Max Zweig wurde 1892 im mährischen Teil der k.u.k. Monarchie geboren und verbrachte seine Jugend in Mähren. Von Herkunft und Geburt her kann man ihn also zu den Schriftstellern Mährens zählen, ein „mährischer Dichter” ist er jedoch nicht. Im Gesamtwerk Zweigs spielt seine ursprüngliche Heimat keine Rolle. Vielmehr spiegelt es die dichterische und sprachliche Heimat des Dichters - die deutschen klassischen Ideale - wider.
Max Zweig wurde am 22.6.1892 in Proßnitz geboren. Die Familie Zweigs lebte schon seit ca. 100 Jahren in der Region, war wohlhabend und angesehen. Der Vater Gustav Zweig war Rechtsanwalt, die übrigen Brüder des Vaters Geschäftsbesitzer, Handelsmänner oder Fabrikanten. Max Zweig liebte seinen Vater, der bis zu seinem 18. Lebensjahr sein großes Vorbild war. Dann brach ein Konflikt wegen der Ausbildung des Sohnes aus und die Beziehung war bis zum Tod des Vaters gestört. Der Vater entflammte in Max Zweig ungewollt die Liebe zum Theater: er erzählte ihm viel von Burgtheateraufführungen und nachts lauschte das Kind, wenn die Eltern sich Dramen vorlasen.
Max Zweigs Berufswunsch, Dramatiker zu werden, stand von Kindheit an fest. Zwar war der Vater der Meinung, dass das Lesen von Dramen nicht gut für ihn wäre und hatte es ihm verboten; Max Zweig schlich sich jedoch nachts zum Bücherschrank und las, in eine Decke gehüllt, im Lichtschein, der durch einen vom Nebenraum aus beheizbaren Ofen durch eine Klappe dieses Ofens eindrang. Auf diese Weise wurde er noch vor seinem 10. Lebensjahr, als er wegen des Gymnasiumbesuches nach Olmütz umzog, mit Schiller, Goethe, Shakespeare und Grillparzer bekannt. Romane fand er uninteressant, sie fesselten seine Fantasie nicht, während er beim Lesen oder Hören von Dramen die zugehörigen Welten erlebte.
Nach Beendigung des Gymnasiums zwang der Vater Max Zweig zum Jurastudium. Der Sohn sollte einen Beruf haben, der ihn notfalls immer ernähren könnte; nach der Beendigung des Studiums sollte er zwei Jahre finanzielle Unterstützung erhalten, um festzustellen, ob er als Schriftsteller Erfolg haben würde oder nicht. Max Zweig fügte sich, zog zum Studium 1911 nach Wien, besuchte dort jedoch öfter das Theater, als die Vorlesungen an der Universität. Das juristische Denken war ihm zu abstrakt.
1912 schrieb Max Zweig seine erste Novelle, und hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass sich in ihm ein schöpferischer Akt vollzogen habe. Er saß auf einer Parkbank, von plötzlicher Unruhe befallen worden, nach Hause gegangen und hatte wie unter Zwang geschrieben. Ein ähnliches Erlebnis hatte er bei seiner zweiten Novelle. Diese beiden Inspirationserlebnisse ließen ihn glauben, dass man nur auf die Inspiration warten müsse, sie würde sich schon einstellen. Die sehr lange Wartezeit danach hat ihn eines besseren belehrt. Stefan Zweig, ein Cousin, beurteilte seine Novellen folgendermaßen: Zweifellos eine starke Begabung, aber eine unzeitgemäße. Er wird es im Leben sehr schwer haben.
1914 unterbrach der Erste Weltkrieg das Warten auf die weitere Inspiration. Zwar musste Max Zweig nicht an der Front dienen (ein Arzt verschaffte ihm die Möglichkeit, im Hinterland zu arbeiten), ein Schreiben unter den für ihn nun gewohnten Umständen war jedoch unmöglich. 1918 war der Krieg zu Ende, Max Zweig musste nun sein Jurastudium zu Ende bringen. 1920 bestand er die Prüfung zum Doktor der Rechte und wollte sich nun nur noch der Schriftstellerei widmen. Mit 28 Jahren sollte weit weg von Proßnitz, nämlich in Berlin, die schriftstellerische Karriere beginnen. Um sich Anregungen zu holen und den Krieg zu vergessen, stürzte er sich auf der Suche nach Inspirationen in die exzessive Lektüre von Klassikern.
Er wollte das bereits 1917 begonnene Drama Ragen fertigstellen, doch scheiterte das Vorhaben an einer plötzlich auftretenden Schreibhemmung. Zweig gab seinem Vater die Schuld, ihn durch das aufgezwungene Studium der Kreativität beraubt zu haben. So ist es kein Wunder, dass Ragen eigentlich eine klassische Vatermordgeschichte enthält: der um die Herrschaft (Kreativität) betrogene Königssohn möchte den unrechtmäßigen Herrscher (Vater) töten, doch fehlt ihm die Kraft dazu, so dass er einen Freund bittet, stellvertretend für ihn die Tat auszuführen; erst am Ende schafft Ragen es, die Verantwortung für die Tat zu übernehmen. Das Drama konnte erst 1924 mit Unterstützung des Freundes Paul Ernst, vollendet werden. Ragen wurde in Mannheim am Nationaltheater aufgeführt, die Aufführung war ein Achtungserfolg für das Erstlingswerk eines Dramatikers - Zweig selbst jedoch war mit der Inszenierung, bei der er unterstützend mitwirken durfte, sehr unzufrieden. Die zweite Aufführung des Werkes in Koblenz fand ohne seine Mitwirkung statt.
Der Erfolg von Ragen reichte aus, um Zweigs Vater mit den schriftstellerischen Plänen zu versöhnen. Durch den Tod des Vaters 1925 und die daraus resultierende Erbschaft war Max Zweigs finanzielle Situation abgesichert. Eine Notwenigkeit, denn weitere Erfolge ließen auf sich warten. In Berlin hatte Zweig 1921 seine spätere Frau Grete Bauer, verheiratete Löhr, kennengelernt. Für Zweig ließ Grete Löhr sich scheiden und verzichtete sogar auf ihren Sohn, denn ein Kind hätte die Arbeit des Schriftstellers gestört. Erst 1932 heirateten die beiden aus politischen Motiven; Grete Löhr trat aus Protest gegen die Nationalsozialisten zum Judentum über.
In der Zeit nach Ragen wurde Max Zweig von heftigen Kopfschmerzen gequält und war nicht in der Lage, zu arbeiten. Da keine physischen Ursachen für den Kopfschmerz vorlagen, machte er bei einem Schüler Freuds eine Psychoanalyse. Nachdem ein nicht aufgearbeiteter Vater-Sohn-Konflikt diagnostiziert worden war, verschwanden die Kopfschmerzen, Max Zweig begann mit der Arbeit an seinem zweiten Drama Elimelech und die Jünger. Doch auch jetzt plagten ihn wieder Schreibhemmungen, die er diesmal durch Gespräche mit seinem Cousin Fritz Zweig (Operndirigent in Berlin, später Musikpädagoge in den USA) überwinden konnte. 1929 beendete er Elimelech und die Jünger - doch es fanden sich weder ein Theater noch ein Verlag für das Stück. Angeregt durch die Gespräche mit Fritz Zweig gelang es Max Zweig nun in relativ kurzer Zeit, das Napoleon-Drama St. Helena (1931) und das Drama Rasputin (1932) zu schreiben.
Max Zweig begann eigentlich zur Zeit des Expressionismus zu schreiben. Expressionistische Literatur ist teilweise geprägt von Endzeitstimmung und Weltuntergangsvisionen. Im Werk und in den Gedanken von Max Zweig findet sich nichts davon. Dafür kommen verschiedene Gründe in Frage: zum einen war im konservativen Österreich vor dem Zusammenbruch der Monarchie die Welt zwar nicht heil, aber relativ lethargisch. Zum anderen verbrachte Zweig die Zeit des Krieges im Hinterland und war eher mit sich selbst als mit den gesellschaftlichen Problemen beschäftigt. Ein Interesse an aktuellen politischen Themen entstand so nicht, zudem entsprach die Verarbeitung derartiger Inhalte nicht seinem dramatischen Ideal.
Nach dem Ersten Weltkrieg setzte in der Literatur die Thematisierung der Zersplitterung althergebrachter Wertvorstellungen ein, ausgelöst durch die Kriegserfahrung, aber auch durch neue naturwissenschaftliche Theorien, wie den Darwinismus. Formal führte dies zur Verwendung kurzer Sätze oder Wortfetzen, Reduktionen, ekstatischer und exaltierter Sprache. Dramen ohne jede zeitliche Ordnungsabfolge entstehen, die Räume werden zersplittert, jedes herkömmliche Ordnungsgefüge wird aufgebrochen, also auch der klassische Dramenaufbau, die Perspektive in der Malerei, Proportionen in der Bildhauerei usw. Parallel dazu entwickeln sich Film und Kino, die es technisch ermöglichen, die Einheit von Raum, Zeit und Handlung (klassische Prinzipien der Dramengestaltung) aufzuheben.
Von all diesen Dingen findet sich in den Dramen von Max Zweig nichts. Die Literatur, die Max Zweig konsumierte, waren antike Klassiker, Shakespeare oder Deutsche Klassik. Seine Drameninhalte halten an den althergebrachten ethischen und sittlichen Werten fest. Eine universale Thematik ist ihm wichtiger als eine Darstellung von Einzelschicksalen. Auch formal bleibt Zweig den klassischen Ordnungszusammenhängen treu, er baut konsequent klassische Dramen, die zeitliche Abfolge ist kontinuierlich (auch wenn Zeitsprünge stattfinden, so sind sie logisch und deutlich als solche zu erkennen). Nach eigener Aussage war er sehr selten im Kino, das heißt, er hatte Schnitttechniken, Bildwechsel und ähnliche Dinge, die die Wahrnehmungsgewohnheiten beeinflussen, nicht rezipiert.
Mit dieser dramatischen Gestaltungsweise ging Zweig ausgerechnet in einer Zeit nach Berlin, als dort expressionistisches und konstruktivistisches Theater seinen Höhepunkt erlebten. Auch wenn er seine Stücke schneller geschrieben hätte, ein Scheitern wäre trotzdem vorprogrammiert gewesen. Der Machtwechsel 1933 erschütterte Max Zweig zutiefst. Er fühlte sich der deutschen Kultur zugehörig und hielt diese Kultur für die höchste. Er hatte nie geglaubt, dass Menschen, zu deren kulturellem Erbe Schriftsteller wie Goethe und Schiller zählten, so der Barbarei verfallen könnten. Dort beendete er das noch in Berlin begonnene Stück Der Moloch - 1933 (1934), schrieb Die Marranen (1937) und Der Abgrund (1938).
Der Moloch zeigt Max Zweigs sensiblen Blick für die sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Gegenwart. Nur ein Jahr nach der Machtergreifung durch die Nazis beschreibt Zweig, wie gerade die Jugend von der Propaganda des Regimes fasziniert ist. In einem Interview äußerte er später:
Wenn ich gerecht sein will, dann muss ich schon sagen, ich bin überzeugt davon, daß unter den Nazis, mindestens anfangs Menschen waren, die wirklich an das geglaubt haben, was man ihnen vorgespiegelt hat; naive Menschen, die nach Idealismus innerlich gehungert haben und [...] es für echt gehalten haben. [...] Ich werde nicht sagen, dass alle Nazis gut waren; doch sicher hat es unter ihnen ganz ausgezeichnete Menschen gegeben, irregeführte. [...] Es ist ihnen ja nichts anderes geboten worden. Es war das einzige Reelle, was ihnen geboten worden ist. [...] Mit 16 Jahren ergreift man das Ideal, das einem geboten wird.
Während der Arbeit an Die Marranen entdeckte Max Zweig seine persönliche Arbeitsmethode. Er begann, die Dramen ohne jede schriftliche Notiz im Kopf zu gestalten. Erst wenn ein organisches Ganzes in seinem Kopf vorhanden war, schrieb er es in einem Zug auf: Nie weniger als einen Akt, oft das ganze Drama auf einmal. Er sei selbst immer ganz überrascht gewesen, wenn „der Stoff sich selbst in seinem Kopf” geformt hätte, als ob es von ihm unabhängig geschehen würde. Erst beim Durchlesen setzte er den Verstand als Kontrollorgan ein, wenn ihm etwas nicht gefiel. Max Zweig machte sich nie Skizzen oder Notizen: wenn er etwas vergessen hatte, sei der Einfall eben nicht gut genug gewesen, um im Gedächtnis zu bleiben.
Die Marranen wurden 1937 fertiggestellt. Am Beispiel der Verfolgung und Vernichtung der Juden in Spanien im 15. Jahrhundert macht Zweig die Mechanismen der Judenverfolgung sichtbar, wie sie ähnlich auch in Hitler-Deutschland funktionierten. Eine Lesung des Dramas hörte der Regisseur der Habimah, des jüdischen Theaters in Tel Aviv, Zwi Friedland. Er nahm das Stück sofort mit, um es in Palästina in Übersetzung aufzuführen. Die Truppe verlangte nach der Anwesenheit des Autors bei den Proben; Max Zweig fuhr deshalb 1938, kurz nach seinem 46. Geburtstag, nach Tel Aviv. Man kann sagen, dass er versehentlich emigrierte. Die Veränderungen der politischen Verhältnisse verhinderten, dass er 1938 in die Tschechoslowakei zurückkehren konnte.
Von nun an änderte sich sein Leben radikal. Vom deutschen Sprach- und Kulturraum total abgeschnitten, wurde Zweig zu einer Art Überlebenskünstler. Anfangs lebte er in den Schauräumen eines befreundeten Architekten, später teilte er sich mit dem Wittgenstein-Spezialisten Paul Engelmann ein Zimmer mit Küche einer Dachwohnung in Tel Aviv. Er trennte sich in der Küche ca. 6 m² ab, auf denen er die nächsten 30 Jahre leben und arbeiten sollte. Weil Zweig fürchtete, durch das Erlernen einer Fremdsprache von der Fähigkeit, in der Muttersprache zu schreiben, entfremdet zu werden, lernte er nicht Hebräisch. Durch die politischen Veränderungen wurde Deutsch in Palästina und später Israel jedoch immer mehr eine verpönte Sprache. Die Verbindungen zu deutschsprachigen Publikationsmöglichkeiten waren bis 1945 gleich null, danach musste sozusagen ein kompletter Neuanfang gemacht werden, den erst 1962 Hans Deutsch mit der ersten Dramenedition versuchte. Zu diesem Zeitpunkt war Zweig jedoch bereits 70 Jahre alt.
Die Marranen wurden von der Habimah sehr erfolgreich aufgeführt. Zweig verspürte daraufhin das starke Bedürfnis, seiner neuen Heimat, die ihn so gastfreundlich aufgenommen hatte, ein Geschenk zu machen und schrieb 1939 mit Davidia eine Art Gründungsmythos für das spätere Israel. Zweig schildert eine Episode aus der zionistischen Kolonialisierung Palästinas, den Überfall einer arabischen Bande auf die fiktive Genossenschaft Davidia. Historisches Vorbild war der Überfall auf die Siedlung Tel Chaj 1920. Mit den historischen Fakten geht Zweig sehr frei um: Sie sind ihm Anregung für die Zeichnung idealistischer zionistischer Pioniere. Zwar wurde das Stück ins Hebräische übersetzt und 1944-1946 in verschiedenen Kibbuzim aufgeführt, doch war Zweig, der meinte, eine Art Nationaldrama geschaffen zu haben, von der Resonanz im Land enttäuscht. Allerdings dürfte es sich um eine Fehleinschätzung durch Zweig handeln: Zeitgenössische Besprechungen belegen, dass die Aufführungen sehr gut besucht und auch stark diskutiert wurden. Das Drama wurde auch ins Französische übersetzt und 1947 in Paris aufgeführt.
1940 folgte Die deutsche Bartholomäusnacht, ein für Zweig sehr ungewöhnliches Drama. Das Stück hat den Verrat Hitlers an seinem früheren Kameraden Röhm zum Inhalt, ein Mord, der für Zweig 1940 zu den übelsten Taten Hitlers zählt. Während in allen Dramen Zweigs Menschen mit hohen Idealen auftreten, fehlen hier die Ideale gänzlich. Dies entspricht der Sichtweise des Autors 1940: Während allen anderen Taten Hitlers ein - wenn auch teilweise menschenverachtendes - Ideal zu Grunde gelegen hätte, handelte es sich in diesem Fall um einen eiskalten, berechnenden Mord. Die Sprache und die Beschreibung des Bühnenbildes des Dramas tendieren ins Expressionistische, die Figurenzeichnung ist teilweise grotesk. Zweig wollte nicht Wirklichkeit, sondern eine zynische Karikatur abbilden. Nach 1945, als alle Nachrichten über Hitlers Taten ins Ausland drangen, versuchte Zweig mehrfach, das Stück umzuschreiben, da seine Gedanken von 1940 der neuen Wirklichkeit nicht mehr standhielten. Das Drama wurde nie aufgeführt.
Die nächsten Jahre sind die fruchtbarsten Jahre Zweigs: im Durchschnitt vollendet er alle eineinhalb Jahre ein Drama. Teilweise von Thomas Manns Zauberberg inspiriert, verfasste er 1941 Morituri, ein Stück über eine Liebesbeziehung zweier vermeintlich Todgeweihter, die in einem Lungensanatorium fernab der Welt ihren Ausgang nimmt. Doch unglücklicherweise werden beide geheilt - ihre für ein gemeinsames Sterben gedachte Beziehung hält der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Lebens und den dort bestehenden alten Beziehungen nicht stand. Das Stück fand weder eine Bühne noch einen Übersetzer.
Ein ähnliches Schicksal war dem Drama Lilith 1942 beschert: inspiriert von Tolstois Erzählung Der Teufel schrieb Zweig ein Stück, welches er selbst im Nachhinein als sein Schlechtes betrachtete. Der männliche, charakterschwache Protagonist kann sich nicht entscheiden, bei der selbstaufopfernden Liebe der eigenen Ehefrau zu bleiben; er verfällt der selbstbewussten, sinnlichen Geliebten, der jedoch von Zweig keine schlechten Motive unterstellt werden. Vielmehr gestaltete er eine sehr selbstbewusste Frauenfigur, die allerdings nicht nach den von Zweig geschätzten klassischen Idealen handelt. Auch dieses Stück wurde nie aufgeführt.
Als „opus magnum” bezeichnete Zweig sein 1944 vollendetes Stück Saul, zu dem er bereits 1930 erste Pläne gefasst hatte. Saul ist für Zweig der archaische Tat-Mensch, Begründer eines frühen Humanismus. Ihm gilt die Sympathie des Dichters mehr als David, der als Verkörperung von Jugend und Liebe gesehen wird und Samuel, dem Prinzip des strengen Gehorsams gegen Gott. Für Zweig war Saul eine historische Figur, der im Urteil der Nachwelt höchste Ungerechtigkeit widerfahren war. Größe und Tragik stehen für Zweig unmittelbar nebeneinander, und so ist Zweigs Saul zerrissen von inneren und äußeren Konflikten. Kein anderes Drama Zweigs ist so vielschichtig. Saul wurde in Israel als eine Art Gründungsmythos des Judenstaates rezipiert. Am ersten Jahrestag der Staatsgründung erfolgte die Uraufführung der hebräischen Übersetzung.
Zweigs erster großer Erfolg im deutschen Sprachraum ist sein 1945 fertiggestelltes Drama Franziskus. Das Stück erlebte seine Uraufführung 1963 bei den Bregenzer Festspielen, die Inszenierung wurde am Burgtheater wiederholt und im Rahmen der Wiener Festwochen 1982 erfolgte eine Neuinszenierung. Zweig wurde dafür auch mit dem Preis der Bregenzer Festspiele geehrt. Es handelt sich dabei diesem Stück nicht um ein historisches Drama über das Leben des Franz von Assisi, sondern um den tragischen Konflikt am Ende seines Lebens, als die Kirchenobersten ihn zwingen, entweder den Orden als Ganzes oder die rigiden Ideale aufzugeben. Franziskus ist bereit, Abstriche bei den Idealen zu machen, um die Idee als Ganzes am Leben zu erhalten.
Diese Thematik, dass Ideale verändert werden müssen, um das große Ganze zu retten, ist innerhalb von Zweigs Werk eine neue Sichtweise, die sich später auch in Pia Cameron und im 1946 vollendeten Drama Tolstois Gefangenschaft und Flucht zeigt. Zweig war immer schon vom Leben und Werk Tolstois fasziniert gewesen und betrachtete ihn als eine Art intellektuelles Vorbild. Wie schon bei Rasputin, Napoleon oder Franziskus, spielt das Drama in den letzten Tagen des Protagonisten. Tolstoi sieht sich mit schweren ideellen Konflikten konfrontiert, die ihm Entscheidungen abverlangen, ein weiterer Konflikt spielt sich in seiner Familie ab. Nur im Tod findet Tolstoi die Möglichkeit der Versöhnung aller Gegensätze. 1956 wurde das Stück auf eine Vermittlung von Max Brod hin im ORF als Hörspiel inszeniert.
Mit Ghetto Warschau wandte sich Zweig 1947 wieder der Aufarbeitung aktueller Themen zu. Zweigs Stück ist die einzige brauchbare Dramatisierung des Aufstandes im Warschauer Ghetto und wurde deshalb auch zum Jahrestag 1993 an deutschen Bühnen wieder aufgeführt. Das darin dargestellte kämpferische Judentum verbindet dieses Stück thematisch mit Davidia oder Saul. Das Drama endet mit dem Ausruf des letzten überlebenden Juden: „Sucht mich in Zion!” Die Uraufführung erlebte das Stück jedoch in Übersetzung 1949 in Finnland, wo es in Tampere und Helsinki aufgeführt wurde.
1947 reiste Zweig zum ersten Mal nach Kriegsende nach Europa. Ziel war Proßnitz, um seine Frau wiederzusehen. Er musste allerdings erleben, dass sich Menschen und Land so sehr verändert hatten, dass er dort nicht mehr Fuß fassen konnte. Er hatte keinerlei Bekannten mehr, konnte sich sprachlich kaum mit den Tschechen verständigen und fand vor allem eine politisch sehr unsichere und düstere Atmosphäre vor. Grete hatte sich weitgehend von ihm emanzipiert, auch ihr Interesse an seinen Dramen war nicht mehr so glühend wie vor dem Krieg. Da Zweig vergessen hatte, sich rechtzeitig um seine Pass- und Visumsangelegenheiten zu bemühen, geriet er in die Mühlen der tschechischen Bürokratie. Panik, das Land nicht mehr verlassen zu können, befiel ihn. Seine Abreise bescherte ihm das Gefühl, einer tödlichen Falle entronnen zu sein. Er sollte Recht behalten: wenige Monate nach seiner Abreise wurde die Tschechoslowakei ein kommunistischer Staat, Zweig sah seine Frau 14 Jahre lang nicht mehr. Die Erlebnisse mit der tschechischen Bürokratie verarbeitete Zweig in Medea in Prag und teilweise noch in Der Generalsekretär und Die Entscheidung Lorenzo Morenos.
Medea in Prag wurde 1949 vollendet. Die Basis der Handlung erinnert an Grillparzers Medea. Zweig motiviert die Tötung der Kinder nicht durch Rache: Vielmehr sind es die unmenschlichen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, die die Ausländerin Leila dazu bringen, aus Verzweiflung über die aussichtslose Lage die Kinder im Affekt zu töten. Zweig zeigt nicht nur die Mechanismen von Fremdenhass und Nationalismus, er verarbeitet auch die eigenen demütigenden Erlebnisse mit der Bürokratie und kritisiert so den staatlichen Totalitarismus. Das Stück wurde nie aufgeführt.
Der Generalsekretär (1955) ist Zweigs Versuch der Deutung der politischen und mentalen Verhältnisse in den kommunistischen Staaten zur Zeit Stalins. Zwar ist die Namenswahl der Figuren und Orte ans Rumänische angelehnt, die Geschehnisse sind jedoch in eine fiktive sozialistische Volksrepublik der Jahre 1951 und 1952 verlegt und zeigen den Sturz des mächtigsten Mannes des Staates. Verwoben damit ist die Darstellung des Scheiterns revolutionärer Gesellschaftsveränderungen. Die ursprünglich guten Ideale der Revolutionäre scheitern an der Generation der nachwachsenden, totalitär erzogenen Generation. Das Stück wurde 1957 in Berlin aufgeführt.
Die Entscheidung Lorenzo Morenos aus dem Jahr 1965 ist Zweigs letztes Drama. In einem fiktiven lateinamerikanischen Staat spielend ist es voll von Anspielungen auf die Situation in totalitären Regimen. Zwar gab Zweig an, die Situation Thomas Manns im Exil vor Augen gehabt zu haben; das Drama hat jedoch viele autobiographische Züge. Wie bei Moreno ist Zweigs Einstellung unpolitisch und er sieht seine Aufgabe als Schriftsteller ausschließlich in der Schöpfung von Kunstwerken. Einige Bemerkungen Zweigs aus den Lebenserinnerungen finden sich fast wörtlich in diesem Drama wieder.
Zwischen diesen Auseinandersetzungen mit totalitären Regimen schrieb Zweig noch fünf weitere Dramen, von denen sich drei mit dem Dritten Reich oder seinen unmittelbaren Folgen beschäftigen. Die Verdammten entstand 1951 und hat das Weiterleben der faschistischen Ideologie in Deutschland nach Kriegsende anhand einer dramatischen Familiengeschichte zum Thema. Aufruhr des Herzens entstand 1956 und schildert das Schicksal einer jüdischen Familie aus dem Bildungsbürgertum in Holland zur Zeit der Judenverfolgung. Im Mittelpunkt steht der Aufstand der Bewohner Amsterdams gegen die Deportation von Juden am 29. April 1943. Durch die Vermittlung von Max Brod wäre das Stück fast in einen deutschen Verlag gelangt - jedoch sah der Verlag keine Chance, gegen die Aufführung von Das Tagebuch der Anne Frank in Konkurrenz zu treten. Zwar wurde Zweigs Stück bescheinigt, dramatisch das Bessere zu sein, die Marktbedingungen sprachen jedoch gegen eine Aufführung.
Das Stück Baracke 23 ist ein Fragment geblieben. Es entstand irgendwann in den Jahren nach 1947 und war von Zweig ungewöhnlicherweise auf 6 Akte angelegt worden. Zweig selbst hatte versucht, das Stück zu vernichten, doch rettete seine spätere Frau Wilhelmine Bucherer Teile des Manuskriptes wieder aus der Mülltonne. Zweig hatte vor, in diesem Stück die Verhältnisse in den Auffanglagern für jüdische Emigranten in Israel zu beschreiben, die erst nach Ende der Naziherrschaft emigrieren konnten. In den wenigen vorhandenen Szenen benehmen sich die Menschen gegeneinander sehr unmenschlich und egoistisch. Nach Zweigs Aussagen hatte dies zwar der Wahrheit entsprochen, passte jedoch weder ins Bild des Staates noch in Zweigs Konzept, Menschen mit Idealen darzustellen.
1958 schrieb Zweig Pia Cameron, ein Stück, das während des spanischen Bürgerkrieges spielt. Es wurde mehrfach aufgeführt (1958 und 1960 in Wuppertal, 1964 in Wien) und 1963 vom ORF als Hörspiel produziert. Das Stück thematisiert die Wandlung von Pia Cameron, von einer rachsüchtigen, hasserfüllten Frau zu einer Frau, die gegen ihre bisherigen politischen Ideale sich zur Menschenliebe entschließt.
Das Wunder des Hilarius aus dem Jahr 1960 ist Zweigs vielleicht problematischstes Stück. Hier versuchte er wohl unbewusst Teile seines Lebens zu verarbeiten: zum einen seine Gedanken zu Kunst und künstlerischen Schöpfungsakten, zum anderen den Konflikt mit seinem Vater; des Weiteren ist das Stück eine späte Abrechnung mit der modernen Kunst. Nur auf der Ebene dieser Kenntnisse erschließt sich das Drama, was vermutlich Ursache dafür ist, dass es nie aufgeführt wurde.
Fast immer wird Zweig Epigonentum vorgeworfen, obwohl die meisten seiner Dramen sich auf Themen des 20. Jahrhunderts beziehen und er teilweise sogar auf aktuelle politische Ereignisse reagiert. Liegt es wirklich nur an der formalen Gestaltung der Dramen?
In einem Brief an Norbert Fürst schreibt Max Zweig:
Das Leitbild meines gesamten bewußten Lebens war mein Glauben an meine Bestimmung... Ich habe im Leben unter vielem gelitten, aber sonderbarerweise nie unter dem Zweifel an diesen Glauben... In den Zeiten der endlich zur Wiedergeburt gekommenen Produktivität glaubte ich in fester Überzeugung, Wertvolles zu schaffen. Das war und ist entgegen jeder Vernunft und Begründung, zumal meine Karriere, die wir ruhig katastrophal nennen dürfen, das genaue Gegenteil meiner Überzeugung darstellt, und ich würde mich durchaus nicht wundern, wenn andere Menschen das, was mir als Lebenssinn erscheint, als Lebenslüge bezeichneten.
Max Zweig stellt sein Leben als Berufung dar: Allein durch diese Tatsache, dass er sein ganzes Leben der Dichtung gewidmet hat ohne je auf irgendetwas anderes Wert zu legen, glaubte er, ein Recht auf Erfolg und Anerkennung zu haben.
In einem weiteren Brief an Norbert Fürst schreibt er:
Ich bin sicher, daß 99 unter 100 Ihrer Kollegen unter sämtlichen Dramaturgen, Lektoren, Intendanten, Verlegern, Kritikern usw. meine Dramen, wenn sie sie zu lesen überhaupt würdigten, folgendermaßen beurteilen würden: daß ich mich an die Tradition gebunden fühle, würden sie als erzkonservativ oder rückschrittlich bezeichnen. Daß ich nach einer klaren, reinen Form strebe, würden sie Epigonentum nennen. Die Mannigfaltigkeit meiner Themen und die Vielfalt meiner Formen würden sie als Eklektizismus abtun. Daß ich meine Stücke in zahlreichen Völkern und Zeiten ansiedle, würde ihnen ein Beweis sein, daß ich keine Provinz eigenen Erlebens besitze. Daß ich versuche, jede meiner Gestalten die ihr zugehörige und eigene Sprache sprechen zu lassen, würde ein Zeugnis dafür sein, daß ich selbst keine dichterische Sprache habe. Summa summarum: ein mittleres Talent, nur zur Nachahmung fähig, ohne Originalität, das nur ausgetretene Wege zu gehen weiß und nicht das geringste zur Weiterentwicklung des Dramas geleistet hat.
Hat der Autor Recht mit dieser Selbsteinschätzung?
Fest steht, dass Zweig viele Themen wesentlich früher aufgriff als seine Kollegen. Ein Hemmnis ist sicherlich gewesen, dass Zweig sich zur falschen Zeit im falschen Land der deutschen Sprache bediente. Ausschlaggebender dürfte jedoch gewesen sein, dass Max Zweig jede Tätigkeit außer seines dichterischen Schaffens ablehnte, da dies seiner Arbeitsweise schaden würde. Von daher kam er auch als Mensch kaum in Kontakt mit einer Öffentlichkeit, die er für die Vermarktung seiner Stücke gebraucht hätte. Zwar unterstützten ihn Freunde in Israel oder Europa mit der Organisation von Lesungen, Zweig selbst wurde jedoch kaum aktiv. Verhandlungen mit Intendanten, Begegnungen mit wichtigen Personen suchte er nicht, sondern mied sie sogar. Zweig verließ sich darauf, dass wer seine Dramen gelesen hatte, automatisch von deren Qualität überzeugt war. So liegt der geringe Erfolg der Stücke Zweigs nicht nur in der Form der Dramen begründet, sondern auch in der Persönlichkeit des Dichters.
Außer den Dramen ist von Zweig auch Lyrik und Prosa erhalten. In der Zeit zwischen 1908 und 1909 hatte er Gedichte verfasst, die er in öffentlichen Äußerungen jedoch immer verschwieg. Weiter gibt es 11 Novellen, 2 Essays, eine Autobiographie und im unveröffentlichten Nachlass autobiographische Aufzeichnungen und eine umfangreiche Briefsammlung.
1987 erschienen die Lebenserinnerungen Zweigs. Der 95-Jährige versuchte damit, der Nachwelt ein Bild von sich zu übermitteln, das vor seinen eigenen Augen bestehen konnte. Zwar entsprechen nicht alle Vorfälle in dieser Biographie der Wahrheit - manche Dinge verschweigt Zweig oder stellt sie anders dar - die Autobiographie ist jedoch schon alleine von dem Standpunkt her bedeutend, dass sie ein 95-jähriges Leben schildert.
Max Zweig starb am 5.1.1992 in Jerusalem, nur wenige Monate vor seinem hundertsten Geburtstag. (Eva Reichmann)