Meinerts Vater war Stadtrichter in dessen Geburtsstadt Leitmeritz. Schon mit 14 Jahren lässt sich der junge Meinert an der Prager Universität immatrikulieren und studiert Germanistik, alte Sprachen und Ästhetik. Nach den Examina unterrichtet er 8 Jahre als Gymnasiallehrer. 1806 wird er Professor für „die Geschichte der Künste und Wissenschaften, der Ästhetik und Philosophie“ an der Prager Universität. Aber schon 1811 beendet er seine Universitätslaufbahn und zieht sich bis zu seinem Tod zurück in das 2000-Seelen-Dorf Partschendorf im Kuhländchen.
Ein Halsleiden habe ihn gezwungen, auf seine Tätigkeit als Professor zu verzichten, meinen einige seiner Biographen. Vieles spricht aber dafür, dass eine andere Version der Wahrheit näher kommt: Es war die Liebesbeziehung zur Gräfin Josephine Pachta, die in den Kreisen der Prager Gesellschaft als Skandal empfunden wurde und es Meinert immer mehr erschwerte, an der Universität zu bleiben. 1797 hatten sich beide kennen gelernt. Meinert wurde Erzieher des Sohnes Karl der Gräfin. Sie selber lebte nach kurzer Ehe von ihrem Mann getrennt in Prag und Berlin. Sie war ein gern gesehener Gast in den adeligen Kreisen. Zu ihren Freundinnen zählten u. a. Rahel Varnhagen und Caroline von Humboldt. Varnhagen von Ense, der Mann von Rahel, berichtet von ihr, „dass ihre strahlende Schönheit, vielfache Huldigungen erweckte und die eifrigsten Bewerber anzog.“
Zwei Kinder wurden dem Liebespaar 1797 und 1805 geboren. Da die Gräfin katholisch war, konnte ihre Ehe nicht geschieden werden. Als die Vorwürfe gegen das in wilder Ehe lebende Paar nicht verstummten, entschied sich das Paar 1811 mit den beiden Kindern nach Partschendorf zu ziehen. Im dortigen Schloss war die Gräfin geboren worden und hatte ihre Jugend verlebt. Inzwischen war sie Patronatsherrin des Ortes geworden. Die Familie verbrachte von nun an die Sommermonate auf dem Schloss und wohnte den Winter über in Wien. 1830 starb die Gräfin. Meinert überlebt sie noch um 14 Jahre. Als er 1844 starb, wurde er neben der Gräfin in der Familiengruft begraben. Die Inschrift der über der Gruft errichteten Kapelle ist dem 13. Kapitel des Korintherbriefes des Paulus entnommen: “Die Liebe höret nimmer auf.“
Meinert war ein vielseitiger Gelehrter. Seine Publikationen umfassen die verschiedensten Themen der böhmisch-mährischen Geschichte, der Volkskunde und der Philologie. Sein Hauptwerk war die Übersetzung und Kommentierung des gotischen Chronisten Jordanes aus dem 6. Jahrhundert. Gedichte veröffentlichte er in den von ihm zumeist selber herausgegebenen Zeitschriften. Einige Jahre gab er die für ein breiteres Publikum gedachten historischen Zeitschriften Der Böhmische Wandersmann und Libussa heraus.
Am bekanntesten ist Meinert durch seine 1817 erschienene Sammlung der Volkslieder aus dem Kuhländchen geworden. Unter dem Titel Fylgie - mit Fylgie ist ein im Kuhländchen bekannter guter Hausgeist gemeint – gab Meinert 137 Liedtexte im Kuhländler Dialekt heraus. In der von Friedrich Schlegel herausgegebenen Zeitschrift Deutsches Museum kündigt Meinert 1811 zum ersten Mal an, dass er plane, eine Liedersammlung von Volksliedern im Dialekt des Kuhländchens herauszugeben. Er wollte damit einen Beitrag für die von Friedrich Schlegel geplante „Gesellschaft vaterländischer Sprachforscher“ leisten. Im gleichen Jahr erschien in den Wiener Vaterländischen Blättern ein weiterer Aufsatz von Meinert mit dem Titel Volkslieder aus dem Kuhländchen. Zum Besten der tapfersten Verteidiger des Vaterlandes im Kriege von 1813. Darin berichtet er über Land und Leute des Kuhländchens, über ihren Dialekt, über das Alter der Volkslieder und über seine Methode, die Volkslieder zu sammeln und aufzuschreiben. Außerdem druckt er den Text einiger Lieder ab.
Da sich aber kein Verleger findet, dauert es noch bis 1817, bis Meinert das Liederbuch endgültig herausgeben kann. Das Buch enthält neben den 137 Liedtexten eine von Meinert verfasste Geschichte des Kuhländchens, Erläuterungen der grammatikalischen Besonderheiten des Dialekts sowie ein umfangreiches „Wortbuch“, in dem die wichtigsten mundartlichen Wörter ins Hochdeutsche übersetzt sind. 1806 war von Clemens von Brentano und Achim von Arnim in Heidelberg die Sammlung deutscher Volkslieder unter dem Titel Des Knaben Wunderhorn erschienen. Meinert stand in Verbindung mit Brentano. Er berichtet in der Vorrede zu seiner Liedersammlung:
Als mir Herr Brentano zu Prag im Winter d. J.1811 Des Knaben Wunderhorn mittheilte, ahndeten wir beyde nicht, daß ich bestimmt sein würde, schon im nächsten Sommer um ein Blatt des Eichenzweiges zu werben, von dem ihm Teutone den früheren Kranz gewunden; ich gefalle mir jetzt in der Überzeugung: daß Niemand es mir lieber gönnen werde als Er. (Aus der Vorrede, zitiert nach W. Kramolisch, Die Kuhländler Volksliedsammlungen Teil I, 1817, S. 10)
Wie Brentano und Arnim macht Meinert für seine Liedersammlung geltend, dass sie „nicht Ein Wort, nicht Eine Sylbe, die nicht aus dem Munde des Volkes genommen wären“ enthalte. In den zwei Jahren seiner Sammlertätigkeit habe er sich von etwa hundert Personen die Lieder vorsingen lassen, dabei die verschiedensten Varianten der Texte und der Aussprache immer wieder miteinander verglichen, um dann über den schriftlich fixierten Text endgültig zu entscheiden. Brentano und Arnim ist der Vorwurf gemacht worden, dass sie selber an den von ihnen gesammelten über 700 Liedern Veränderungen und Weiterdichtungen vorgenommen haben. Es sei Betrug, meinten Kritiker, wenn die beiden Dichter vorgäben, die Volkslieder in der ursprünglichen Fassung belassen zu haben. Achim von Arnim bestätigt im Nachwort der Neuauflage des ersten Bandes von Des Knaben Wunderhorn, dass er und Brentano die Liedtexte „restauriert“ und verändert hätten, verteidigt diese Eingriffe aber als einen subjektiv-schöpferischen Umgang mit der Tradition. Den Vorwurf der Um- und Weiterdichtung wird man gegen Meinerts Fylgie kaum erheben können. Das Einzigartige seiner Sammlung besteht darin, dass hier Volklieder in der Mundart einer Region aufgezeichnet worden sind. Es gibt keinen Anlass zu der Vermutung, dass Meinert irgendwelche Veränderungen an den Liedern, die ihm die Menschen des Kuhländchens vorgesungen haben, vorgenommen haben könnte. Dazu dürften schon seine Kenntnisse des Kuhländler Dialekts nicht ausgereicht haben.
Ursprünglich hatte Meinert 1813 in der patriotischen Euphorie der Befreiungskriege gegen Napoleon sein Liederbuch den Freiheitskämpfern zugedacht. Damit machte er sich jenes Ziel zu eigen, dass auch Brentano und Arnim mit ihrer Liedersammlung verfolgten: Die Volkslieder sollten die nationale Selbstbesinnung der Deutschen fördern und zum Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft in Deutschland ermuntern. Entgegen seiner Verlautbarung von 1813 räumt Meinert dann 1817 ein: „Der Geist dieser Lieder ist nicht kriegerisch, und von dem heiligen Namen Vaterland tönt es nicht mehr aus teutscher Heldenzeit herüber zu den Schalmeyen dieser Hirten“ (gemeint ist die Bevölkerung des Kuhländchens). Mit folgenden Worten beschreibt Meinert selber den Inhalt seiner Sammlung:
Die ganze Sammlung aber besteht, um das ohne alle Gelehrsamkeit Gewordene in das etwas unbequeme Fachwerk der Schule zu stellen, in Balladen, Romanzen, Legenden, Mythen und Fabeln, die gesungen werden, in Liebesliedern und Hirtengesängen, in Spottgedichten und Schwänken, Einfällen, Formeln, Kinderreimen und Räthseln. (Aus der Vorrede a. a. O., S. 11)
Die Lieder aus dem Kuhländchen, das musste auch Meinert gestehen, waren nicht geeignet, um einen kämpferisch-militaristischen Patriotismus zu entfachen. Schließlich war ja auch Napoleon schon vier Jahre vorher besiegt worden. Aber ein Anliegen der antinapoleonischen Kämpfer war noch nicht eingelöst worden. Vielmehr war es inzwischen durch die aufkommende Restauration in weite Ferne gerückt: die Einheit der deutschen Nation, verbunden mit einer Beschränkung der fürstlichen Souveränität durch eine Verfassung. Meinert wird dieses Ziel vor Augen gehabt haben, als er seine Vorrede zur Fylgie pathetisch mit den folgenden Sätzen schloss:
Und so waget denn, hervorzutreten aus dem Schatten eurer Eichen im Oderthale, ihr Kinder und Zeugen einer dichtungsreichen Zeit! Wie klein und unbekannt eure Heimat – wie rauh euer Ton auch sey: euer Vaterland ist das große, das neugebohrene, in allen seinen Mundarten sich wiedererkennende Teutschland – euer Ton der nämliche, vor dem die Cäsarn auf dem Stuhle des Weltreiches zitterten. Mit diesem Tone rufet aus in allen Gauen zwischen Niemen und der Mosel, von den Küsten der Ostsee bis an die Alpen: Am Fuße der Karpathen haben arme Hirten uns bewahrt aus den Tagen der Väter – und ihr werdet, wohin der Fylgie euch trägt, wiederfinden die Liebe, die euch gesungen, fortgesungen und – auch gesammelt hat! (Aus der Vorrede a. a. O., S. 14)
Die Fylgie hat ihren Platz neben den anderen Volksliedersammlungen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekommen. Kritik an ihr, wie sie Kotzebue äußerte, blieb die Ausnahme. Kotzebue hatte im Österreichischen Archiv 1832 in Verbindung mit der Fylgie den Sinn und die literarische Qualität von Volksliedersammlungen überhaupt bezweifelt. Er habe kein Verständnis dafür „warum denn so viele deutsche Gelehrte so viele Mühe verschwenden, um alte Gedichte zu sammeln, die Niemand lese.“ Dagegen hoben andere Kritiker die Besonderheit dieser im Dialekt aufgezeichneten Liedersammlung hervor. Jacob Grimm war so beeindruckt von Meinerts Werk, dass er 600 Dukaten stiftete, um das Erscheinen des 2. Bandes zu beschleunigen, der die Melodien zu den Liedtexten enthalten sollte. Diesen 2. Band hat Meinert immer wieder hinausgezögert. Schließlich musste er eingestehen, dass er ihn nicht mehr herausgeben könne, obwohl er schon einen dafür geeigneten Musikwissenschaftler gefunden hatte.
Eine besondere Rolle bei der Fertigstellung des ersten Bandes der Fylgie spielte der Pfarrer von Partschendorf, Johannes Beyer. Er ist wie kein anderer Meinert beim Sammeln der Lieder behilflich gewesen. Manche Forscher schätzen seinen Anteil am Zustandekommen des Projektes so hoch ein, dass sie der Meinung sind, dass Meinert ohne die Hilfe Beyers die Aufgabe nicht hätte bewältigen können. Johannes Beyer war ein bei den Partschendorfern sehr beliebter Pfarrer. Wo er nur konnte, half er den ärmeren Menschen in seiner Gemeinde und teilte mit ihnen, was er hatte. Bei seinem Tod hinterließ er einen entsprechend großen Schuldenberg.
Johannes Beyer wurde 1757 im kuhländischen Wagstadt geboren. Ab 1802 war er bis zu seinem Tod 28 Jahre als Pfarrer in der Gemeinde Partschendorf tätig. Er war also im Unterschied zu Meinert ein echter Kuhländler, der mit dem Land, den Menschen und der Mundart eng verbunden war. Er hat an den dörflichen Festen und Spinnstubenabenden teilgenommen, hat die dort gesungenen Lieder aufgezeichnet und gesammelt und hat seine eigenen Lieder vorgetragen. Nach seinem Tod fand man eine umfangreiche Liedsammlung, aufbewahrt in drei Kisten, die aber verloren gegangen ist.
Beyer war es auch, der die Menschen seines Dorfes zum Vorsingen in das herrschaftliche Schloss einlud. Es ist zu vermuten, dass er bei diesen Auftritten Mundartausdrücke, die Meinert unbekannt waren, erläuterte. Außerdem war Beyer in der Lage, die Melodien der vorgesungenen Lieder in Noten festzuhalten. Meinert wird die Entscheidung über die endgültige Fassung der Liedtexte nach Befragung der Sänger getroffen und die Erstellung des Dialektwörterbuches übernommen haben.
Johannes Beyer, der die Leute mit seinen Späßen und Liedern gern unterhielt, war eine Frohnatur. Der gute Kontakt zu den Leuten im Dorf war ihm wichtiger als die kirchliche Disziplin und Lehre. Des Öfteren erregte er den Unwillen seiner Kirchenoberen in Olmütz. Als seiner Kirchenleitung nun sein enger Umgang mit Meinert bekannt wurde, erhielt er einen Verweis und die Auflage, jeden Kontakt mit Meinert abzubrechen. Nach kirchlicher Lehre lebte Meinert mit seiner Frau in Unzucht und es konnte von der Kirchenleitung nicht hingenommen werden, dass ein Priester an dieser Verbindung keinen Anstoß nahm.
So erklärt es sich, dass Johannes Beyer von Meinert nur in einer Anmerkung seiner Vorrede kurz erwähnt wird. Er wollte damit offensichtlich verhindern, dass Beyer noch mehr Schwierigkeiten mit seiner Kirchenleitung bekam. Um Beyer, der es von seinem Arbeitsumfang wohl eher verdient hätte als Mitherausgeber der Fylgie erwähnt zu werden, dennoch seinen Dank auszudrücken, ließ Meinert eigens den Maler Ignaz Chambrez aus Krakau nach Partschendorf kommen, der dann ein großes Porträt von dem Partschendorfer Pfarrer anfertigte, das bis 1945 im Pfarrhaus des Dorfes hing. (Friedrich Goedeking, Baška)