab 1905 erscheinenden Zeitschrift „Der Schnee“ lesen, dem Publikationsorgan des zwei Jahre früher von Zdarsky mitbegründeten Internationalen Alpen-Skiverein in Wien. Zdarsky wollte aus dem „Schneeschuh“ ein Volkserziehungsmittel machen und dadurch die Menschen „dem verderblichen Einfluss von Alkohol und Nikotin“[4] entziehen. Dazu richtete er offizielle Unterrichtsstellen ein, gab Kurse und verfasste eine Reihe von Schriften, die hauptsächlich der Jugenderziehung dienen sollten. Seine Dienste bot er ab 1908 auch dem österreichisch-ungarischen Militär an. Zuerst engagierte er sich als Skilehrer, später galt er als ein hochgeschätzter Lawinenexperte. Für seine Verdienste im Ersten Weltkrieg wurde ihm 1916 das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens verliehen.
Aus dem Krieg kam er als Invalide zurück, nachdem er 1916 bei einer Bergung an der Kärntner Front von einer Lawine erfasst worden war und zahlreiche Knochenbrüche und innere Verletzungen erlitten hatte. Die Rekonvaleszenz dauerte acht Jahre an, während dessen er sich der Skifahrttheorie und dem Schreiben widmete. Zu seinem 75. Geburtstag wurde ihm durch den österreichischen Bundespräsidenten Wilhelm Miklas (1872-1956) das Goldene Ehrenzeichen für besondere Verdienste um die Republik verliehen. Nachdem sich sein Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert hatte, zog Zdarsky ins Hotel Pittner in Sankt Pölten um, wo er am 20. Juni 1940 starb. Vier Tage später wurde er in einer Grabstätte am Waldesrand auf seinem Besitz bestattet.
Außer Sportlehrbüchern über Schifahren und Alpinismus (sein Ski-Lehrbuch war das erste in Mitteleuropa; bis 1925 in 17 Auflagen erschienen) und kürzeren Abhandlungen zur Kunst oder Ökologie verfasste er auch rein belletristische Werke. Zu diesen zählt auch Das Wandern im Gebirge (1925), eine neunteilige Wanderbeschreibung, die außer den acht „Ausflügen“ – wie die einzelnen Kapiteln benannt sind – eine kleine Kritik der Gehtechnik von Stadtbewohnern unter dem Titel Das Gehen in der Stadt. Eine kleine Plauscherei beinhaltet. Das Motto des gesamten Buches, das auch im Vorwort erscheint, lautet: „Das Wandern im Gebirge ist ein Labsal für Geist und Körper!“. Der Ich-Erzähler, ein anonymer Hofrat, unternimmt mit einem Bergführer namens Halodri also acht Ausflüge in die Berge, wobei er manchmal von seinen Freunden, dem Arzt Helmut und dem Richter Richard, begleitet wird. Halodri ist ein 60jähriger Bergmensch, der „Gscheit, stark, ehrlich und ganz besonders ein Spezialist in allen Kniffen des Bergwanderns. [ist…] Er geht niemals in ein Wirtshaus, trinkt keinen Alkohol, raucht nicht, aber die Leute haben alle eine gewisse Scheu vor ihm.“[5] Seine im starkem Dialekt der Voralpenbewohner geführten Gespräche bzw. didaktisch ausgerichteten Monologe bilden den Hauptkern der einzelnen Geschichten und sollen die Leserschaft auf eine ungezwungene und lustige Art und Weise hauptsächlich über die Theorie des Gehens bzw. des Bergwanderns informieren.
Zdarsky war ein lebenslanger Verfechter gesunder Lebensweise, die um die Jahrhundertwende große Popularität in allen Schichten der Gesellschaft hatte. Seine überzeugte Einstellung zur gesunden Lebensweise druckte er im schmalen, von Österreichischer Sport- und Turnverwaltung 1937 in Wien ausgegebenen Büchlein mit dem Titel Falsche Lebensgewohnheiten aus, in dem er seinen Beitrag zur Verbesserung der Volksgesundheit darlegte. Im leichten Ton berichtet er über richtige Atemtechnik, gesunde Trink- und Essgewohnheiten, Sport- und Arbeitskultur und letztendlich über das richtige Maß fürs Ausruhen und für die Körperpflege, wobei jedes Kapitel mit ausführlichem Fotomaterial begleitet wird.
Noch zu Lebzeiten wurde er Ehrenmitglied des berühmten englischen Kandahar-Skiclubs und anlässlich seines 50. Todestages gab die Österreichische Post- und Telegraphenverwaltung 1990 eine Sonderpostmarke aus. Zu seinen Ehren organisiert der Trebitscher Skiverein seit 1993 alljährlich unter Mitwirkung der Gemeinde Koschichowitz und der Stadt Trebitsch Mitte September das „Mathias-Zdarsky-Rennen“ und Mitte Januar das „Memorial Mathias Zdarsky CUP“, die sich beide zu beliebten Sportveranstaltungen entwickelt haben.[6]
Petra Knápková
[1] Koschichowitz Nr. 5, Vater: Johann Zdarsky, Mutter: Josefa Eigel.
[2] Johann Zdarsky, * 1810 - † 23.3.1857, gest. an Auszehrung.
[3] Mehl, Erwin: Zdarsky-Festschrift zum 80. Geburtstage des Begründers der alpinen Schifahrweise. 25. Feber 1936. Deutscher Verlag für Jugend und Volk Wien 1936.
[4] Hain, Josef: Math. Zdarsky – 75 Jahre. In: Igel-Land (Februar 1931), S. 5-6.
[5] Zdarsky, Mathias: Das Wandern im Gebirge. Berlin 1925, S. 35.