Unter dem Pseudonym Robert Schild bzw. A. Mailust publizierte Adolf Foglár, der in Wien am 7. März 1822 als Sohn eines k. k. Rechnungsarztes geboren wurde. Seine gesamte Ausbildung bekam er in seiner Geburtsstadt, wo er auch das Jurastudium beendete. Danach trat er als Praktikant beim Wiener Magistrat ein, bevor das Jahr 1848 „in ihm den kriegerischen Geist"[1] weckte, sodass er sich als Freiwilliger zu den steirischen Alpenjägern meldete. Später diente er im 3. steiermärkischen Schützenfreibataillon, welches sich bis März 1849 an der Belagerung von Venedig beteiligte.[2] Er wurde Offizier, kam 1849 zum 16. Infanterie-Regiment der kaiserlichen Armee und Anfangs der 50er Jahre als Oberleutnant nach Iglau, wo er seine nachmalige Gattin Karoline Rambousek kennenlernte.[3] In 1854 legte er die Staatsprüfung ab, um Ratssekretär und später Richter beim Komitatsgericht im damals ungarischen Trentschin zu werden. Dort blieb er bis 1860, als die deutschen, in Ungarn angestellten, Beamten allgemein entlassen wurden, siedelte dann nach Korneuburg um und wurde dort Landgerichtsrat. 1873 wechselte er als Oberlandesgerichtsrat nach Steyr, lebte eine Zeit lang in Ried in Oberösterreich, bevor er sich nach seiner Pensionierung 1887 in Iglau niederließ. Dort starb er an Lungenentzündung am 27. Juli 1900 um 4 Uhr früh, einige Monate nach seiner Lebensgefährtin, und wurde am 29. Juli nachmittags auf dem städtischen Friedhofe bestattet.
Foglár wurde „durch Gedichte, kleinere Novellen und Reiseskizzen über Deutschland"[4] bekannt, die er schon seit 1842 in verschiedenen Zeitungen und Almanachen, besonders in den Wiener „Sonntagsblättern"[5] veröffentlichte. 1846 erschien in dieser Zeitung die humorvolle Reiseskizze „Aus meinem Wanderbuche", die stark autobiographische Züge aufweist. Es wird von einem Offizier erzählt, der eine längere Reise durch Österreich unternimmt, während der er viele Menschen trifft und ihre Schicksale erfährt. Das Ganze ist in einem leichten, manchmal ironischen Ton geschildert, ab und zu kommen kürzere Verse vor.
Mit Camillo Hell, eigentlich Camillo Schlechta von Vschehrd[6], beteiligte er sich an der Redaktion und Herausgabe des politisch-literarischen Tagblattes „Gold und Larve"[7], das unter dem Freiheitsmotto „Weh´ dem, der lügt!" erschien, wobei er in der ersten Nummer seine Aufsätze als A. Mailust unterzeichnete. Hauptmitarbeiter dieser Zeitung war u.a. Cajetan Cerri[8], dessen Beiträge gemeinsam mit denen von Foglár und anderen Zeitgenossen in der Sammlung von Dichtungen aus dem Jahre 1848 mit dem Titel „Der Wiener Parnaß" (Hg. vom Freiherr von Helfert, Wien 1882) veröffentlicht wurden. Aus Foglárs Werk werden drei Gedichte aufgenommen. Als erstes erschien „Ex Ponto", ein Gedicht, das unter dem aus Friedrich Schiller „Wilhelm Tell" übernommenen Motto „Und ich mußte ferne sein!" eine „Klage an die Seinen in der Kaiserstadt"[9] stehen sollte. Vielmehr scheint es aber um eine bedauernde Entschuldigung zu gehen, die an Foglárs Kampfkollegen aus den Märztagen gerichtet ist. Neben der „Dichterpflicht", die den Dichter auffordert, im Namen der Revolution zu schreiben, findet man noch das stark ironische bis sarkastische „Früh- und Abend-Gebet aller Schwarzgelben", das auch „Das Vater Unser der Aristokraten und Fürstenknechte" genannt wird und das Foglárs politische Gesinnung widerspiegelt.
Foglár war aber vor allem Erzähler. Seine erfolgreichsten Erzählungen erschienen in „Unterwegs. Erzählungen und Novellen" 1862 in Leipzig und Wien und erneut in dem zweibändigen „Novellenbuch" vom 1863, das er mit seinem berühmteren Bruder Ludwig[10] verfasste.
Der zweite Teil dieser Sammlung beinhaltet die Novellen „Die Griechin" und „Das gefährliche Lied", die später noch 1889 für die von Hermann Weichelt herausgegebene Reihe „Deutsch-österreichische National-Bibliothek" ausgewählt wurden. Beide genannten Novellen weisen sowohl formal als auch inhaltlich das Muster eines Dramas auf. Man findet grobe Übergänge von einem Ort zum anderen, oder deutliche Dramenanweisungen, die in der Handlung statisch wirken: „In dem Prachtsaale der königlichen Burg finden wir die bereits bekannten Personen wieder, nebst den Großen des Reiches, Alle des Erscheinens der Prinzen harrend und scheu die nächsten ungewissen Ereignisse besprechend." (Die Griechin, S. 9) Oft werden wichtige Passagen gekürzt oder ganz ausgelassen und die krampfhaft eingesetzten Nacherklärungen wirken unangebracht. „Die Griechin" ist nach Stoff, Thema und Handlungsvorgang den antiken Dramen verpflichtet. Die thematische Einsetzung von Liebe, Hass und Eifersucht und die Sucht nach Ehre und Rache dienen hier als Schlagworte. Nach dem Tod des Herrschers von Tiflis entscheiden seine Nachfahren, den 10jährigen Abdonis zum König zu wählen. Die beiden älteren Brüder Rustan und Kosroë und ihre griechische Gefährtin Olympia sollen dem jungen König einig zu Rate stehen. Dieser Plan geht aber nicht auf, denn durch List des Kriegsobersten Orkhan wird Abdonis getötet, die Schuld fällt auf die drei Ratgeber und dadurch entsteht unter ihnen Uneinigkeit. Das nutzt auch der Priester Medis aus und beschuldigt Rustan des Mordes, um den ihm geneigten Kosroë zum König zu machen. Alles klärt sich, als Komaris, Olympias Bruder, gesteht, dass er der Mörder sei, er hätte es aus Liebe zu Orkhans Tochter Afra getan. Die griechische Heldin Olympia opfert sich am Ende und wählt mit ihrem Bruder und Afra den Weg der Verbannung. Trotz allen unverständlichen Beschreibungen und Handlungsvorhaben sollte man einen Versuch um die Psychologisierung der Figuren loben, ihre Gemütsbewegungen werden ausführlich charakterisiert, ihre Charaktere werden aber während ihres Werdegangs durch die ganze Geschichte unausgeglichen geschildert, wodurch die Handlung als zu kompliziert erscheint.
Die zweite Novelle, „Das gefährliche Lied", ist im Vorwort mit einer biographischen Einleitung versehen, woraus man erfährt, dass sie und „Die Griechin" von der damaligen Kritik „als seine schönsten und trefflichsten erzählenden Dichtungen"[11] bezeichnet wurden. Die Handlung dreht sich um den Bürgermeistersohn Wolfgang Stein, der 1848 zu 6 Jahren Kerker verurteilt wurde, weil man bei ihm ein politisch verdächtiges Gedicht fand, das aber nicht aus seiner Feder stammte. Nach drei Jahren wird er begnadigt, kommt nach Hause, um sich von seinem strengen Vater Vergebung zu erbitten. Das gelingt erst, als der Bürgermeister selber erfährt, wie es ist, angeklagt zu werden, ohne schuldig zu sein. Außerdem stellt sich heraus, dass der Verfasser des Liedes Capitän Ternau, der Bräutigam von Wolfgangs Schwester Walpurga ist. Weil die Geschichte aber schon verjährt ist, wird keine andere Strafe mehr erteilt, Ternau entschuldigt sich und alle Familienangehörige leben glücklich in der Fremde. Der Autor ging auch bei diesem Text formal wie bei der „Griechin" vor, wählte das Thema der Schuld und der verlorenen und wiedergewonnen Ehre.
Beide Novellen deuten darauf hin, dass sich Foglár auch dem Drama widmete, aber seine Stücke nicht zur Aufführung gebracht wurden. In den „Verworfenen Schauspielen", die von Ludwig Foglár 1847 herausgegeben wurden, sind Stücke gesammelt, die von den Theaterdirektionen zurückgewiesen worden waren. Das betrifft z.B. das historische Trauerspiel „Walter von Kastelen" oder das fünfaktige Lustspiel „Der 5. Oktober des Jahres 1572".
Im Nekrolog, der im Mährischen Grenzboten abgedruckt wurde, wird Foglár als „ein Repräsentant des alten gutdeutschen Oesterreicherthums, ein Gesinnungsgenosse und intimer Freund Grillparzers" bezeichnet. In der Tat lernte Foglár Franz Grillparzer im Jahre 1839 kennen und seitdem stand er mit ihm in einem regen persönlichen und brieflichen Kontakt. Bruchstücke aus diesen Unterredungen und aus der 34 Jahre andauernden Korrespondenz (vom 5. Dezember 1838 bis 12. September 1871) veröffentlichte Foglár 1891 in „Grillparzers Ansichten über Literatur, Bühne und Leben"[12]. Diese Arbeit fand überaus positive Aufnahme in der Presse; 1902 bewertete sie Foglárs Landsmann Josef Trübwasser in seinem Aufsatz „Zum Grillparzertage" in den „Neuen Bahnen" sehr lobend, genauso wie ein anonymer Kritiker im „Mährischen Grenzboten", der sie jedem empfiehl, „weil sie einen Schlüssel zu der vielfach verkannten Persönlichkeit Grillparzers bieten."[13]. Weil aber die Korrespondenz aus Rücksichtsgründen zu den noch lebenden Persönlichkeiten, von denen in den Briefen und Gesprächen die Rede ist, nicht komplett abgedruckt werden konnte, deutet der Herausgeber eine zukünftig vollkommenere Ausgabe an. In dieser Hinsicht muss man aber Foglár vorwerfen, dass die von ihm gewählten Auszüge völlig zusammenhanglos erscheinen. In einigen Fällen ist es sogar fast unmöglich einen Bezugspunkt zu finden. Neben Aussagen über das Werk Foglárs, äußert sich Grillparzer in den Auszügen aus seinen Briefen zu dem deutschen, italienischen, spanischen und englischen Schrifttum seiner Zeit, aber auch zu längst verstorbenen Dichtern, wie Shakespeare, Lope de Vega, den er sehr hoch schätzt, ferner Schiller und Goethe. Historische Stoffe zu wählen sei veraltet, die deutsche Poesie seiner Zeit sei ihm „noch verächtlicher als die Censur. Was soll denn diese Begriffspoesie und diese ewigen Freiheitslieder? Mit ihrer miserablen Freiheit!" (S. 14) Seine Meinungen, witzige und oft sehr kritische Äußerungen über das zeitgenössische Theaterwesen, betreffen nicht nur die Schauspielerkunst, sondern auch den Geschmack des Publikums; ansonsten findet man seine Ansichten zum politischen Geschehen in Preußen und in Österreich, die nach 1848 in Pessimismus umkippen.
[1] *(Adolf Foglar †) [Ortsneuigkeiten]. Mährischer Grenzbote (29. Juli 1900), S. 4.
[2] Wurzbach, Constantin von: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. 60 Bde. 1856-91. Bd. 4, S. 275-276.
[3] „[…] eine Schwester des Herrn k. u. k. Majors Rudolf Rambousek, Edlen von Rautenfels […].“ In: *(Adolf Foglar †) [Ortsneuigkeiten]. In: Mährischer Grenzbote (29. Juli 1900), S. 4.
[4] Wurzbach, Constantin von: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. 60 Bde. 1856-91. Bd. 4, S. 275-276.
[5] Sonntagsblätter (Wien), hrsg. von Ludwig August Ritter von Frankl-Hochwart; 1842-1848; weiter unter Wiener Sonntagsblätter.
[6] Camillo Karl Adam Franz Freiherr Schlechta von Wssehrd (24.12.1822 Wien – 3.2.1880 Wien), (Ps. Camillo Hell) Schriftsteller.
[7] Gold und Larve. Politisch-literarisches Tagblatt, hrsg. von C. Hell und A. Mailust (Adolf Foglár); Nr. 1 (16. Juli 1848) – Nr. 13.
[8] Cajetan Cerri (26.3.1826 Bagnolo bei Brescia – 27.5.1899 Wien bzw. Karlsbad), Sprachlehrer und Beamter.
[9] Helfert, Joseph Alexander Freiherr von: Der Wiener Parnaß im Jahre 1848. Wien 1882.
[10] Ludwig (Stephan) Foglár (24.12.1819 Wien – 15.8.1889 Kammer am Attersee), (Ps. Leberecht Flott) Jurist, Angestellter der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft in Wien, Schriftsteller.
[11] Vorrede in: Foglár, Adolf: Das gefährliche Lied. Dr. Hermann Weichelts Verlag: Reichenberg 1889.
[12] Im Nachdruck 2012 erschienen.
[13] Kunst und Wissenschaft. In: Mährischer Grenzbote (29.2.1872), S. 2.