Felix Georg Jaschke
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Fulnek
Felix Georg Jaschke entstammt einer alten Fulneker Familie. Sein Vater gehörte zu den wohlhabenden Tuchhändlern der Stadt. Der Handel mit Tuchen war in jener Zeit ein einträgliches Geschäft. Die Händler unternahmen zum Aufkauf und Verkauf ihrer Tücher weite Reisen ins Ausland, wobei sie viel über fremde Länder und Menschen kennen lernten. Auch Jaschke, der das väterliche Geschäft übernahm, hat auf seinen Reisen viele Anregungen gewonnen. Dabei dürfte auch sein Interesse an der Abfassung seiner Chroniken, die ihn bekannt gemacht haben, geweckt worden sein. Neben seinem Tuchhandel besaß Jaschke auch das sog. Schankbürgerhaus. 1786 erwarb er für 2000 Gulden die Loretto-Kirche, deren Aufhebung durch einen Erlass von Kaiser Joseph II. verfügt worden war. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Kloster der Augustiner in Fulnek zum Verkauf angeboten wurde, kaufte es Jaschke zusammen mit der Klosterbibliothek. Einen großen Teil der Bücher hat Jaschke dann als Material für seine Chroniken benutzt.
Jaschke war ein umtriebiger Zeitgenosse, der neben seinen Tätigkeiten als Tuchhändler und Wirt das öffentliche Leben der Stadt Fulnek mitgestaltete. Er war Oberleutnant des 1. Prerauer Landwehrbataillons. In Fulnek gründete er für die jungen Männer eine Schützengilde und ließ die dazu nötigen Gewehre aus Wien kommen. Er besaß eine Sammlung türkischer Musikinstrumente und als am 26. Oktober 1813 in Fulnek die Nachricht von der Niederlage Napoleons bei Leipzig eintraf und alle Glocken der Stadt auf Geheiß des Kaisers geläutet und das Tedeum gesungen wurde, veranstaltete Jaschke am Abend ein Feuerwerk und gab ein Platzkonzert mit seiner türkischen Harmonie, zu der Holz- und Blasinstrumente, sowie Trommeln und Schlagzeug gehörten.
Jaschkes wichtigste Nebenbeschäftigung war die Abfassung von Chroniken. Insgesamt hat er 22 handgeschriebene Foliobände hinterlassen, die etwa 20.000 Seiten umfassen. Allein die Niederschrift und Schreibarbeit war eine enorme Arbeitsleistung. Jaschke ist vor allem durch seine Volksliedersammlung bekannt geworden. Doch der entsprechende Folioband, der 147 Lieder in der Kuhländler Mundart enthält, dazu einige tschechische Lieder und Kirchengesänge, nimmt nur einen bescheidenen Rang im Vergleich zu den übrigen Bänden ein. Jaschkes eigentlicher Schwerpunkt lag im Sammeln von Ereignissen aus der Heimat-, Kultur- und Landesgeschichte und dabei vor allem auf der Beschreibung der Lebensbedingungen der Bewohner und des Brauchtums im Kuhländchen. Er hat allein 29 ausführliche Ortschroniken und Ortsbeschreibungen des Kuhländchens in seine Chroniken aufgenommen. Zur Illustration hier einige Themen aus zwei seiner Chroniken:
Der 2. Foliband, der 1.570 Seiten umfasst, enthält u.a. folgende Themen: Eine Chronik der Ereignisse in der Stadt Fulnek im Jahr 1822; ein Bericht über den Bettelvogt, der u.a. über die Einhaltung des Rauchverbotes an öffentlichen Orten zu wachen hat; Berichte über die mährische Brüdergemeinde, die seit 1482 ihren Sitz in Fulnek hatte und über Jan Comenius, der hier seine erste Pfarrstelle innehatte; Angaben über die Gräfin Truchsess von Walburg, die im Schloss Kunewald eine Eliteschule gegründet hatte; Informationen über Trachten und Lieder im Kuhländchen und Berichte über Fulneker Weberfamilien, die wegen „dasigem Mangel an Verdienst“ auswandern mussten.
Der 3. Band umfasst 2.123 Seiten, darunter eine Chronik der Stadt Fulnek über die Jahre 1777 bis 1821; Kritik an den Fulneker Tuchmachern wegen ihres aufwendigen Lebensstils; Angaben über die örtliche Schützengilde und die Garnison, sowie über die Aufhebung des Augustinerklosters und der Lorettokirche in Fulnek; Vorschläge zur Verbesserung des Schulwesens.
1818 beendet Jaschke seine handschriftliche Volksliedersammlung und gibt ihr den Titel Lieder im Kuhländler Volkston. Sie enthält die Liedertexte und die dazugehörigen Melodien. Ein Jahr zuvor hatte Georg Joseph Meinert seine Liedersammlung herausgegeben. Meinerts Wohnsitz, das Partschendorfer Schloss, liegt nur wenige Kilometer von Fulnek entfernt. Dennoch hat es zwischen beiden Volksliedsammlern offensichtlich keine engeren Kontakte gegeben, vielleicht weil beide nach Stand, Bildung und Methode ihres Sammelns zu verschieden waren. Der feinsinnige Gelehrte Meinert redigierte und verbesserte sorgfältig die gehörten Liedertexte. Jaschke dagegen hat seine Lieder unbearbeitet aufgezeichnet. Auch in der Auswahl der Lieder unterscheiden sich beide: Meinert legte Wert auf eine gehobene Qualität der Texte. Banale Gassenhauer nahm er nicht in seine Sammlung auf. Jaschke dagegen hat in seiner Sammelleidenschaft auch derbe und aggressive sowie erotisch anzügliche Lieder in seine Sammlung unbekümmert aufgenommen. Während Meinert mit seinen Liedern eher die gebildeten Schichten ansprechen wollte, finden sich bei Jaschke viele einfache Vierzeiler, die aber über den Alltag und das Lebensgefühl der Menschen seiner Zeit viel aussagen. So ist es ein Glücksfall, dass wir zwei so verschiedene Liedersammlungen des 19. Jahrhunderts aus dem Kuhländchen haben.
Jaschke eröffnet seine Liedersammlung mit dem 18-strophigen Botenwalder Lied. Darin werden die Botenwälder auf humorvolle Weise wegen ihrer Trinkfreudigkeit angeprangert. Hier eine Kostprobe:
Zu Bothewald ei dam Kühland
Doet is a juestes Lawa,
Dos is aech waet un braet bekannt,
Ihr könnt mirs wirklich glaewa.
Aim ganze Kühland ies ke Oet
Met Bothewald zu vergleiche,
Do law mir schald met aenem Woet
Dos wie aim Hemmelreicha.
…
Da Branndwein ies a Element
Bai ehnem Bothewälder,
Dar verschreift fr seinem End
Gohr Wohnung, Haus on Fälder;
Die jonge Sehnlen, die thrät mer schun
Zum Brenner noch dar Taufe,
Zum Zecha sies a prafer Suhn,
Muß lehra da Branndwein saufe.
Dieses Lied stammt ursprünglich vom Pfarrer aus Partschendorff, Johannes Beyer, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Joseph Georg Meinert 1817 die erste Sammlung von Liedern in der Mundart des Kuhländchens herausgeben konnte. Offensichtlich hat Meinert dieses Lied nicht aufgenommen, da das deftige Lied des Pfarrers in seinen Augen kein Volkslied war. Beyer hat es Jaschke zusammen mit zwei weiteren von ihm gedichteten Liedern überlassen, die insgesamt 69 Verse umfassen. Außerdem finden sich in der Sammlung von Jaschke 39 Lieder, die sich ebenso in Meinerts Liedersammlung wiederfinden. Auch diese Lieder hat Jaschke von Beyer bekommen, der für Meinert die Liedertexte ins Reine schrieb und auch Abschriften der Lieder besaß. Der zweite Teil von Jaschkes Liedersammlung enthält tschechische Lieder. Den Schluss bilden geistliche Lieder. Dazu bemerkt Jaschke: „Nachstehende Lieder sind im Jahre 1620 bey der mährischen Brüder Gemeinde gesungen worden als Amos Comenius Schuldirektor in Fulnek gewesen.“
Die Volkskunde und die Geschichtsschreibung verdanken Jaschkes Sammeleifer eine Fülle von Informationen über das Leben im Kuhländchen vom 17. bis fast zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Weitere 11 Bände der ursprünglich 22 Bände umfassenden Chronik von Jaschke sind im Landesarchiv in Brünn inventarisiert.
(Friedrich Goedeking, Baška)
Felix Georg Jaschke entstammt einer wohlhabenden Tuchhändlerfamilie aus Fulnek. Er übernahm das väterliche Geschäft und unternahm weite geschäftliche Reisen ins Ausland, wobei er viel über fremde Länder und Menschen kennen lernte.
Jaschke schrieb Chroniken, die ihn bekannt machten, 22 handgeschriebene Foliobände, die etwa 20.000 Seiten umfassen, Sammlungen von Ereignissen aus der Heimat-, Kultur- und Landesgeschichte, vor allem Beschreibungen der Lebensbedingungen der Bewohner und des Brauchtums im Kuhländchen. 1818 beendete Jaschke seine handschriftliche Volksliedersammlung Lieder im Kuhländler Volkston. Ein Jahr zuvor hatte Georg Joseph Meinert, der nur wenige Kilometer von Fulnek wohnte, seine Liedersammlung herausgegeben. Der feinsinnige Gelehrte Meinert redigierte und verbesserte sorgfältig die gehörten Liedertexte. Jaschke dagegen hat seine Lieder unbearbeitet aufgezeichnet und im Gegensatz zu Meinart nahm er in seine Sammlung auch banale Gassenhauer und derbe, aggressive sowie erotisch anzügliche Lieder auf. Der zweite Teil von Jaschkes Liedersammlung enthält auch tschechische Lieder.
Werke |
Jahr der Publikation |
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Chronik III. Lieder im Volkston im Kühlandel | 1818 |
Lieder im Kuhländler Volkston | 1988 |
Forschungsliteratur
Beck, Gustav: Felix Jaschke. Ein Lebensbild. In: Das Kuhländchen (Bd. 9). o.V., Neutitschein 1928, S. 1 - 4, 17 - 21. |
Jarosch, Günther: Die frühesten Volksliedsammlungen des Kuhländchens. In: Meier, John (Hg.): Jahrbuch für Volksliedforschung 6. Jg. o.V., Berlin 1938. |
Kramolisch, Walter: Die Kuhländler Volksliedsammlungen von J. G. Meinert (1817) und Felix Jaschke (1818). Teil 3. Vergleich und Kommentar. o.V., Marburg 1989. |