Alois Rüdiger Orliczek wurde am 21. Juni 1870 als Sohn eines k.k. Staatsbeamten geboren, verlebte seine Kindheit in Joslowitz und Bistritz und kam mit 12 Jahren in das fürstliche Lichtensteinsche Seminar in Kremsier, das er aber schon nach einem Jahr verließ, um das dortige k.k. Staats-Gymnasium zu besuchen. Nach Absolvierung des Gymnasiums übersiedelte er nach Brünn, wo er sein ganzes Leben verbrachte (wohnhaft Lessinggasse Nr. 6, später Tivoligasse 3, Brünn 8). Für mehrere Jahre studierte er verschiedene Disziplinen an der k.k. Deutschen Technischen Hochschule, wobei er schon 1890 in die Dienste des mährischen Landesausschusses trat. Im Jahre 1892 wurde er Beamter der mährischen Statthalterei in Brünn, wo er die Stelle eines Oberrechnungsrats bekleidete. Im Jahre 1896 heiratete er Eleonore Uxa und zwischen 1897 und 1904 bekamen sie drei Söhne (Günther, Walter, ein Techniker, und Ingomar, ein Geschäftsmann).
Im Jahre 1906 - da war er schon im Staatsdienst als Statthalterei-Revident tätig - übernahm er neben seinem Staatsamt auch noch das Amt eines Konservators des Mährischen Landesmuseums und ab 1910 wirkte er an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn als Privatdozent für Staatsverrechnungskunde und war Lehrkraft an einer Brünner Handelslehranstalt für Handels- und Verrechnungskunde.
Künstlerisch tätig war der junge Orliczek schon sehr früh. Als Dreiundzwanzigjähriger gab er gleich zwei Gedichtsammlungen Lyrisches Vorspiel und Eichenblätter und ein Festspiel Hans Sachsens Huldigung heraus. Seine lyrischen Werke veröffentlichte er unter dem Pseudonym Alois Rüdiger. In demselben Jahr (1893) gründete Orliczek in Brünn die Freie literarische Gesellschaft mit dem Ziel, alle künstlerisch fühlenden und denkenden Kräfte seines Heimatlandes zu sammeln. Er war dann drei Jahre bis zu deren Auflösung 1896 Vorsitzender der Gesellschaft. Nach den Regeln dieses literarischen Vereins sollte jedes Jahr ein Jahrbuch herausgegeben werden, welches Zeugnis von der Tätigkeit seiner Mitglieder ablegen sollte. Die 1894 erschienene Anthologie Jungmährische Dichtung, deren Redaktion in Orliczeks Händen lag, blieb jedoch das einzige Ergebnis. Im Jahre 1898 gründete er eine ähnliche Vereinigung - die Meistersängerinnung zu Brünn, deren erster Obmann er war und die ihn auch zu ihrem Ehrenmeister ernannte. Des Weiteren war er Mitglied des Vereins Deutsch-mährische Heimat, den er gemeinsam mit Ferdinand König gründete, des „Scheffelbundes“ (nach Josef Viktor von Scheffel. Siehe - W. A. Hammer: Im Zeichen Scheffels. In: Tagesbote aus Mähren und Schlesien. Feuill. Beilage, 14.5.1904, S.2.) und vieler anderer literarischer Vereinigungen. Orliczek war auch Ehrenmitglied des patriotischen Landesvereins des Roten Kreuzes. Orliczeks Zeitgenosse, der Brünner Schriftsteller Karl Vallazza (1866-1938), beschreibt seinen Kollegen mit folgenden Worten:
Alois Rüdiger war ein kunstbegeisterter, temperamentvoller Mann, der kühngemut, allen Wirrnissen trotzend, das vorgezeichnete Ziel solange anstrebte, bis er es erreichte. Ein äußerst reger Geist, der für alle Erscheinungen in Kunst und Leben ein überaus großes Interesse bekundete.
Im Jahre 1895 gab er seinen dritten Gedichtband Zweite Liebe heraus und 1901 dann die zwei Sammelbände Da und dort. Lieder von der Wanderschaft und die Reminiszenzen Aus letzten Jahren. Die siebenundzwanzig Gedichte der Sammlung Da und dort sind nach den Wanderstätten des Wandernden aneinandergereiht, von Aufbruch bis Heimwärts. Inhalt der meisten Gedichte ist die Natur und die patriotische Schwärmerei für das Deutsche, die in der zweiten Hälfte der Sammlung, als sich der Reisende wieder dem deutschen Reich nähert, kräftig zunimmt. Der Wanderer verlässt „der Heimat Rast und Ruhe“, um die Einsamkeit beim Besuch der Ruine Helfenstein zu genießen, Meisterwerke der deutschen Kunst zu bewundern und seine Sehnsucht nach dem sonnigen Süden am Meer in Italien zu lindern. Dann kehrt er vom Süden über den Wörthersee und die „Lisenzer Höhe“ nach Norden in das „herrliche[...] Deutschreichland“ zurück. An der Ostsee vergleicht er die deutsche Landschaft mit der italienischen: „Rings nicht südlichblau die See, / Und das Bild nicht farbenprächtig; / Und doch groß und wunderbar / Unvergeßlich und so mächtig.“ Die Anbetung von allem, was deutsch ist, wird am deutlichsten im Gedicht Sansouci sichtbar, in dem er das „Frankland“ im Traum betritt, das „Seit Väterzeiten rechtlich deutsche[r] Boden“ ist. Beim Erwachen ist er aber erfreut, als er erfährt, dass es nur ein Traum war und er sich doch „in diesem Reiche, groß und frei und deutsch“ befindet. Die Gedichte weisen meistens eine regelmäßige, gereimte Versstruktur auf, die Reime fließen, die Melodie erheitert den wenig anspruchsvollen Leser oder Zuhörer, den die Gedichte wegen der inhaltlichen Einfachheit intellektuell nicht überanstrengen.
Der Band Aus letzten Jahren enthält Natur- und Stimmungslyrik, die ihren unterhaltungsästhetischen Zweck erfüllt. Die Gedichte sind nach Jahreszeiten thematisch gegliedert, vom Märzenknospen, Maimorgen und Sommernachmittag bis zu Herbstnacht und Schlittenfahrt. 1902 erschien sein letztes Werk in Buchform unter dem Titel Aus wahrdeutscher Brust. Außer seiner dichterischen Tätigkeit publizierte er in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften, Jahrbüchern, Almanachen (z. B. in Österreichs Literatenwelt, hrsg. von Maday), wobei er nicht nur Gedichte, sondern auch Aufsätze, Abhandlungen, Erzählungen, Skizzen und Novellen schrieb. Orliczek zeigte ein starkes Interesse für die alten Bräuche der Deutschmährer aus Brünn und Umgebung. In seinen Aufsätzen und Skizzen wie z. B. Eine Bauernwirtschaft in der Brünner Sprachinsel, Etwas über die Mundart im Rosternitzer Ländchen, Hochzeitsfest in Mödritz und Kirchweih in Mödritz gibt er nach den Erzählungen der Einheimischen die Gewohnheiten des Volkes wider. Die beiden letzten Skizzen wurden gemeinsam in einem Heft vom Wiener Verein Deutsche Heimat unter dem Titel Aus der Brünner deutschen Sprachinsel herausgegeben. Sein weiterer Beitrag zur Volkskunde Deutschmährische Sitten und Bräuche lag nach Angaben in Madays Österreichs Literatenwelt 1908 druckfertig vor, genauso wie der in demselben Jahre angekündigte Gedichtband Auf meinen Wegen. Es ist aber fraglich, ob diese zwei Werke veröffentlicht wurden, oder ob sie Manuskript blieben.
Alois Rüdiger Orliczek starb am 2. März 1922 in Brünn und nach 1902 veröffentlichte er höchstwahrscheinlich kein einziges literarisches Werk mehr. Das Jahr der Herausgabe des heimatkundlichen Heftes Aus der Brünner deutschen Sprachinsel ist aber nicht bekannt und unerforscht bleiben auch seine Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften, die Karl Vallazza in seinem Artikel über Orliczek nannte (Wie es einst war zu Winterzeit, Zweck und Ziele des Heimatschutzes, Das Maisingen in Rosternitz, Spätsommer in Thayatale, Nach dreißig Jahren, Ostern, Unsere Sudeten, Drei kleine Erinnerungen, Etwas über die Mundart im Rosternitzer Ländchen, Eine Bauernwirtschaft in der Brünner Sprachinsel, Gebräuche bei Taufen und Sterbefällen, Hochzeittage in Rosternitz.) Es ist also möglich, dass sich Orliczek in dieser Zeit der Heimatkunde und journalistischen Arbeit gewidmet hat. Der einzige Beweis über Orliczeks unermüdliche Arbeit steht in Vallazzas Artikel: „Mitten in neuen Plänen und Vorbereitungen zu neuen Taten, starb er eines plötzlichen Todes in den Märztagen des Jahres 1922. Sein Wahlspruch lautete: ‘Deutsch im Leben, deutsch in der Kunst!’“
Silvie Léblová, Olmütz
Alois Rüdiger Orliczek wurde in Blanz geboren. In Kremsier besuchte er das fürstliche Lichtensteinsche Seminar und das k.k. Staats-Gymnasium. Nach Absolvierung des Gymnasiums zog der junge Orliczek nach Brünn, wo er an der k.k. Deutschen Technischen Hochschule studierte. In den Jahren 1890-1892 arbeitete er für den mährischen Landesausschuss. Ab 1892 war er bei der mährischen Statthalterei in Brünn als Oberrechnungsrat und zuletzt als Statthalter-Revident tätig. Daneben arbeitete Orliczek als Konservator des Mährischen Landesmuseums. Ab 1910 wirkte er an der Deutschen Technischen Hochschule Brünn als Privatdozent für Staatsverrechnungskunde und war auch Lehrkraft an einer Brünner Handelslehranstalt. Alois Rüdiger Orliczek war Gründer der literarischen Vereinigungen Freie literarische Gesellschaft und Meistersängerinnung zu Brünn, außerdem war er Mitglied des Vereins Deutsch-mährische Heimat, den er gemeinsam mit Ferdinand König gründete.
Sein literarisches Schaffen enthält v. a. Gedichte. Alois Rüdiger Orliczek gab mehrere Gedichtsammlungen heraus wie z. B. Da und Dort. Lieder von der Wanderschaft (1901). Er publizierte auch Aufsätze, Abhandlungen, Erzählungen, Skizzen und Novellen in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften, Jahrbüchern oder Almanachen. In vielen seinen Aufsätzen und Skizzen, z. B. Eine Bauernwirtschaft in der Brünner Sprachinsel, berichtet der Autor über die alten Bräuche der Deutschmährer aus Brünn und Umgebung.