Der Schulmann und Schriftsteller Eugen Netoliczka war ein begeisterter Journalist und Gründer mehrerer Wiener Zeitungen und Zeitschriften. Er wurde in Iglau als Sohn eines Offiziers geboren. An der Wiener Universität belegte er die Fächer Naturwissenschaft und Jus und promovierte 1847. Weil er an der Revolution von 1848 als Legionär teilnahm, blieb ihm nach einem Prozess, bei dem er vom späteren Minister Karl Giskra (1820 - 1879) verteidigt wurde, zunächst der Staatsdienst versperrt. „Er trat für ein freies, konstitutionelles Österreich ein und wurde im September 1850 suspendiert, [...].“[1] Unmittelbar im Anschluss freigesprochen, ließ er von seinem zeitweiligen Vorhaben, Arzt zu werden, ab. Das Berufsverbot führte ihn dazu, die schon früher begonnene journalistische Tätigkeit fortzusetzen und zusammen mit seinem Cousin Tobias Karl Koschich[2] die in täglicher Auflage von 1000 bis 8000[3] Exemplaren erscheinende Zeitschrift „Der Gemäßigte“[4] (1849 umbenannt in „Österreichische Nationalzeitschrift“) zu gründen, um den „allzuheftigen Uebergriffen der Radicalen entgegenzutreten“[5]. 1851 folgte er einem Ruf an das Staatsgymnasium in Brünn, wo er Physik und Naturgeschichte, nach bestandener Lehramtsprüfung auch Mathematik, Geschichte und philosophische Propädeutik unterrichtete. 1856 wurde er an das Troppauer Gymnasium berufen, ging aber nach Graz, um eine Lehrerstelle für Physik an der Landesoberrealschule zu bekleiden. In Graz blieb Netoliczka bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand 1884 und wirkte dort auch an der Kadettenschule sowie als Mitglied des steiermärkischen Landesschulrates. Am 28. September 1889 erlag er in Graz einem schweren Herzleiden.[6]
Netoliczka betätigte sich auch im Dienste der Volksbildung und war Verfasser verschiedener Unterrichtsbehelfe für Zoologie, Botanik, Mineralogie und Stereometrie, sowie einer Enzyklopädie der für die Prüfungen der Einjährig-Freiwilligen notwendigen Wissensgebiete.[7] Mit seinen Schriften deckte er auch solche Fächer wie Mythologie und Literatur ab, sein Interessierte galt aber auch der Astronomie. Einige seiner Lehrbücher wurden ins Slowenische, Kroatische, Tschechische und Schwedische übersetzt. Noch in Brünn gab er 1852 unter Mitredaktion Josef Nawratils und M.H. Pragers im Verlage von Buschak&Irrgang die „Jugend-Zeitschrift zur Förderung moralisch-religiöser und intelectueller Bildung“ heraus, die poetische und prosaische Beiträge enthielt. Zu den Mitarbeitern gehörten u.a. die Schriftsteller Franz Isidor Proschko[8] und Ludwig Goldhann[9]. 1862 wurde Netoliczka Leiter der im selben Jahr gegründeten Grazer Zeitschrift „Hoch von Dachstein“[10], die dort in Tanzers Verlag nur ein Jahr lang erschien.
Neben seiner Lehrer- und Journalistentätigkeit verfasste Netoliczka unter dem Pseudonym E. Netlitz „warm empfundene Gedichte“[11] und mehrere Possen, die auch aufgeführt wurden. Von den erfolgreichsten sind die Stücke „Pst!“ (in Graz und im Wiener Treumanntheater aufgeführt), „Ohne Protection“ und „Er muß in den Frack“ zu nennen, die alle zur Aufführung gebracht wurden und „sich großen Heiterkeitserfolges beim Publikum“[12] erfreuten.
Das heitere Lustspiel „Er muß in den Frack“ wurde unter großem Beifall am Grazer landschaftlichen Theater uraufgeführt. Die verwickelte Handlung voll von traditionellen Motiven und zu Missverständnissen führenden Verwechslungsszenen spielt 1859 auf dem Landgut Simplicius Reichsteins. Reichstein hat zwei heiratsfähige Töchter Pauline und Emilie, sowie den allgegenwärtigen und alles infragestellenden Diener Cyprian. Der Heiratswerber Chevalier de Schutzberg entpuppt sich als ein berechnender, auf Reichsteins Vermögen zielender Spekulant und der eben promovierte Vetter Julius Feldmann oszilliert als potentieller Bräutigam zwischen den beiden Schwestern. Pauline liebt aber den Husaren-Lieutenant Marsheim, und den Cousin, der schließlich aus Liebe seine strengsten Lebensprinzipien aufgibt, bekommt Emilie „in den Frack“.
Überaus ernst und von tiefer Loyalität zum österreichischen Herrscherhaus erfüllt ist der Einakter „Ein Fürstenherz“, der anlässlich des Geburtstags von Franz Josef I. am 18. August 1853 verfasst und in Brünn im Selbstverlag herausgegeben wurde. Die Gerechtigkeit und Güte des Kaisers wird anlässlich einer Durchreise durch ein kleines Dorf gezeigt, wo gerade der unglückliche Landwirt Mathias Treuhauser seinen 70. Geburtstag feiert. Sein Sohn Franz sitzt im Gefängnis und seine Tochter Liese kann ihren Geliebten Friedrich nicht heiraten, weil er kaiserlicher Offizier und deshalb für ein einfaches Dorfmädchen unerreichbar ist. Durch die Gnade des Kaisers, der von allem erfährt, wird Franz freigelassen und Liese erhält die Heiratserlaubnis. Auch wenn man innerhalb dieses kurzen Stückes auf völlig belanglose und pathetische Szenen stößt, werden sie in den Dialogen zwanglos dargeboten und wirken nicht verkrampft.
In stark patriotischem Ton sind auch die Gedichte in der Sammlung „Aus der Seele“ geschrieben („Erwach´ mein edles deutsches Volks“, „O deutsche Eiche stehe fest“), in denen lyrische und epische Anklänge zu finden sind, „hübsche Naturbilder wechseln mit Stimmungsbildern ab und manches kurze erzählende Poem spricht tief zu Herzen.“[13]
Für seine Verdienste im Bereich des Schulwesens wurde Netoliczka die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen, am 15. September 1869 dann das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens und der großherzoglichen Mecklenburg-Schwerinsche Hausorden der wendischen Krone.
[1] Beyer, Otto Wilhelm: Deutsche Schulwelt des 19. Jahrhunderts in Wort und Bild. 1902-1903.
[2] Tobias Carl Koschich, Ps. Theobald (27.4.1829 Iglau – 6.1.1908 Wien), Journalist.
[3] Schlossar, A.: Prof. Dr. Eugen Netoliczka (Zur mähr.-schl. Biographie 283.). In: Notizenblatt der histor. stat. Section (1890), S. 52-55.
[4] Der Gemäßigte. Tageblatt für Politik und Interessen des Vaterlandes (Wien), Hg. J.Singer; (1848-49).
[5] Schlossar, A.: Prof. Dr. Eugen Netoliczka (Zur mähr.-schl. Biographie 283.). In: Notizenblatt der histor. stat. Section (1890), S. 52-55.
[6] Er hinterließ eine Gattin, eine Tochter und einen Sohn. Bei seinem Leichnam trauerten seine zwei Schwestern; sein Bruder fiel als Hauptmann 1866 bei Náchod.
[7] Nemetz, Wolfgang: Iglauer Persönlichkeiten. In: Mährischer Grenzbote 26./128.Jg. Folge 6 (Juni 1976), S. 2.
[8] Franz Isidor Proschko (2.4.1816 Hohenfurth – 6.2.1891 Wien), Jurist und Schriftsteller.
[9] Ludwig Goldhann (8.12.1823 Wien – 18.1.1893 Brünn), Schriftsteller.
[10] Hoch von Dachstein. Illustriertes Wochenblatt für Wissenschaft und Belletristik (Graz), 1862.
[11] Schlossar, A.: Prof. Dr. Eugen Netoliczka (Zur mähr.-schl. Biographie 283.). In: Notizenblatt der histor. stat. Section (1890), S. 52-55.
[12] Ebda.
[13] Ebda.
Schulmann, Schriftsteller und Journalist Eugen Netoliczka wurde am 18. April 1825 in Iglau geboren. An der Wiener Universität studierte er Naturwissenschaften und Jus. Nach dem Studium widmete er sich der journalistischen Tätigkeit, unter anderem gründete er die Zeitschriften „Der Gemäßigte“ und „Jugend-Zeitschrift zur Förderung moralisch-religiöser und intelectueller Bildung“. Seit 1851 unterrichtete er Physik und Naturgeschichte an dem Staatsgymnasium in Brünn. 1856 ging er nach Graz, um eine Lehrstelle für Physik an der Landesoberrealschule zu bekleiden. Er wirkte dort auch an der Kadettenschule sowie als Mitglied des steiermärkischen Landesschulrates. Am 28. September 1889 erlag er in Graz einem schweren Herzleiden.
Netoliczka betätigte sich auch im Dienste der Volksbildung und war Verfasser verschiedener Unterrichtsbehelfe für Zoologie, Botanik, Mineralogie und Stereometrie. Einige seiner Lehrbücher wurden ins Slowenische, Kroatische, Tschechische und Schwedische übersetzt. Für seine Verdienste im Bereich des Schulwesens wurde Netoliczka z.B. die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen.
Unter dem Pseudonym E. Netlitz verfasste Netoliczka z.B. „warm empfundene Gedichte“ oder Gedichtsammlung „Aus der Seele“, die in stark Patriotischem Ton geschrieben sind. Zu seinen bekanntesten Lustspielen gehören „Pst!“, „Ohne Protection“ und „Er muß in den Frack“. Der Einakter „Ein Fürstenherz“, verfasst anlässlich des Geburtstags von Franz Josef I. am 18. August 1853, drückt tiefe Loyalität zum österreichischen Herrscherhaus aus.