Aus dem Kuhländchen stammte der Heimatschriftsteller Richard Hauptmann, der Neffe von Josef Hauptmann. Er wurde in Oderfurt geboren, seine Kindheit und Jugend verbrachte er bei seinen Großeltern in Deutsch-Jaßnik. Er besuchte Schulen in Neutitschein, Mährisch-Ostrau und Mährisch Schönberg. Wegen seiner Tätigkeit als Wanderlehrer in der Grenzlandjugendbewegung wurde er im Jahr 1932 verhaftet. Im selben Jahr flüchtete er nach Oberschlesien, wo er heiratete. Nach dem Kriegsdienst und der Entlassung aus der russischen Gefangenschaft fand er seine Familie in Coburg wieder. Dort baute er seine Existenz neu auf, wurde zum Leiter des Altersheimes Schloss Callenberg, ab 1952 auf Schloss Neuhof bei Coburg. Der Erzähler und Lyriker Richard Hauptmann starb jung am 19. August 1970 im Schloss Neuhof bei Coburg. Die Witwe, Irmgard Hauptmann, gab im Jahr 1996 eine Auswahl seiner schönsten Gedichte heraus.
Das Thema von Hauptmanns Dichtungen war die alte Heimat. Er selbst bezeichnet sein Werk als „Kalendergeschichten“. In solchen Geschichten wollte der Autor seine alte Heimat beschreiben und über ihre Schönheit erzählen. Schriftstellerisch war Hauptmann aber nicht nur seiner alten Heimat im Osten verpflichtet, sondern widmete auch der zweiten Heimat, der Coburger Landschaft, große Aufmerksamkeit. Das beweist auch der Titel seines in der Buchreihe Aus mährischer Scholle erschienenen Werkes Neubeginn. Erzählungen und Gedichte von dort und hier.
In der leicht moralisierenden Erzählung Johannislinden erinnert sich der Autor an die Kinderzeit und erzählt von einem bösen Buben, einer Strafe und einer Besserung. Die Geschichte wurde nach dem Spielort der kleinen Kinder benannt. Sie spielten zu den Füßen der Statue von Johannes von Nepomuk, die von vier Linden umgeben wurde. Der Erzähler weiß, dass das Dorf zum Zeitpunkt des Erzählens schon verlassen und ihm fern ist, doch das Rauschen der Lindenbäume blieb in seiner Erinnerung haften. Ungeachtet der Spötter bekennt er sich hier zu seiner Heimatliebe.
Die Geschichte Die Holunderbraut erzählt von einem 28-jährigen Mädchen aus dem Kuhländchen, das einen im Garten stehenden Holunderbaum schützte. Sie verband mit ihm die Erinnerungen an ihre Eltern. Unter diesem Baum blühte auch ihre Liebe zu dem Manöveroberleutnant Fels auf, einem Lehrer aus Oberschlesien. Und der Holunderbaum war ebenfalls stummer Zeuge ihrer Hochzeitspläne und des letzten Abschieds. Statt als Eheleute für immer beisammen zu sein, kam alles anders. Der Zweite Weltkrieg brach aus, aus dem Lehrer wurde ein Soldat, der Holunder überstand den Winter nicht. Und als der erfrorene Baum einen neuen Spross trieb, meldete ein Schreiben der Feldeinheit den Heldentod des Majors Fels. Das Mädchen lebte bis zum Ende des Krieges mit der Mutter des Verlobten im Kuhländchen, nach der Vertreibung wanderte die Holunderwurzel mit den zwei Frauen in eine ungewisse Zukunft, damit sie in die Erde der neuen fränkischen Heimat verpflanzt wurde. Da wuchs aus der alten Wurzel ein neuer Baum und die beiden Frauen fanden schließlich ihre neue Heimat.
In dem Werk Kleine Kuhländler Hauspostille findet man heitere und besinnliche Erzählungen, Gedichte, Legenden und Märchen, die das Leben im Kuhländchen zum Thema haben und einen Einblick in die Seelen der einfachen Leute gewähren. Das Erzählte ist nach dem Jahresablauf geordnet und zweigeteilt, die Zeit vom Jahresbeginn bis zum Sommer enthält der erste Band, Herbst und die Winter- und Weihnachtszeit beinhaltet der zweite Band. In den Geschichten lässt Richard Hauptmann seine Landsleute am Fastnachtsdienstag Kuhländler Tänze tanzen, Ende Mai ein Feuerwehrfest feiern und an einer Fronleichnamsprozession teilnehmen.
Aus dem ersten Band stammt die Erzählung Maria Lichtmeßgütig. So wird der Maurer Gabriel Böhnisch genannt. Da sich genau am Maria Lichtmesstag seine kranke Tochter von einer schweren Lungenentzündung erholte, dachte der fromme Vater an ein Wunder und erzählte jedem, dem er begegnete, diese wundersame Geschichte. Einige Jahre später, am Ende des Zweiten Weltkrieges, als im Mai 1945 die Russen das Dorf besetzten, kamen sie auch in die Stube des nun neunundachtzigjährigen Böhnisch und plünderten sie. Das Toben der russischen Soldaten beendete erst die Ankunft eines russischen Offiziers. Als er behauptete, er habe auch so eine Tochter wie Marie gehabt, sie sei aber tot, erzählte ihm der Alte sofort seine Wundergeschichte. Der gerührte Russe hinterließ ein Schreiben, das Böhnisch und seine Tochter vor den tobenden Soldaten retten sollte. Der Fromme sah in dem Russen sofort einen Heiligen und hatte ein neues Wunder zu erzählen. Dann wurde die Familie einige Jahre in Ruhe gelassen. Am Lichtmesstag des Jahres 1946 wurde sie erneut angegriffen, jetzt aber nicht von den Russen, sondern von den Tschechen. Und erneut wurde der Alte von dem russischen Offizier gerettet, den ein Marschbefehl wiederholt durch die Gegend führte und der Marie sehen wollte, die seiner Tochter so ähnlich war.
Die Geschichte Der Maulbeerbaum berichtet von der unerfüllten Liebe zwischen Ivo Löwlein, Sohn eines jüdischen Fabrikanten, und Brigitte aus einer armen Arbeiterfamilie. Sowohl Ivo als auch Brigitte spielten nie mit anderen Kindern: Ivo, weil er still und in sich gekehrt war, Brigitte, weil sie wegen ihrer schönen Stimme von anderen Kindern beneidet und für hochmütig gehalten wurde. Ivo und Brigitte fanden den Weg zueinander, aber als in ihren Herzen die Liebe entflammte, wurden sie auseinander gerissen und sahen sich nie wieder.
Im zweiten Band erzählt Hauptmann beispielsweise, wie die Gräfin Walburga von Truchseß-Zeil ins Dorf aus der Schweiz Obstbäume einfahren ließ und die Bauern beauftragte, sie in die Kuhländler Erde einzupflanzen. Doch die Bauern glaubten nicht an das Gedeihen des fremden Obstes und taten es nicht.
Eine andere heitere Geschichte, Mein Sohn, der Herr Student, erzählt, wie ein fehlgeschlagener Auftrag zwei zerstrittene Bauern versöhnte und zur Hochzeit ihrer Kinder führte. Auch die Nikolausgeschichte Sankt Nikolaus bringt Glück ins Haus erzählt von Liebe. Zwei als Nikolaus und Krampus verkleideten Männern, Lois und seinem Onkel Gregor Dehmel, gelang es vor Zeugen, das Herz der Bäuerin zu erweichen und ihr das Versprechen abzuringen, dass sie der Heirat ihrer Tochter mit dem Knecht Lois zustimmt. Bei dieser Gelegenheit fragte Onkel Dehmel gleich die Bäuerin, eine Witwe, ob sie ihn heiraten wollte. So wurde der Knecht Lois zum Schwiegersohn des Onkels.
Die Kurzgeschichte Das Kaiserquartett berichtet über eine, auch in schwierigen, politisch bewegten Zeiten immer währende Freundschaft, ausgelöst von der Liebe zur Musik. Man schreibt den 4. März 1919, in mehreren Städten treffen die Deutschen zusammen, um eine deutsche Protestkundgebung abzugeben, ihre Versammlung wird jedoch von tschechischen Soldaten auseinandergetrieben. Trotzdem treffen sich in dem mährischen Dorf Barnsdorf, heute Bernartice, vier alte Freunde zum gemeinsamen Musizieren: drei Tschechen (Pfarrer, Oberlehrer, Postmeister) und der aus Neutitschein stammende Deutsche Vinzenz Ordelt. Einerlei, ob nun Dvořák oder Haydn gespielt wurde, die Musik führte sie seit über dreißig Jahren zusammen.
(Štěpánka Kuříková und Veronika Uhrová)