Petr Kien war Maler und der bedeutendste deutsche Dichter im Ghetto Theresienstadt. 1930 kam er mit seinen Eltern nach Brünn, wo er die deutsche Realschule besuchte. Oft hielt er sich bei Verwandten in dem südmährischen Städtchen Bisenz auf, wo auch ein Teil seiner Jugendwerke (darunter einhundert Gedichte) entstanden ist, der dann dort auch die Zeit der Okkupation und Judenverfolgung überdauert hat. Seit 1936 lebte Kien in Prag, wo er bis 1939 an der Akademie der bildenden Künste studierte. Da knüpfte er intensive Beziehungen zu tschechischen Kollegen und zur modernen tschechischen Kunst. In der Malerklasse von Willy Nowak kam er 1937 in engeren Kontakt mit dem deutschen Maler und späteren Schriftsteller Peter Weiß. 1940 heiratete er Ilse Stránský. In der Zeit der Judendiskriminierung konnte Kien nur noch die Privatschule für Graphik Officina Pragensis besuchen (1940-1941). Im Dezember 1941 befand er sich unter den 1000 jungen Männern, die nach Theresienstadt deportiert wurden, um hier das künftige sog. Ghetto „technisch einzurichten“. In den folgenden Jahren wirkte er als Zeichner im technischen Büro der Selbstverwaltung und konnte dort auch malen. So entstanden seine Landschaften und Porträts aus Theresienstadt sowie Skizzen mit vielen Details des Kasernenmilieus der stickigen Lagerwelt. Kennzeichnend ist, dass er bereits seit Beginn der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei seine Bilder - offensichtlich als Protest gegen alles Deutsche - mit der tschechischen Form seines Vornamens zu unterzeichnen pflegte - als Petr. Am 15. Oktober 1944 schloss er sich seiner Frau und deren Verwandten an, die in einen der letzten Osttransporte eingereiht wurden, und ist kurz darauf in einem der Lager des Auschwitzer Komplexes verschollen.
Im Herbst 1942 entstand Kiens Gedichtzyklus Die Peststadt, der bald ins Tschechische übersetzt und von dem Musiker Gideon Klein vertont wurde. Dieses Werk wurde 1943 von einem tschechischen Ensemble in Theresienstadt als Melodram unter dem Titel Mor (Pest) einige Male aufgeführt. Der Text der Übersetzung ist verschollen, von dem Original blieben mehrere Gedichte in Abschriften erhalten. Kiens Visionen sind aus düsteren Untergangsimpressionen gestaltet, die in mythische Ebenen transponiert werden. Seine gespenstisch-wahrheitsgetreue Imagination erinnert an grausige Märchen und eine Art Todesmythologie. Kiens allegorisch-kritische dramatische Skizze Marionettenwurde von einer von Gustav Schorsch geleiteten Theatergruppe in tschechischer Übersetzung als Loutky 1943 insgesamt fünfundzwanzigmal aufgeführt. Kien hat ebenfalls den Text für die Theresienstädter Oper Der Kaiser von Atlantis oder Der Tod dankt ab geschrieben, die von Viktor Ullmann, einem ehemaligen Schüler von Arnold Schönberg, komponiert wurde. Die Oper entstand 1943, wurde von einem Theresienstädter Ensemble einstudiert, im letzten Moment aber vom Spielplan abgesetzt. Ihre tendenziöse Aussage gegen den „Kaiser“ - Diktator, und gegen den von seinem Reich geführten Krieg war allzu offenkundig und man musste einen harten Eingriff der SS-Verwaltung gegen die Ausführenden wie auch gegen das Ghetto überhaupt befürchten. Sowohl der Text als auch das Notenmaterial dieses märchenhaft-allegorischen Stückes, das durch das Medium moderner Musik allmenschliche und politisch-aktuelle Gedanken verbreiten sollte, galt lange als verschollen; nur der Notenpart der Figur des Todes blieb vorhanden. Erst 1974 wurde das gesamte Material in London entdeckt. Die Oper trat nun als „ein außerordentliches musikdramatisches Ereignis“ ihren Weg um die Welt an. Sie wurde sowohl von mehreren Opernbühnen in Europa, Nordamerika und Australien aufgeführt als auch bei zahlreichen Musikfestspielen präsentiert. Sie stellt dasjenige Theresienstädter Werk dar, das die größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen und am längsten für die Nachwelt überlebt hat. (Ludvík Václavek)
Petr Kien, Maler und bedeutendster deutscher Dichter im Ghetto Theresienstadt, wurde in Varnsdorf geboren und lebte in seinen jüngeren Jahren in Brünn und in Bzenec, wo seine Jugendgedichte entstanden. Im Jahre 1936 ging er nach Prag, um dort zu studieren. Am 15. Oktober 1944 schloss er sich seiner Frau und deren Verwandten an, die in einen der letzten Osttransporte eingereiht wurden. Kurz darauf ist er in einem der Lager des Auschwitzer Komplexes verschollen.
Petr Kien ist als Autor des Gedichtzyklus Die Peststadt (1942) bekannt, der in Theresienstadt vertont und rezitiert wurde. Seine allegorisch-kritische dramatische Skizze Marionettenwurde von einer von Gustav Schorsch geleiteten Theatergruppe in tschechischer Übersetzung als Loutky (1943) insgesamt fünfundzwanzigmal aufgeführt. Als eine Spitzenleistung der Theresienstädter Kunst gilt die allegorische, gegen Hitler gerichtete OperDer Kaiser von Atlantis oder Der Tod dankt ab, die Viktor Ullmann im Jahre 1943 nach Kiens Libretto komponierte.