Emanuel Schwab wurde am 23. Juni 1874 in Kunstat geboren. Schon in früher Kindheit zog er mit seinen Eltern nach Iglau, wo er 1892 als ausgezeichneter Schüler das Gymnasium absolvierte. In den Jahren 1892-1893 diente er als Einjährig-Freiwilliger beim Znaimer Regiment und ging danach nach Wien, um dort Jura zu studieren. Nach dem Studium besuchte er 1897-1899 das Institut für österreichische Geschichtsforschung und erhielt hier die Befähigung zum Dienst in Archiven, Bibliotheken und Museen. Nach der Promotion am 7.5.1901 zum Dr. jur. versuchte er eine Stelle im Archiv anzutreten. Er wurde für mehr als 20 Jahre im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien angestellt, wo er am 31.3.1913 zum Haus-, Hof- und Staatsarchivar ernannt wurde.
In der Zeit vom 16.11.1914 bis 11.9.1915 war er im Kriegsdienst und wirkte auch als Adjutant. Er nahm an den Arbeiten im wissenschaftlichen Komitee für Kriegswirtschaft beim Kriegsministerium teil, kam dann an die italienische Front, wurde verwundet, zum Hauptmann befördert und mit dem Verdienstkreuz III. Klasse ausgezeichnet.
Nach dem Krieg arbeitete er wieder im Wiener Archiv, wo er die Abteilung der „Reichsarchive“ führte; 1919 wurde er Sektionsrat und 1921 Ministerialrat. Bei der Reduktion des österreichischen Verwaltungsapparats wurde Schwab 1922 frühzeitig pensioniert und entschied sich, nach München zu gehen, um seine archivalische Arbeit fortzusetzen. Das gelang ihm aber nicht und seit 1924 lebte er fast die ganze Zeit in Iglau und blieb österreichischer Staatsbürger.
Er starb am 27.11.1945 in einem Krankenlager in Iglau kurz vor der Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Bestattet wurde er auf dem Iglauer Hauptfriedhof.
Der Schwerpunkt von Schwabs Tätigkeit liegt in der Archivar- und Historikerarbeit. Er beschäftigte sich außerdem mit Archäologie, Numismatik und Denkmalschutz. Indem er versuchte Bretholz´1 Theorie von der ursprünglich deutschen Besiedlung Iglaus zu belegen, verfolgte er auch seine politischen Ziele, was ihm persönlich aber keine bedeutenden Vorteile verschaffte.
Im seinem Nachlassverzeichnis wird von den Autoren Jaroslava Hoffmannová und František Hoffmann Schwabs Werk allgemein in a) wissenschaftliche und b) öffentliche Arbeit unterteilt. Es werden angeführt: zu a) eine umfangreiche Arbeit über die Traditionen des Klosters in St. Gallen im 8.-10. Jahrhundert2; weiter handelt es sich um geopolitische Schriften, die ungedruckt geblieben sind; im Rahmen der Aktenkunde um einen Entwurf der Diplomatenlehre oder die Geschichte betreffend um Schriften über die böhmisch-mährische Besiedlungsgeschichte, über geschichtliche Rechte, über die Iglauer Sprachinsel. Für ein Heimatbuch beschäftigte er sich mit Erfindern und Unternehmern, Gelehrten, deutschen Städten und Stadtbürgern der Vergangenheit, mährischen Fürstensitzen, der Hussitenzeit etc. Außerdem arbeitete Schwab am Corpus Pacificationum, einer systematischen Zusammenstellung von Texten der Friedensverträge 1792-1913 (erschienen: Berlin Deutsche Reichsdruckerei 1916).
Zu der öffentlichen Arbeit gehörte seine aktive Mitgliedschaft im Deutschen Klub, die er später aufgab, oder seine Wirkung als Geschäftsführer in der Gewerkschaft der wissenschaftlichen Beamten in Österreich. Er war auch in vielen Heimatverbänden tätig, unternahm viele Reisen, v. a. in der Wiener Zeit. Er war Mitglied des Deutsch-mährischen Geschichtsvereines; während der Okkupation unterschieb er wie viele andere „ein Memorandum gegen die Verbindung mit einem ähnlichen tschechischen Verein“3 und war Geschäftsführer des Archäologischen Instituts.
Seine Pensionierung 1922 ermöglichte ihm, sich ausschließlich seiner historischen Arbeit zu widmen und er nutzte diese Möglichkeit voll aus. Sein Hauptforschungsgebiet wurde die Iglauer Sprachinsel und vor allem deren Hauptstadt selbst. Sein Hauptziel war es, das historische Recht der deutschen Bevölkerung auf die Iglauer Sprachinsel zu beweisen. Er wusste genau, dass es eine anspruchsvolle Arbeit sein würde und deshalb bemühte er sich, kein einziges Detail zu vergessen und arbeitete sehr sorgfältig. Er konzentrierte sich hauptsächlich auf die Siedlungsgeschichte. Bald erkannte er aber, dass die Arbeit zu viel in die Breite ging und dass es für einen Einzelgänger schwierig war, diese Problematik sogar für ein geringes Gebiet wie z. B. für die Iglauer Sprachinsel zu lösen.
Während seiner Besuche in verschiedenen Archiven, Museen und Bibliotheken sammelte er zahlreiches Material und erschöpfte praktisch alle Fonds auf dem Gebiet von Böhmen und Mähren, von den ausländischen Quellen nur Wien.
Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik wurde ein „abgespitzter deutscher Nationalismus“4 zum Grundriss seines Charakters. Trotzdem muss man seine archivalische Arbeit als eine sehr verdienstvolle bezeichnen. Er exzerpierte nicht nur aus deutschen, tschechischen, französischen und anderen Quellen, sondern legte eine Fotografiensammlung von Schriften an, die heute nicht mehr zugänglich oder verloren ist. Er widmete sich mit großem Fleiß dem Iglauer Archiv. In den 40er Jahren arbeitete er dort als Berater und später als Verwalter und sammelte eigentlich alle zugänglichen Iglauer Stadtbürgerchroniken. Ende der 30er Jahre korrespondierte er mit dem Direktor des Prager Archivs Dr. Prochne über die Sicherstellung des Iglauer Archivs vor den Kriegsereignissen. Im Iglauer Archiv ist heute eine umfangreiche Korrespondenz von Schwab z. B. mit Altrichter, Bretholz, Bittner und weiteren zu finden.
In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges publizierte er die Studie Erörterungen zur Kontinuitätsfrage Wie alt ist Iglau?, in der er alle Ergebnisse seiner bisherigen Arbeit als Beweis für die deutsche Besiedlung Iglaus im 13. Jahrhundert und für das historische Recht der deutschen Bevölkerung zusammenfasste. Allerdings ist die Studie „überfüllt von Fakten, fast unleserlich“5.
Aus seinen Schriften kann man entnehmen, dass er mit dem Dritten Reich sympathisierte und dass dessen Untergang das Letzte war, was die Überzeugung eines alten Mannes noch stärkte. „Seine Beziehung zum tschechischen Volk war immer kühl, eingenommen bis übersehbar, zum tschechischen Staat negativ, zu seinen Repräsentanten sogar arrogant.“6
Nach seinem Tode wurde sein bescheidenes Eigentum konfisziert und verkauft. Schwab hat nie geheiratet und hinterließ keine Kinder.
(Petra Knápková, Olmütz)
[1] Archivar und Historiker; seit 1899 Leiter des Mährischen Landesarchivs in Brünn, geb. 9.7.1862 in Freiberg Bez. Neutitschein, gest. 27.11.1936 in Brünn. „In seinen Publikationen [...] vertrat er die Kontinuitätstheorie in der mittelalterlichen Besiedlung durch Germanen und Deutsche und entfachte dadurch eine heftige wissenschaftliche Diskussion [...].“ (Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Ländern. Hrsg. von Heribert Sturm. München Oldenbourg 1976, S. 143).
[2] 1914 wurde ihm Urlaub zum Aufenthalt in St. Gallen gewährt, der aber durch den Krieg unterbrochen wurde und die Arbeit blieb unvollendet.
[3] Písemná pozůstalost JUDr. Emanuela Schwaba (1823) 1874-1945. Inventář. Verarbeitet von Jaroslava Hoffmannová und František Hoffmann. Okresní archiv v Jihlavě 1968, S. 11.
[4] Ebd., S. 6.
[5] Ebd., S. 10.
[6] Ebd., S. 14.