Max Zweig: Dramen Bd. 5: Ragen /St. Helena /Rasputin /Tolstois Gefangenschaft und Flucht /Der Generalsekretär
Politisch-historische DramenMax Zweig, Werke in Einzelbänden. Hg. von Eva Reichmann. Igel Verlag Literatur, Paderborn und Oldenburg 1997 bis 2002.
Die Bände 1-5 (unter Mitarbeit von Armin A. Wallas) enthalten die Dramen.
Das bereits 1917 begonnene Drama Ragen wollte Zweig fertigstellen, doch scheitere das Vorhaben an einer plötzlich auftretenden Schreibhemmung. Zweig gab seinem Vater die Schuld, ihn durch das aufgezwungene Studium der Kreativität beraubt zu haben. So ist es kein Wunder, dass Ragen eigentlich eine klassische Vatermordgeschichte enthält: der um die Herrschaft (Kreativität) betrogene Königssohn möchte den unrechtmäßigen Herrscher (Vater) töten, doch fehlt ihm die Kraft dazu, so dass er einen Freund bittet, stellvertretend für ihn die Tat auszuführen; erst am Ende schafft Ragen es, die Verantwortung für die Tat zu übernehmen. Das Drama konnte erst 1924 mit Unterstützung des Freundes Paul Ernst, vollendet werden. Ragen wurde in Mannheim am Nationaltheater aufgeführt, die Aufführung war ein Achtungserfolg für das Erstlingswerk eines Dramatikers - Zweig selbst jedoch war mit der Inszenierung, bei der er unterstützend mitwirken durfte, sehr unzufrieden. Die zweite Aufführung des Werkes in Koblenz fand ohne seine Mitwirkung statt. Der Erfolg von Ragen reichte aus, um Zweigs Vater mit den schriftstellerischen Plänen zu versöhnen.
Der Generalsekretär (1955) ist Zweigs Versuch der Deutung der politischen und mentalen Verhältnisse in den kommunistischen Staaten zur Zeit Stalins. Zwar ist die Namenswahl der Figuren und Orte ans Rumänische angelehnt, die Geschehnisse sind jedoch in eine fiktive sozialistische Volksrepublik der Jahre 1951 und 1952 verlegt und zeigen den Sturz des mächtigsten Mannes des Staates. Verwoben damit ist die Darstellung des Scheiterns revolutionärer Gesellschaftsveränderungen. Die ursprünglich guten Ideale der Revolutionäre scheitern an der Generation der nachwachsenden, totalitär erzogenen Generation. Das Stück wurde 1957 in Berlin aufgeführt.
Die Thematik, dass Ideale verändert werden müssen, um das große Ganze zu retten, ist innerhalb von Zweigs Werk eine neue Sichtweise, die sich auch im 1946 vollendeten Drama Tolstois Gefangenschaft und Flucht zeigt. Zweig war immer schon von Leben und Werk Tolstois fasziniert und betrachtete ihn als eine Art intellektuelles Vorbild. Wie schon bei Rasputin, Napoleon oder Franziskus, spielt das Drama in den letzten Tagen des Protagonisten. Tolstoi sieht sich mit schweren ideelen Konflikten konfrontiert, die ihm Entscheidungen abverlangen, ein weiterer Konflikt spielt sich in seiner Familie ab. Nur im Tod findet Tolstoi die Möglichkeit der Versöhnung aller Gegensätze. 1956 wurde das Stück auf eine Vermittlung von Max Brod hin im ORF als Hörspiel inszeniert.