Obgleich weder in Mähren geboren noch in Mähren gestorben, hat sich Leo Smolle intensiv mit diesem Kronland beschäftigt und seinen geistigen wie „physischen“ Status im 19. Jahrhundert ausführlich dokumentiert. Smolle wird 1848 im steirischen Cilly geboren, wo er auch das Gymnasium besucht. In Wien studiert er Deutsch und Geschichte, bis er 1871 seine Lehramtsprüfungen ablegt. Unmittelbar darauf beginnt er seine siebenjährige Lehrtätigkeit in Znaim, im Rahmen derer Smolle auch seine wissenschaftliche Leidenschaft auslebt.
Von Anfang an sind seine wissenschaftlichen Interessen vielfältig: So verfasst er 1872 ein Jahresprogramm für seine Schule, welchem er einen Essay zur Ersten Deutschen Kaiserkrönung voranstellt. Daneben publiziert er im selben Jahr eine Darstellung der Beziehungen Kaiser Karl V. zu Heinrich VIII. (Kaiser Carl V. in seinen Beziehungen zum englischen Könige Heinrich VIII. bis zum Sturze Wolseys). Es folgen während seiner Znaimer Zeit außerdem literaturgeschichtliche Arbeiten, in welchen er sich u. a. mit dem bis dahin gerade wiederentdeckten Autor Charles Sealsfield/Carl Postl auseinandersetzt (Charles Sealsfield. Ein biographisch-literarisches Charakterbild). Auch mit dem „Dichterleben“ Nikolaus Lenaus setzt sich Smolle wissenschaftlich auseinander, was für ein besonderes Interesse des Schriftstellers insbesondere für „ausgewanderte Poeten“ sprechen könnte.
1878 beginnt die zweite Hälfte von Smolles Mährenaufenthalt. In diesem Jahr nimmt er eine Stelle am Brünner Gymnasium an, welche er bis 1887 innehaben sollte. In der Landeshauptstadt des Kronlandes heiratet er 1881 die – wie anzunehmen ist – aus Brünn stammende Kaufmannstochter Emma Machalek, mit welcher er drei Kinder haben sollte. In den Brünner Jahren entsteht jener Teil des smolleschen Oeuvres, durch welchen der Name des Autors bis heute hie und da Erwähnung findet. Es handelt sich hierbei besonders um seinen Beitrag über Literatur und Theater für den Band Mähren-Schlesien des „Kronprinzenwerks“ 1897. Die Grundlage hierfür hatte er schon 1881 mit seiner Beschreibung der „Markgrafschaft Mähren“ gelegt, wo er nicht nur Landschaft und Wirtschaftssituation des Landes beschreibt, sondern auch dessen Geschichte und kulturelle Situation. Als Landeshistoriker beschäftigt sich Smolle auch späterhin, z. B. mit Bosnien-Herzegowina (Die neuen Reichslande Österreich-Ungarns Bosnien und die Herzegowina), Istrien und Dalmatien (Rund um die blaue Adria. Triest, Istrien, Dalmatien, Montenegro, Korfu, die italienische Küste, Venedig) oder auch Japan (Im Lande der aufgehenden Sonne. Japan und die Japaner). Hinzu kommen regelmäßig geschichtsdidaktische Werke, für den Unterricht bestimmte erbauliche Erzählungen und Darstellungen für den Literaturunterricht.
Als eine thematische Konstante in der langen Werkliste des Vielschreibers Smolle, welcher ab 1888 nach Wien (Gymnasium in der Castellezgasse 13) zurückkehrt, kann seine Treue zum Kaiserhaus bzw. sein kakanischer Patriotismus bezeichnet werden. Gestalten der Habsburger-Dynastie und Heroen der „deutschen Geschichte“, wie Wallenstein, Tegetthoff oder Radetzky, bevölkern seine Werke, welche immer wieder Kaiser Franz Joseph I. gewidmet sind. Dessen Leben stellt er für die Jugend dar (Unser Kaiser. Sein Leben und Wirken. Der Jugend erzählt; Das Buch von unserem Kaiser 1848 –1888. Festschrift) und verfasst 1898 eine Festschrift zur Feier des 50-jährigen Thronjubiläums. Weitere Schriften behandeln Kaiserin Elisabeth (Elisabeth Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn. Ein Lebensbild) und schließlich den letzten Kaiser Karl (Kaiser Carl I. Bild seines Lebens. Der Jugend und dem Volke dargestellt. Wien K.k. Schulbücherverlag 1917). Für seine Leistungen im Bereich der Geschichts- und Landesforschung, sowie vor allem auch für sein Engagement beim Verfassen patriotischer Jugendbuchliteratur, erhält Smolle die goldene Medaille mit dem Wahlspruch und Bild des Kaisers. Politisch wird der Lehrer und Schriftsteller von seinen Zeitgenossen als „Fortschrittlicher und Freiheitlicher“ bezeichnet, welcher im Mittelschulverein und als Autor aktiv sei (s. Artikel zu Smolle in: Degener, Hermann A. L. : Wer ist's? Zeitgenossenlexikon. Leipzig H. A. L. Degener 1909). Noch während des Ersten Weltkriegs erscheint seine biographische Darstellung Kaiser Karls (auch auf Tschechisch und Slowenisch). Damit endet die lange Bibliographie des Schriftstellers Smolle. Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie erscheinen keine weiteren Werke mehr. Der kaisertreue Patriot überlebt das Ende der Quelle seiner Inspiration nur kurze Zeit: Leo Smolle, einer der „Mythographen Mährens“ im „Kronprinzenwerk“, stirbt am 26. Mai 1920 in Wien. (Sabine Eschgfäller, Innsbruck/Olmütz)
Diesen im steirischen Cilly (heutiges Slowenien) geborenen und in Wien gestorbenen Autor verbindet mit der mährischen Region v. a. sein literarisches Schaffen. Als Lehrer war er in Znaim tätig, später in Brünn (seine Frau stammte aus Brünn), 1888 kehrte er nach Wien zurück. Seine große Leidenschaft war Geschichte und Landesgeschichte, v. a. der Österreichisch-Ungarischen Monarchie: Er verfasste zahlreiche wissenschaftliche Publikationen, Lehrbücher, daneben auch Biographien wichtiger historischer Persönlichkeiten und Dichter (z. B. Nikolaus Lenau, Charles Sealsfield).