Der Vater Josef Eisenberg arbeitete als Postbeamter, die Familie übersiedelte bald nach Bielitz, wohin der Vater als Kontrolleur der Eisenbahnpost und später Postdirektor versetzt wurde. Hier wuchs sie auf und besuchte das deutsche Gymnasium. Obwohl die Familie ihrer Mutter ursprünglich tschechisch war (die Mutter, eine geborene Vostal, stammte aus Mistek) und die Familie des Vaters aus dem Polnischen kam, genoss sie eine ausschließlich deutsche Erziehung und Ausbildung. Nach dem Abitur praktizierte sie in der Apotheke von Skotschau. 1920 heiratete sie den Apotheker Robert Eisenberg in Orlau und lebte dort bis 1945.
1935 erschien ihre erste Gedichtsammlung Liebeslieder, die zweite – Der Weg ins Unendliche. Liebesgedichte – erschien 1936. Beide enthalten empfindsame, melancholische Verse, voll Sehnsucht nach Liebe und Erfüllung. Manche Gedichte, die die Einsamkeit beklagen (z. B. Wie bin ich bitterlich allein oder Klage, Der schwerste Stein) zeugen von echter Empfindung und gewandtem Ausdruck, andere (Gott selbst zu sein) klingen pathetisch banal aus. Ihre Motive sind der Natur entnommen – Wasser, Wellen, Wind, Himmel – und metaphorisch eingesetzt. Die Verse zeugen von Belesenheit und Umgang mit Lyrik. Um Missverständnissen in der Familie und im Bekanntenkreis vorzubeugen, nahm sie als Pseudonym den Mädchennamen ihrer Mutter an, der sie auch einige Gedichte widmete (Wir Mütter, Die Mutter stirbt u.a.m.) In der 2. Hälfte der 30er Jahre erschienen einige Gedichte der Lyrikerin im deutschen Blatt Morgenzeitung in Mährisch Ostrau, wo ihr Gedichtband positiv rezensiert wurde. Seit 1937 veröffentlichte Nina Wostall in der Sonntagsbeilage des Blattes einige Übertragungen von Versen zeitgenössischer tschechischer Dichter, u.a. von Otokar Fischer, Ondra Łysohorsky, Vojtěch Martínek, die den Ton ihrer eigenen Gedichte im Sinne der Absage an intim Persönliches und der Zuwendung zu sozialen Themen und zur volkstümlichen Poesie der Goralen beeinflussten.
Den größten Einfluss übte auf sie die Persönlichkeit und das dichterische Werk von Petr Bezruč aus, das sie ebenfalls erst in der 2. Hälfte der 30er Jahre kennen lernte. Die in Bezručs Nachlass erhaltene Korrespondenz zeugt von der Faszination der Dichterin durch Bezručs Gedichte. Außer einigen Nachdichtungen einzelner Gedichte von Bezruč liegt von Nina Wostall eine sehr gute Übertragung von Bezručs größerer Dichtung Das blaue Ordensband vor, die allerdings nie gedruckt wurde, die handschriftliche Fassung von 1937 befindet sich im Nachlass des Dichters. 1936 verfasste Nina Wostall einen Aufsatz für die deutsche Sendung des Ostrauer Rundfunks, in dem sie Bezruč aufforderte, zu den sich verschärfenden nationalen Auseinandersetzungen in schlichtendem Sinne Stellung zu nehmen. Diese Aufforderung wiederholte sie in ihren Briefen an Bezruč, die von ihrer humanistischen Auffassung der Mittlerrolle der Künstler zeugen, sie aber nicht vor einem gewissen nazifreundlichen Engagement in der NS-Zeit bewahrte.
Laut ihrer Korrespondenz (Briefe an Bezruč 1937 u. 1945) setzte sie sich stets für die Verständigung zwischen Deutschen, Tschechen und Schlesiern ein und beschäftigte sich während des 2. Weltkrieges mit ethnographischen Studien des Gebietes von Teschen. Nach dem Kriegsende war sie 5 Monate in Lagerhaft in Orlau, dann eine kurze Zeit in Jablunkau. 1946 wurde sie – nachdem sich Bezruč erfolglos für sie eingesetzt hatte – nach Bayern ausgesiedelt und lebte später in Hamburg. Nach dem Tode ihres ersten Gatten heiratete sie den Apotheker Erich Misselwitz in Hamburg, lebte bis 1989 in Bad Reichenhall und dann in Landshut.
1964 erschien ihre Gedichtsammlung Goralen. Lieder aus den Beskiden, die volkstümliche Paraphrasen auf Lieder der schlesischen Bergbewohner und (der Rezension Rusinskýs nach) wohl auch Übersetzungen von Volksballaden und Weihnachtsliedern enthält, die die Dichterin aus ihrer Heimat um Jablunkau kannte. Die eigenen Gedichte schildern den Jahreskreis der Goralen, vor allem aber die kirchlichen Feiertage. Das Leben der Hirten wird in seiner Mühseligkeit idyllisch geschildert, die Frömmigkeit und Ergebenheit in Gott wird betont. Die Sammlung ist von einer aufschlussreichen Einführung von Walter Kuhn eingeleitet. (Lucy Topoľská, Olmütz)
Bibliographie
Weitere Werke:
Eine Erzählung von Nina Wostall enthält die Sammlung von Erzählungen Die wundersame Stadt. Prager Geschichten. Zusammengestellt von G. M. Greif-Bayer. Prag Haase 1942. (Vertreten sind u. a. K. H. Strobl, H. Watzlik, W. Pleyer, R. M. Rilke.)
Nachdichtungen:
Otokar Fischer In: Morgenzeitung (Ostrau) 21. 2. 1937; Ondra Łysohorsky In: Morgenzeitung 14.3. 1937 u. 27. 2. 1938; Petr Bezruč In: Těšínsko, 1967, Nr. 3, S. 4; Petr Bezruč: Das blaue Ordensband – im Nachlass des Dichters (Památník Petra Bezruče, Opava).