Der nordmährische Schriftsteller und Lehrer Josef Orel wurde am 18. März 1868 in dem kuhländischen Neutitschein in einer Familie katholischer Konfession geboren und am 25. März wurde er ebenda getauft. Sein Vater Johann Orel arbeitete als Buchbindermeister in Neutitschein und war mit Anna (geb. Lichnofsky) verheiratet. Josef Orel besuchte die hiesige Oberrealschule, die er 1886 mit einer erfolgreichen Abiturprüfung abschloss. Nach dem Abitur begann er an der Lehrerbildungsanstalt in Troppau zu studieren und 1887 erhielt er das Zertifikat für den Unterricht an Volksschulen. Die erste Lehrerfahrung machte Orel in Römerstadt und 1890 wurde er nach der Lehrbefähigungsprüfung zum Schulleiter in Harrachsdorf (bei Römerstadt).
Am 8. August 1891 heiratete Josef Orel in Römerstadt die von dort stammende Adelheid Brušek (Brussek), die Tochter des damaligen Straßenmeisters. Orel lebte mit seiner Frau in bescheidensten Verhältnissen - sein jährliches Gehalt betrug damals 550 fl. (Gulden) - und obwohl er sich sicherlich um das tägliche Brot sorgte, begann er in der Mitte der 90er Jahre die ersten Werke zu produzieren, die ihn rasch über die Grenzen seiner (nord-)mährischen Region hinaus bekannt machten. Beim Schreiben vergaß er allerdings nicht seine ursprüngliche Lehrprofession, die ihm gleichzeitig ein regelmäßiges Gehalt sicherte: Aus materiellen Gründen entschied sich Orel im November 1903 die Lehrbefähigungsprüfung für Bürgerschulen abzulegen. 1904 wurde er zum Fachlehrer an der Knabenbürgerschule in Hof und im nachfolgenden Jahr zum Fachlehrer an der Mädchenbürgerschule in Sternberg. Die professionelle und literarische Karriere Orels wurde jedoch durch seinen frühen Tod unterbrochen: Josef Orel verstarb am 14. August 1907 mit 39 Jahren in Römerstadt, wo er seine Freizeit bei seinen Schwiegereltern verbrachte, infolge der Morbus-Basedow-Krankheit (einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse). Neben seiner Gattin Adelheid hinterließ er vier Kinder.
In seinen Werken, die in einer wuchtigen, jedoch gleichzeitig schwungvollen Sprache geschrieben wurden, stellte Josef Orel sowohl Gestalten aus seiner nordmährischen Heimat und dem heimischen Sagenkreis, als auch Helden aus der germanischen Geschichte dar. Das Interesse an den längst vergangenen Zeiten, zu denen Orel ebenfalls in seinen späteren Werken zurückzukehren pflegte, verrät bereits sein Erstlingswerk - die Erzählung Ariogais (1896), mit dem Untertitel Eine Erzählung aus der Quaden Heldenzeit. Der Text wurde in der Weihnachtsgabe des Vereins "Deutsches Haus" in Brünn veröffentlicht, der auch später für die Herausgabe einiger weiterer Werke Orels sorgte.
Im nächsten Werk, der vaterländischen Erzählung Unter Altvaters Mantel (1898), konzentrierte sich Josef Orel dagegen auf das volkstümliche Leben im nordmährischen Gebiet. Die Erzählung hatte Erfolg und Orel gewann im Oktober 1898 dafür einen Preis von 600 Kronen. Der Preis wurde von dem bereits erwähnten Verein "Deutsches Haus" verliehen, bei dem das Werk gleichzeitig herausgegeben wurde, und das allgemeine Thema des Wettbewerbes war die "Schilderung deutschen Landes und deutschen Lebens in Mähren". Die Erzählung wird mit dem Spruch "Erst mein Volk" eingeleitet, der zum Geleitspruch für Orels Leben wurde und gleichzeitig auf sein tief verwurzeltes, volkstümliches Bewusstsein hinwies.
Mit der Erzählung Deutsche Treue kehrte Orel wieder in die entfernte Vergangenheit zurück, und zwar in die Zeit des Eindringens der Slawen in Mähren um 550 nach Christus. Der Text wurde 1899 in Römerstadt im Verlag Bundesgruppe herausgegeben.
1900 veröffentlichte Orel sein einziges Drama König Gabin (als Teil der Weihnachtsgabe des Vereins "Deutsches Haus"). Das Schauspiel in fünf Aufzügen wurde in die deutsche heidnische Vorzeit (in die Zeit der Quaden) versetzt und Orel gelang es "in gewaltigen Zügen das damalige Denken, Fühlen und Handeln zu schildern". Die Hauptfigur - der quadische König Gabin - verkörpert das deutsche Rechtsgefühl und fällt gerade deswegen einer römischen Hinterlist zum Opfer. Er wird jedoch von seinem Volk gerächt, das die Römerstadt Carnuntum zerstört und dadurch dem römischen Einfluss in den Donauländern den ersten Todesstoß versetzt. Orel gelang es gut mittels bildreicher Sprache den Gegensatz zwischen dem Römertum und dem Germanentum hervorzuheben und dabei ein gediegenes Bild alldeutschen Rechtsgefühls und deutscher Treue zu schildern.
Im Hinblick auf die historischen Werke Orels ist das literarische Schaffen des zeitgenössischen Autors Guido von List (1848-1919) zu erwähnen. Der fast um eine Generation ältere List versuchte ebenfalls wie Orel die deutsche klassisch-romantische literarische Tradition mit kolportageartigen Elementen zu verbinden und dadurch die Literatur dem Volke zu vermitteln. Die Werke beider Autoren aus diesem Zeitraum, die die germanische Geschichte thematisieren, sind stilistisch, lexikalisch, aber auch metaphorisch nah verwandt. Als Paradebeispiele seien das Germanendrama König Vannius (1899) von List und das bereits angesprochene Schauspiel König Gabin genannt. Erwähnenswert ist ebenfalls die Tatsache, dass in der damaligen Vorhalle des "Deutschen Hauses" sowohl Standbilder von Vannius als auch von Gabin zu sehen waren.
Die Erzählung Gisa (1900) führt den Leser in die Zeit der Völkerwanderung und erzählt von König Fava, der über die arianischen Rugier herrscht, und seiner Gattin Gisa, die sich in Ruothart, einen quadischen Goldschmied, sündhafter Weise verliebt. Ruothart will aber seinem Weib Fridun treu bleiben und die verschmähte Gisa schmiedet deswegen einen Racheplan. Die Erzählung bietet eine spannende Geschichte mit gewaltigen Bildern, die neben den Liebesbeziehungen auch das Schicksal der römischen und rugischen Bevölkerung thematisiert.
Orels dichterische Begabung zeigt sich besonders gut im Berggesang Agneta, die Hexe von Ullersdorf (1901). Im Text wird die Natur Ullersdorfs herrlich geschildert, in den reizenden lyrischen Abschnitten kommen die verschmähte Liebe Agnetas zu Peter, Schmerz, Rachedurst, Ungerechtigkeit und Hoffnung zum Ausdruck und daneben werden die berüchtigten Hexenprozesse in Groß Ullersdorf problematisiert.
1905 erschien in Troppau beim Verlag Nordmark die Erzählung Erbsünden. Diesmal wählte Orel die Sprachgrenze Westtschechiens als Handlungsort seiner Geschichte, die von den stürmischen Verhältnissen zwischen den Deutschen und Tschechen erzählt, und schilderte einen Kampf zwischen den beiden, womit er das Innerste der Volksseele berührte.
Aus den weiteren Werken Orels, die in der zeitgenössischen Presse (oft) in Fortsetzungen veröffentlicht wurden, sind noch das Märchen Fürst Waldmeister (1902, in Deutsche Wacht für die Bezirke Hohenstadt, Müglitz und Schildberg) und die Erzählungen h (1902, Erzählung aus der Zeit des Durchzuges der Langobarden durch Mähren, in der Zeitung Deutsche Wacht für die Bezirke Hohenstadt, Müglitz und Schildberg), Das alte Schloß (1903, eine vaterländische Geschichte von Eulenberg, in dem Deutschen Volkskalender), Am Wigstein (1921, Erzählung aus grauer Vorzeit, posthum in der Zeitung Das Kuhländchen) und Das Tatarenglöckchen (1927, Erzählung aus dem 13. Jahrhundert, posthum ebenfalls in Dem Kuhländchen) zu nennen.
Neben den prosaistischen und dramatischen Geschichten verfasste Josef Orel einige Feuilletons und außer dem poetischen Werk Agneta, die Hexe von Ullersdorf publizierte er um die Jahrhundertwende in den damaligen Zeitungen ebenfalls verschiedene Gedichte, die man der volkstümlichen, Liebes-, Natur- und Gelegenheitslyrik zuordnen kann. In einigen Gedichten kann man wieder deutlich Orels Vorliebe für die germanische Vergangenheit spüren.
Trotz des früh abgeschlossenen Lebensweges war Josef Orel ein bedeutender vaterländischer Schriftsteller, gleichzeitig ein tüchtiger Lehrer, aber vor allem ein deutschgesinnter Mann, dessen nationale Einsichten und enge Beziehung zum Heimatland und zu allem Volkstümlichen in seinen Werken bis heute deutlich zu spüren sind.
(Bearbeitet von Radek Flekal auf Grundlage der Sekundärliteratur und der zeitgenössischen Presse)