Alois Jeitteles war Mitglied der ausgedehnten, wissenschaftlich und literarisch tätigen, aus Prag stammenden Familie Jeitteles (vgl. dazu den Artikel → Andreas Ludwig Jeitteles). Sein Großvater war der berühmte Mediziner Jonas Jeitteles, der nach Adolph Kohut „Leibarzt am Hofe des Königs von Polen“ war. Sein Vater Bezalel (Gottlieb) wirkte als hebräischer Drucker in Brünn.
Nach dem Schulbesuch in Brünn und nach dem vorzeitigen Tod seiner Eltern studierte Alois Jeitteles in Prag und beendete das Medizinstudium 1819 in Wien. Das Kulturleben Wiens, der Verkehr mit Künstlern wie Beethoven, Castelli, Grillparzer und mit Schauspielern des Burgtheaters regte ihn zu eigenen literarischen Versuchen an. Außerdem beteiligte er sich an den Sitzungen der Werkstatt Wiener Literaten, Künstler und Schauspieler „Ludlamshöhle“, in der man über die neueste Literatur und das Theaterleben diskutierte. Die Vereinigung wurde als geheime anarchistische Gesellschaft überwacht und 1826 polizeilich aufgelöst.
Mit seinem Vetter Ignaz Jeitteles gründete er 1819 in Wien das Periodikum Siona, enzyklopädisches Wochenblatt für Israeliten, das allerdings nach einem halben Jahr einging. Nach dem Studium unternahm der bereits damals auch journalistisch tätige Arzt eine längere Studienreise, die ihn nach Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich führte. Während eines längeren Aufenthaltes in Berlin freundete er sich mit Ludwig Tieck.
1821 ließ sich Alois Jeitteles in Brünn nieder, wo er bis zu seinem Tode als praktischer Arzt wirkte. Achtung trugen ihm nicht nur seine medizinischen Kenntnisse ein, sondern auch seine aufopfernde Haltung zur Zeit der Cholera 1831/32, in der er die im Krankenhaus untergebrachten Patienten freiwillig behandelte; außerdem wirkte er auch in mehreren Wohltätigkeitsvereinen. Verschiedene Ehrenämter führten ihn in die Verwaltung der Stadt Brünn. Aufgrund seiner Haltung im Jahre 1848 und seiner auch publizistisch geäußerten Ansichten wurde er am 1. 10. 1848 zum Redakteur des amtlichen Blattes „Brünner Zeitung“ ernannt. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus. Wurzbach charakterisierte ihn in dieser Funktion als einen „Mann von Tact, kritischem Geiste und Geschmack“. Diese Tätigkeit beeinträchtigte allerdings sein literarisches Schaffen, das größtenteils in die Wiener Zeit fiel. Hie und da brachten noch Zeitschriften oder Anthologien seine meist parodistischen Gedichte, wie z. B. das „Österreichische Balladenbuch“ von 1856 heraus.
Bereits als Medizinstudent in Wien begann sich Jeitteles mit Kunst und Literatur zu beschäftigen: in den damals sehr beliebten Taschenbüchern „Selam“ und „Aglaia“ veröffentlichte er seit 1815 seine ersten lyrischen Gedichte. Der Liederkreis An die ferne Geliebte wurde später von Beethoven vertont (darüber vgl. z. B. die Korrespondenz von Marianne von Willemer an Goethe vom April 1822), einige Gedichte wurden von Mauro Giuliani musikalisch übertragen. In der „Wiener Modezeitung“ von 1816 veröffentlichte Jeitteles die Erzählung Der Schlosshauptmann von Coucy, die Grillparzer als „eine ... – dass es Gott erbarme! – im Fouquéschen Tone herabgeleierte Erzählung“ (zit. nach Goedecke) herabsetzte.
Das wichtigste Werk dieser Zeit ist die gemeinsam mit Ignaz Franz Castelli verfasste Parodie der modischen Schicksalstragödie Der Schicksalsstrumpf. Mit der Tragödie beschäftigte sich Jeitteles auch theoretisch, in der „Wiener Modezeitung“ veröffentlichte er 1817 die Studie Gegen die romantische Schicksalstragödie, die als Fragment einer größeren ungedruckten (offensichtlich nie erschienenen) Schrift Vom Wesen der Tragödie bezeichnet wurde. Der Schicksalsstrumpf erschien 1818 als „Tragödie in zwei Akten von den Brüdern Fatalis“, mit der „Zueignung an die Fatalen“, die – in parodistischer Anlehnung an die 1815 erschienene romantische Tragödie von Zacharias Werner – „Am verhängnisvollen 24sten Februar“ datiert ist. Die 2. Auflage von 1848 nahm Castelli unter seinem eigenen Namen mit folgender Anmerkung in die Ausgabe seiner sämtlichen Werke auf: „Es hat zwar Dr. Alois Jeitteles diese Parodie mit mir gearbeitet, da er aber nur wenige Szenen dazu gedichtet, hingegen die Hauptidee hiezu, so wie der größere Theil der Ausführung mein Werk sind, so glaube ich dieses Stück in diese Sammlung aufnehmen zu dürfen.“
Auch in der Brünner Zeit arbeitete Jeitteles einerseits an eigenen Dramen, andererseits an Überarbeitungen und Übersetzungen aus dem Spanischen. Mit Erfolg wurde das Lustspiel Die Macht des Blutes nach Don Agostino Moreto in Berlin (1821), im Wiener Burgtheater (10. 4. 1829) und in Hamburg (Sept. 1830) aufgeführt. Das Burgtheater brachte am 23. 10. 1837 das Stück Auge und Ohr, das Schauspiel Der Liebe Wahn und Wahrheit (9. 4. 1842), Die Hausgenossen (18. 4. 1843). Zu den bearbeiteten Schauspielen gehörte auch das Stück Der Hirtenknabe von Tolosa von Jagemann.
Sehr geschätzt waren die Übersetzungen spanischer Dramatiker, von der geplanten Reihe von Übertragungen der Dramen Calderons erschien aber 1824 nur der 1. Band Das Fegefeuer des heiligen Patricius.
Die Brünner Aktivitäten ließen Jeitteles wenig Zeit für seine literarische Tätigkeit. Seine Ansichten und Erfahrungen aus dem Jahr 1848 legte er, wieder parodierend, in der Schrift Moderne Walpurgisnacht nieder. Am Blocksberg treffen sich Repräsentanten aller Schichten, Berufe, Interessen, politischer Anschauungen und Parteien und äußern sich zu den Ereignissen von 1848.
Die Zeitgenossen schätzten an Alois Jeitteles seine Charaktereigenschaften, so erwähnt der Staatsmann und Schriftsteller Prokesch-Osten in der Korrespondenz mit seinem Stiefvater, dem Schriftsteller und Freund Castellis, Julius Schneller:
Er war besser als Deinhardstein und edler als Castelli in seinen Empfindungen, wenn auch nicht so gewandt im Ausdruck als der erste, noch so praktisch als der zweite. Er war liebenswürdig und heiter im Umgang, ohne ausgelassen zu seyn. Er war mir einer der Liebsten aus der Ludlamshöhle. (In: Schneller: Hinterlassene Werke, 2. Bd., 1834, S. 310.)
Auch der satirische und „frivole“ (Wurzbach) Julius Seidlitz beurteilte Jeitteles auf seine Art überaus wohlwollend als Dramatiker, dessen „Lustspiele etwas mehr verdienen, als sobald vergessen zu sein. Sie sind dem Spanischen nachgebildet, voll Charakteristik, Witz und Humor... J. ist ein Flickschneider wie es alle Übersetzer sind, aber ein tüchtiger, der einmal etwas Neues schaffen sollte.“
Lucy Topoľská (Olmütz)