Josef Ferdinand Müller, der sich in die Geschichte eher unter dem Namen Nesmüller einschrieb, wurde im März 1818 (das zeitgenössische Geburtsbuch gibt den 8., die Forschungsliteratur den 9. März an) in Mährisch Trübau als Sohn eines Schuhmachers geboren. Seit 1829 besuchte er das Gymnasium in Politschka, für den geistlichen Stand bestimmt, aber bereits nach zwei Jahren musste er die Schule verlassen, da seine Mutter verstarb und sein Vater, selbst kränklich, ihn nach Hause zurückrief, um ihm mit dem Geschäft zu helfen. Der junge Nesmüller wurde so Schuhmacher und beendete geduldig seine Lehrzeit, dann aber entschied er sich, seinen eigenen Weg zu gehen.
Nesmüller wollte studieren, es fehlten ihm allerdings die Mittel. Trotzdem wollte er seinem Geiste etwas Nahrung geben, deshalb begann er im Alter von siebzehn Jahren mit dem Lehrerseminar in Olmütz und erhielt noch in demselben Jahr eine Schulgehülfenstelle in St. Michael Kirche in Olmütz, durch Vermittlung des Olmützer Bischofs, Freiherrn von Sommerau-Boeckh. Da Nesmüller von Jugend an musikalisch war, nahm er gleichzeitig eine Stelle als Hilfsmusiker am Theater an. Je öfter er das Theater betrat, desto mehr interessierte er sich für die Bühne und wollte Schauspieler werden. Der damalige Direktor des Olmützer Theater, Karl Franz Burghauser, nahm Nesmüller auf. Er wirkte zunächst im Chor (gegen ein Monatsgehalt von 6 Gulden), später half er bei kleinen Partien aus. Am 1. November 1835 betrat er zum ersten Mal die Bühne. Im folgenden Jahr wurde er in Proßnitz von dem Theaterdirektor von Leuchart (seinem späteren Schwiegervater) angestellt und führte mit seiner Truppe für fast ein Jahrzehnt ein Wanderleben.
Im Jahre 1845 nahm seine schauspielerische Karriere eine Wende, da Nesmüller an das Breslauer Stadttheater berufen wurde, als Ersatz für den berühmten A. Röckert. Nach drei Jahren bekam er ein Engagement als jugendlicher Komiker beim Thaliatheater in Hamburg. In dieser Zeit entstand sein weitverbreitetes und beliebtes Stück Die Zillerthaler (1849), mit dem er große Erfolge feierte. In den Jahren 1850-1854 unternahm er eine Kunstreise - er wirkte als Gast an verschiedenen großen Bühnen, um seine dramaturgischen Fähgikeiten zu vollenden.
Am 4. Mai 1854 erhielt Nesmüller eine Konzession zur Eröffnung eines zweiten Theaters in Dresden, des späteren Nesmüller-Theaters. Trotz vieler Schwierigkeiten wirkte er als Leiter dieses Theaters bis zum 1. Juli 1881. Danach widmete er sich ausschließlich der dramatischen Schriftstellerei. Neben der künstlerischen Karriere war Nesmüller ein großer Liebhaber der Natur und ein ausgezeichneter Rosenzüchter (er besaß einen wunderschönen Rosengarten). Seit 1887 lebte er teils in Altona, teils in Eimsbüttel und teils in Hamburg, wo er schließlich am 9. Mai 1895 im Alter von 77 Jahren verstarb.
Als Schauspieler verkörperte Nesmüller sowohl komische als auch tragische Charaktere, allerdings lag der Schwerpunkt seiner schauspielerischen Leistung im Komischen. In seinen Darstellungen verknüpfte er die Gutmütigkeit der Wiener Komik mit der Schärfe des Berliner Witzes, wodurch er den Charakteren eine wohltuende Gemütlichkeit verlieh, ohne an ihrer satirischen Schärfe etwas zu verlieren. Von den Rollen, in denen er auf der Bühne auftrat, sind z. B. folgende zu nennen: Musicus Miller in Kabale und Liebe, Drechselmeister Schlichtmann in Spieler und Todtengräber, Sebastian Hochfeld in Stadt und Land oder Rentier Hätschler in Eine leichte Person.
Nesmüller schuf im Rahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit mehr als dreißig Werke, die sich als Dramen, Schwänke und Liederspiele klassifizieren lassen, wobei er oft für seine Stücke die Partituren selbst komponierte. Neben dem bereits genannten Drama Die Zillerthaler kann man noch weitere Stücke erwähnen - Der Gnome und sein Narr (1849), Die Pflegekinder (1850), Die Frau Tante (1850) und Eine Soldatenfamilie (1853) - die in den 1860er Jahren gemeinsam in einem Sammelband veröffentlicht wurden. Aus den späteren Texten Nesmüllers lassen sich z. B. Ein Theaterskandal (1859, Posse), Der Marienhof (1872, Lustspiel), Gräfin Flavia (1882, Drama), Trotzköpfe (1884, Schwank) oder Der Schutzgeist von Oberammergau (1891, Volksstück) ergänzen. Es handelte sich meistens um ansprechende, von Frivolitäten freie Stücke. "Bei seiner außerordentlichen Bühnenvertrautheit erreichte er auch die wirksamsten scenischen Effecte, und die Fabel der Stücke weist zwar oft auf starke Ausgelassenheit, aber auch auf Reichthum der Erfindung und Glück im Aufbau der dramatischen Handlungen hin." (Liliencron, S. 613.)
(Bearbeitet von Radek Flekal auf Grundlage der Sekundärliteratur)