Hubmaier war einer der wichtigsten Theologen der Täuferbewegung. Seine letzte Wirkungsstätte war Nikolsburg, wo er auch die meisten seiner Schriften in der Offizin von Simprecht Sorg-Froschauer herausgab und eine Stadtreformation führte. Somit gehört er zu den bedeutendsten deutschsprachigen Autoren überhaupt, die in Mähren tätig waren.
Balthasar Hubmaier nimmt unter den Täufern eine Sonderstellung ein, denn er war ein studierter Theologe. 1503 begann er in Freiburg in Breisgau das Studium an der artistischen Fakultät und setze 1507 seine Ausbildung an der theologischen Fakultät fort. In Freiburg war Johannes Eck sein Lehrer. Dieser wurde 1510 nach Ingolstadt berufen, wohin ihm Balthasar Hubmaier zwei Jahre später folgte. Nachdem Hubmaier am 2.9.1512 zum Doktor der Theologie promovierte, erhielt er eine Professur an der Ingolstädter Universität und die damit verbundene Stelle des Stadtpfarrers. Ein entscheidender Wendepunkt in Hubmaiers Werdegang ereignete sich im Jahre 1516, als er die Stelle des Dompredigers in Regensburg annahm. Mit seinen Predigten gegen das Geldgeschäft steigerte er die antijüdische Stimmung unter der Bevölkerung, bis 1519 die Juden aus der Stadt vertrieben wurden. Anstelle der Synagoge wurde eine Kapelle gebaut, deren Madonnenbild wundertätige Kraft zugeschrieben wurde. Die Kapelle „Zur schönen Maria“ wurde somit eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten im Heiligen Römischen Reich. Hubmaier war in der Kapelle als Wallfahrtsprediger tätig. Ein weiterer Wendepunkt fällt in das Jahr 1521, als Hubmaier Regensburg verließ und die Stelle des Stadtpfarrers in Waldshut bekam, einer damals vorderösterreichischen Stadt, die heute an der deutsch-schweizerischen Grenze liegt. In einem Brief nennt Hubmaier die Pest als Grund für seinen Rückzug nach Waldshut. Andere Umstände, z.B. die Nähe zu Basel, können bei dieser Entscheidung mitgespielt haben, denn Hubmaier trat bald danach mit Beatus Rhenanus in Kontakt und besuchte 1522 Erasmus von Rotterdam. In Waldshut äußerte er öffentlich seine kirchenkritischen Ansichten, trat mit den Schweizer Reformatoren in Verbindung und nahm im Oktober 1523 an der sog. Zweiten Zürcher Disputation teil. Seit Anfang 1524 setzte er in Waldshut die Reformation im Sinne Zwinglis und seiner Mitstreiter durch. Dies stieß auf Widerstand des Erzherzogs Ferdinand von Habsburg. Die Stadt lehnte es allerdings ab, Hubmaier an den Herrscher auszuliefern und schloss sich den aufständischen Bauern an. Hubmaier wandte sich inzwischen den radikalen Schweizern um Konrad Grebel und Wilhelm Reublin zu, ließ sich zu Ostern 1525 von Reublin taufen und machte aus Waldshut - im Einvernehmen mit dem Stadtrat - eine Täufergemeinde. Nachdem Waldshut im Dezember 1525 vom Schwäbischen Bund besiegt wurde, flüchtete Hubmaier nach Zürich. Die Zürcher verhinderten zwar, dass der Verfolgte an die Habsburger ausgeliefert wurde, dennoch wurde Hubmaier in Haft genommen und gefoltert, um seine täuferische Überzeugung zu widerrufen.
Nach der Entlassung aus dem Zürcher Kerker begab er sich (mit Zwischenstationen in Konstanz und Augsburg) nach Südmähren, wo er im Sommer 1526 ankam. Seine Anstellung in Nikolsburg scheint durch Johannes Spittelmaier vermittelt worden zu sein, der ein ehemaliger Student von Hubmaier war und die Stadt Nikolsburg bereits vor März 1524 evangelisiert hatte. Der Neuankömmling gewann bald nicht nur die evangelischen Prädikanten Johannes Spittelmaier sowie Oswald Glaidt und den ehemaligen Olmützer Weihbischof Martin Göschl für das Täufertum, sondern auch die Herren Leonhard und Johannes von Liechtenstein. Dem folgte die Umformung des gesamten kirchlichen Lebens nach den Vorstellungen von Hubmaier. Obwohl die Stadt im Einverständnis mit der Obrigkeit reformiert wurde, weigert sich Martin Rothkegel, den Begriff „obrigkeitliche Reformation“ zu gebrauchen. Ihm zufolge hätten die Kleriker in der Durchsetzung der Neuerungen frei handeln können, da sich die Rolle der Obrigkeit eher auf den Schutz der Reformatoren beschränkt habe. Da die Nikolsburger Akteure alle vorher katholische Geistliche gewesen waren, schlägt Rothkegel vor, die Vorgänge in der Stadt als eine „‚klerikale‘ Täuferreformation“ zu bezeichnen (Rothkegel 2004, 62–63).
Im Mai 1527 kam Hans Hut nach Nikolsburg. Hut war Vertreter des pazifistisch gesinnten Täufertums, Hubmaier gehörte demgegenüber zu den sog. „Schwertlern“ und vertrat u. a. die Meinung, dass die Täufer obrigkeitliche Ämter ausüben dürfen und die Kriegssteuer zu zahlen haben. Nach der Disputation, die auf der Nikolsburger Burg stattfand, wurde Hut verhaftet, es gelang ihm aber zu fliehen. Mit ihm verließ auch Oswald Glaidt die Stadt, der Hut im Religionsstreit beistand. Nach der Schlacht bei Mohács bestieg Ferdinand von Habsburg den böhmischen Thron. Er griff in seinem neuerworbenen Herrschaftsgebiet gegen die Täufer aktiv ein: Einer seiner ersten Schritten war die Forderung an die Liechtensteiner, Balthasar Hubmaier auszuliefern, was Ende Juli 1527 geschah. Hubmaier wurde auf Schloss Kreuzenstein bei Wien inhaftiert und verhört und am 10. März 1528 in Wien als Aufrührer und Ketzer verbrannt. Seine Ehefrau Elsbeth wurde drei Tage später in der Donau ertränkt.
Hubmaiers 24 Druckschriften lassen sich in drei Gruppen einteilen: 1. Schriften, die vor der Ankunft nach Nikolsburg verfasst und gedruckt wurden (8); 2. Schriften, die Hubmaier vor der Ankunft nach Nikolsburg schrieb, sie hier aber vollendete oder vervollständigte und bei Sorg-Froschauer herausgab (5); 3. Schriften, die in Nikolsburg verfasst und veröffentlicht wurden (11).
Hubmaiers erste Flugschrift Achtzehen Schlussreden aus dem Jahr 1524 führte zu einer Disputation in Waldshut, die Beziehung zu Zwinglis 67 Artikeln tritt deutlich zu Tage. Auch die Axiomata, Hubmaiers einzige lateinische Schrift, hatte denselben Zweck, denn zum Schluss wird Johannes Eck, gegen welchen sich die Thesen richteten, aufgefordert, zu einem Religionsgespräch nach Waldshut zu kommen. Von Ketzern und ihren Verbrennern wird für ein frühes Zeugnis der religiösen Toleranz gehalten. Hubmaier lehnt nämlich die Todesstrafe als Werk des Teufels ab, man soll die Andersgläubigen mit Worten überzeugen, und wenn das nicht gelingt, soll man sie gehen lassen, denn Gott selbst wird über sie urteilen. Etliche Schlussreden vom Unterricht der Messe behandeln das Abendmahl, das als ein Gedächtnisfest gefeiert werden soll. Von der christlichen Taufe der Gläubigen, die letzte Flugschrift aus der ersten Phase, reagierte auf Zwinglis Schrift Von der Taufe, von der Wiedertaufe und von der Kindertaufe und lehnt die Kindertaufe ab. Westin und Bergsten halten den Text für „Hubmaiers – historisch und theologisch gesehen – bedeutendste Schrift“, weil er sich dadurch öffentlich gegen die Tradition der Kindertaufe gestellt habe und zum ersten Theologen geworden sei, der öffentlich die Täuferbewegung verteidigt habe (Hubmaier, 117). Zwingli erwies Hubmaier seinen Dank mit der Gegenschrift Antwort über Dr. Balthasars Taufbüchlein. Als Hubmaier einige Tage vor der Kapitulation Waldshuts seine Flugschrift Ein Gespräch auf Zwinglis Taufbüchlein verfasste, kannte er wohl Zwinglis Gegenschrift nicht, denn diese wird nur zum Schluss des Textes erwähnt. In dialogischer Form setzt sich Hubmaier wieder mir Zwinglis Von der Taufe, von der Wiedertaufe und von der Kindertaufe auseinander, wobei er den Text so gestaltet, als ob er direkt mit Zwingli disputieren würde. Eine unmittelbare Wirkung wird insbesondere dadurch erzielt, dass Zwingli geduzt wird und dieser im familiären Ton angesprochen wird. Die Flugschrift wurde jedoch erst in Nikolsburg herausgegeben, die Vorrede richtet sich an Leonhard und Johannes von Liechtenstein.
Zwei kleinere Texte, Die zwölf Artikel des christlichen Glaubens und Ein kurzes Vaterunser, wurden noch während Hubmaiers Gefangenschaft in Zürich verfasst und spielen mit der Form des Apostolikums und des Paternosters. Während Hubmaier in Von der christlichen Taufe der Gläubigen und im Gespräch die Unsinnigkeit der Kindertaufe anhand der Bibelstellen zu belegen suchte, stellt er in Der alten und gar neuen Lehrer Urteil (bekannt in zwei Auflagen) Aussagen von Kirchenvätern und anderen Autoritäten sowie von seinen Zeitgenossen zusammen, die seine Tauflehre unterstützen sollten. Das an Martin Göschl adressierte Vorwort ist auf den 21.7.1526 datiert, was einen terminus ante quem für die Ankunft Hubmaiers nach Südmähren darstellt. Hubmaier griff erneut nach der Gesprächsform in Von der Kindertaufe, wo er mit Basler Theologen disputierte. Sowohl inhaltlich als auch formal ähnelt diese Flugschrift seinem Gespräch, u. a. wird in beiden Drucken Zwinglis Bibelübersetzung kritisiert.
Hubmaiers Apologie Eine kurze Entschuldigung gehört schon zu den Schriften, die in Nikolsburg verfasst wurden. Er lehnt den Vorwurf ab, er sei Ketzer und Aufrührer, und fasst – um dies zu beweisen – sowohl seine Lehre als auch seine bisherigen Lebenswege zusammen. Zum Schluss ermahnt er die Obrigkeit, nicht ohne vorheriges Vernehmen des Angeklagten zu urteilen. Laut der Vorrede sei er zu der Niederschrift durch gute Freunde bewogen, hinter denen man die Herren von Liechtenstein vermutet. Diese beiden Herren wurden auch zu direkten Akteuren in Hubmaiers Katechismus Eine christliche Lehrtafel. Der ältere und zum Zeitpunkt der Drucklegung bereits getaufte Leonhard stellt seinem Neffen Johannes Fragen. Die Musterantworten waren wohl von den Täuflingen zu memorieren, zugleich stellt das Büchlein ein Kompendium der Lehre Hubmaiers dar. Die Schriften Ein einfältiger Unterricht (bekannt in zwei Nikolsburger Ausgaben) und Eine Form des Nachtmahls Christi sind ausschließlich dem Abendmahl gewidmet. Im Vorwort zum Einfältigen Unterricht wird ein Herrscherlob an Leonhard von Liechtenstein ausgesprochen, in dessen Rahmen auch der Name des Herrensitzes erläutert wird: Nikolsburg gleiche Nicopolis, das Emmaus sei; Spittelmaier und Glaidt seien dementsprechend die beiden Emmausjünger. So wie Christus in Emmaus erschienen sei, sei das das Wort Christi, dessen Ursprung bei Friedrich dem Weisen und Martin Luther zu suchen sei, nach Nikolsburg gewandert.
Die Flugschrift Grund und Ursache stellt eine Überarbeitung von Von der christlichen Taufe der Gläubigen dar; Eine Form zu taufen zeigt, wie Hubmaier das Taufritual einrichten wollte. Die Kirchenzucht behandeln die Schriften Von der brüderlichen Strafe und Von dem christlichen Bann. Seine Vorstellungen von der Willensfreiheit führte Hubmaier in zwei 1527 gedruckten Flugschriften aus, in Von der Freiheit des Willens und Das andere Büchlein von der Freiwilligkeit des Menschen. In seiner letzten Schrift Von dem Schwert sammelt und erläutert er neutestamentliche Stellen, die die Rolle der Obrigkeit in der christlichen Gesellschaft, insbesondere die Ausübung von Gewalt, in Zweifel ziehen. Hubmaier bekräftigt in seinen Erläuterungen dieser Bibelpassagen seine Meinung, die Obrigkeit sei dazu von Gott eingesetzt, „mittels Schwert“ die Schwachen zu beschützen und die Bösen zu strafen.
Außer den Druckschriften sind einige Briefe von Hubmaier erhalten sowie der handschriftlich überlieferte Text Eine Rechenschaft des Glaubens, den er am 3. 1. 1528 auf Kreuzenstein vollendete, um von Ferdinand von Habsburg Begnadigung zu erwirken. Die Schrift stellt eine vollständige Zusammenfassung seiner Lehre dar, obwohl dogmatische Zugeständnisse gemacht wurden. Hubmaier setzt sich deutlich vor allem von Hans Hut und dessen Lehre ab und hebt sein positives Verhältnis zur Obrigkeit hervor. Obwohl er die Taufe und das Abendmahl nur kurz behandelt und auf die Kindertaufe kaum zu sprechen kommt, stellt diese Schrift dennoch keinen Widerruf seiner Lehre dar.
Darüber hinaus spricht Johann Fabri Hubmaier drei Bauernkriegsflugschriften zu. In den täuferischen Handschriften figuriert Hubmaier als Verfasser des Liedes Freut euch, freut in dieser Zeit (Kobelt-Groch/Rothkegel, 615). (Jiří Černý)