Carl Meinhard entstammt einer jüdischen Familie. Er wurde am 28. November 1875 in Iglau geboren. Einige Nachschlagwerke führen als Geburtsjahr 1866 an, was aber nach den weiteren Lebensdaten eher als unwahrscheinlich erscheint. Auch über seine Eltern ist nicht viel bekannt und das Verhältnis der Familie zu Iglau bzw. die Tatsache, dass Carl Meinhard in Iglau geboren wurde, blieb bislang ungeklärt. Aus den überlieferten Informationen kann man entnehmen, dass der Vater noch vor 1906 starb, die Mutter, geborene Dub, erst nach 1928 und zwar in Prag. Meinhard hatte einen jüngeren Bruder, der auch schauspielerisch tätig war und als Lehrer und Pianist arbeitete. Dieser wurde entweder in einem KZ im Zweiten Weltkrieg umgebracht oder kam in Berlin bei der Vernichtung der Synagoge in Berlin-Weißensee ums Leben.
Meinhard genoss eine näher nicht beschriebene Ausbildung in Prag und betätigte sich zuerst als Schauspieler bzw. Charakterdarsteller an den Theatern in Reichenberg, Wien und Hamburg. Mit zwanzig Jahren ging er nach Berlin, wo seine stürmische Theaterlaufbahn anfangen sollte.
In den Jahren 1898-99 wirkte er erst als Volontär unter der Theaterleitung des bekannten Berliner Theaterkritikers und Regisseurs Otto Brahms am Lessing-Theater in Berlin, dann als Brahms Stellvertreter; in dieser Zeit nahm er Kontakt mit dem Komponisten Emil Nikolaus Freiherr von Reznicek und Rudolf Bernauer auf, um mit ihnen eine rege Mitarbeit zu pflegen. Meinhards schauspielerische Kunst wurde hoch geschätzt und er wurde oft für Hauptrollen besetzt. Hermann Bahr bezeichnete ihn als einen „drastischen Darsteller, in Masken erfahren, manchmal ein bisschen an Reinhardt erinnernd.“ (Glossen, 1907) Das Brahmsche Theater war zu dieser Zeit „das nach Reinhardt beste Theater Berlins“ (Rühle, Günther: Theater für die Republik 1917 bis 1933 im Spiegel der Zeit. Berlin 1988, S. 22) und Meinhard sammelte hier Erfahrungen, die er dann später während seiner eigenen Theaterleitung nutzen konnte. Rudolf Bernauer war jahrelang Meinhards engster Freund und Kollege. Er wurde am 20. Januar 1880 in Wien geboren und begann seine Karriere am Deutschen Theater in Berlin. Bald schloss er sich mit Meinhard zu einer erfolgreichen künstlerischen Tätigkeit zusammen, die 1933 mit dem Fluchtversuch nach Prag endete.
Gemeinsam mit Rudolf Bernauer war Meinhard 1901-05 Leiter des Kabaretts „Die Bösen Buben“, dessen Fortsetzung ab 1905 „Bösen-Buben-Bälle“ genannt wurde. Es ging jährlich um zwei bis drei Vorstellungen kritisch-parodistischer Art vor geladenem Literaturpublikum, die regelmäßig reichlich besucht wurden. Die Zusammenarbeit mit Bernauer war überaus ergiebig und produktiv. „Bernauer und Meinhard waren glänzende Parodisten und auch Meister in der Kunst der Maske.“ (Hösch, R.: Kabarett von gestern. Berlin 1969, S. 86) Sie produzierten u.a. Nachahmungen von Kabarettstücken wie „Schall und Rauch“ (Hösche, S. 77), was leider durch keine Überlieferungen bezeugt werden kann. „Leider sind viele der Satiren nicht mehr im Wortlaut überliefert, […].“ (Hösch, S. 87)
In diese Zeit fallen auch die Anfänge der Mitarbeit mit Leopold Wulff, dem Redakteur der „Lustigen Blätter“, und dem Kapellmeister des Metropol-Theaters Leo Fall, die auf seine und Bernauers weitere Kunstgestaltung im weitesten Sinne einen starken Einfluss ausgeübt hatte.
Schon früher inszenierten die beiden in dem Berliner Theater in der Charlottenstraße Operetten und nach den Erfolgen der „Bösen Buben“ betrieben sie gemeinsam bis 1924 mehrere Berliner Theater. Sie mieteten um 1911 das Theater in der Königgrätzer Straße (das spätere Hebbel-Theater), dessen Bühne zu den erfolgreichsten Berlins gehörte, und ab 1913 traten sie als Besitzer bzw. Direktoren des Komödienhauses und des Theaters am Nollendorfplatz auf.
Außer dem Staatstheater und den Rheinhardt-Bühnen zählte dazu [zu den ernsthaften, auf Kunst bedachten Bühnen] das Lessing-Theater, das Barnowsky 1913 als Nachfolger von Otto Brahm übernommen hatte, die Bühne von Bernauer und Meinhard in der Königgrätzer Straße (die letzteren rüstete nach ihren großen Strindberg-Erfolgen zum Abbruch, Barnowsky schwankte zwischen Moderne und Startheater) und die Volksbühne am Bülowplatz. (Rühle)
Während seiner Tätigkeit in der Königgrätzer Straße förderte Meinhard Uraufführungen der meisten Stücke von Strindberg und Wedekind und brachte das Theater auf eine beachtliche künstlerische Höhe, wobei das Niveau der Aufführungen von der damaligen Kritik nicht immer positiv begutachtet wurde:
Damals bei Meinhard und Bernauer […] war alles zu sehr in Licht getaucht, alles zu stark Farbe und Kontur, als dass man sich im Traumland hätte versetzt fühlen können. Die zarten Übergänge von Alltag zu Traum waren nicht gefunden, und statt gebannt zu werden, statt mitzuträumen, starrte man entsetzten Auges in eine Welt, deren grelle Disonanzen quälten... (Ludwig Sternaux im Berliner Lokal-Anzeiger vom 14.12.1921 a propos Strindbergs Traumspiel)
Die künstlerische Arbeit in der Theaterbranche beschränkte sich bei Meinhard und Bernauer wegen ihrer organisatorischen Verpflichtungen und theater-technischen Auslastungen nicht. Beide arbeiteten weiterhin als Schauspieler, künstlerische Leiter, Regisseure und dann auch als Bühnenschriftsteller, wobei Meinhard auch auf Tschechisch in tschechischen Zeitungen oder Zeitschriften einige seiner Beiträge veröffentlichte. Außer Kabarettstücken schrieb er mit Bernauer Geschichten über den Kapellmeister Kreisler nach dem Leben E.T.A. Hoffmanns und seinen Erzählungen „Undine“ und „Kreisleriana“ bzw. dem Roman „Lebensansichten des Katers Murr“. Sie erschienen zuerst unter dem Titel Die wunderbaren Geschichten des Kapellmeisters Kreisler (1922) und Kreislers Eckfenster (1923). Sie wurden fürs Theater adaptiert und auch unter „Kreisleriana“ (Budzinski, Klaus: Die Muse mit der scharfen Zunge. Vom Cabarett zum Kabarett. München 1961) ein Bestandteil von Meinhards und Bernauers Repertoire. Als kürzere phantastische Melodramen wurden die Geschichten auf der Bühne mit Begleitung von Rezniceks Musik mit Motiven aus Mozarts „Don Juan“ und aus Hoffmanns musikalischen Kompositionen aufgefasst. Technisch griff dann später Erwin Piscator auf die Kreisleriana zurück und führte sie formal weiter. „Von Meinhard und Bernauer übernimmt Piscator die Erfindung der Kreislerbühne, wenn er sieben und mehr Schauplätze auf den beiden Turmgerüsten seiner Szene unterbringt und im Wechsel von Helligkeit und Finsternis verwendet.“ (Rühle)
Leider konnte keines von den genannten Werken eingesehen werden; der einzige Text aus der Feder Meinhards, der aufgefunden werden konnte, ist ein im „Blauen Heft“ der Freien Deutschen Bühne (4/1922-23, S. 81-84) publizierter Brief an Herbert Eulenberg, einen berühmten Schriftsteller und liberalen Theaterkritiker, der sich anscheinend zu wenig enthusiastisch zu den technischen Neuerungen in der neuen Aufführung der „Neuen Kreisleriana“ äußerte und ohne genügend scharfe Gegenposition gegenüber der damals überwiegenden „Diktatur eins Teiles der Theaterpresse“ auftrat. Der Brief ist eigentlich als Dankesbrief konzipiert und dient als eine ironische Reaktion auf den Konservatismus der damaligen Zeit von Seiten der Kritik.
Ende der 20er Jahre spannte sich Meinhards und Bernauers professionelles Betätigungsfeld auch auf die gerade expandierende Kinematographie, in deren Bereich sie an bedeutenden deutschen und ausländischen Filmen gemeinsam oder getrennt mitarbeiteten. Zum Zwecke der Filmaufführungen besorgten sie sich den Mozartsaal GmbH Berlin und zeigten dort u.a. den René-Clair-Film „Unter den Dächern von Paris“ (Frankreich, 1930) oder den Spielfilm „Voyage de noces“ (Österreich, 1932), zu dem Meinhard das Drehbuch bereitstellte, und andere mehr. Hier wurde auch 1930 die deutsche Premiere von Lewis Milestons „All Quiet on the Western Front“ vorgeführt, weshalb Meinhard von den Nazis dann später verfolgt wurde. (Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. München/New York/London/Paris 1983)
Von Anfang an versuchten sie Kontakt zu Mitgliedern aus dem Kreis um Max Reinhardt aufzunehmen, um mit dem inzwischen berühmt gewordenen Regisseur zusammenarbeiten zu können, wogegen sich Reinhardt wehrte. Zu einem künstlerischen Treffen kam es nie. „Meinhard hatte sich lange vergeblich um die Gunst des ´Magiers´ [Reinhardt] bemüht.“ (Budzinski, S. 81)
Im Jahre 1905 heiratete Meinhard die Wiener Schauspielerin Rosa Klaus, die um 1880 in Wien geboren wurde und 1.5.1957 in Buenos Aires starb. Dieser Ehe entstammte der 1906 geborene Sohn Wolfgang, der später mit seinem Vater nach Argentinien emigrierte. Schon 1907 ließ sich Meinhard scheiden und ging bald eine zweite Ehe mit der Schauspielerin Ludmilla Hell ein, wobei auch diese u.a. wegen seiner künstlerischen Belastung scheiterte. Genauso endete die dritte Ehe mit Ebba von Fock, mit der sich Meinhard um 1920 verehelichte, aber schon nach fünf Jahren scheiden ließ. Nach den bislang zugänglichen Angaben blieben die zwei letzten Ehen kinderlos.
Im Jahre 1924 mussten Meinhard und Bernauer ihre Direktion und die Verpachtung der Häuser während der Theaterkrise in den 20er Jahren aufgeben. Ende März 1933 wollten sie zusammen nach Prag emigrieren, was für Bernauer aber einen unglücklichen Ausgang hatte. Er wurde in Dresden verhaftet und konnte die Fahrt nicht fortsetzen. Er wurde später entlassen und kam 1935 nach London, wo er 1953 starb.
Nach seiner Ankunft in Prag gliederte sich Meinhard als Gastschauspieler in das Ensemble des Schauspielers und Bühnenautors Curt Goetz´ ein, das am neuen Deutschen Theater in Prag zu Hause war. 1934 gründete er den „Schutzverband deutscher Theaterleiter und Künstler aus der ČSR“ und vertrat dessen Vorstand.
"Das Blatt [Sozialdemokrat] verwies auf eine Vereinigung von Bühnenkünstlern tschechoslowakischer Staatsbürgerschaft, die sich im Frühjahr 1934 gebildet hatte, sich ´Schutzverband deutscher Bühnenvorstände und Bühnenkünstler aus der ČSR ´ nannte und das Ziel verfolgte, den aus Deutschland vertriebenen Künstlern tschechischer Staatsbürgerschaft die Arbeitsplätze im Inland zu sichern, die von den reichsdeutschen Künstlern eingenommen wurden. Zum Vorstand der 160 Mitglieder umfassenden Organisation gehören u.a. Beda Saxl (Vorsitz), Carl Meinhard, […]." (Schneider: Exiltheater, S. 44)
Gleichzeitig wurde Meinhard Mitglied des bekannten Prager Dilettanten-Vereins und unterstützte die aus Deutschland geflüchteten Schauspieler auch persönlich. In der Saison 1935/36 wurde er Regisseur und Schauspieler an den Vereinigten Deutschen Bühnen in Brünn, aber kehrte danach nach Prag zurück, wo er bis 1937 blieb. Außerdem war Meinhard von 1936 bis 1938 Mitglied der 1916 von dem deutschen Filmpionier Oskar Meßter gegründeten Sascha-Messter Filmfabrik G.m.b.H. und beteiligte sich an dessen Filmproduktion. In dieser Zeit wechselte Meinhard mehrmals den Wohnort. Ohne konkretere Zeitangaben findet man als seine Betätigungsanstalt das Jüdische Nationaltheater in Warschau, wo er angeblich laut Sturm die Saison 1937 verbrachte. Anschließend ging er aus politischen Gründen nach Wien und arbeitete dort an der Max-Reimann-Schule.
Im Jahre 1942 wurde er unter ungeklärten Umständen wahrscheinlich in Wien verhaftet und nach Theresienstadt deportiert, wo er sich am Lager-Kabarett betätigte. Nach der Befreiung 1945 wurde er im Prager Krankenhaus mit einer schweren Lungenkrankheit hospitalisiert und noch im gleichen Jahr wanderte er nach Argentinien aus. In Argentinien lag er sechs Monate im Sanatorium für Lungenkranke in Cordoba, dann lebte er in der Pflege seines Sohnes und starb am 12.2.1949 in Buenos Aires.
Petra Knápková, Olmütz