Unvollendet

Mährisch Aussee


Die Stadt Mährisch Aussee (tsch. Úsov) erstreckt sich am Gebirgsgfuß des Ausläufers des Altvatergebirges, der sich von diesem Städtchen entlang nach Norden zum Berg Bradlo und weiter zu Mährisch Schönberg zieht. Das Städtchen (die durchschnittliche Höhe über dem Meeresspiegel ist 280 M.) erstreckt sich im Tal des Baches unter dem Schloss an einer Anhöhe, die sich aus der ehemaligen Vorburg in einen steilen Abhang nach Osten erhebt, wobei sich im Westen ein Stück faltiges Flachland, genannt Mohelnicke brázdy, befindet. Der gewellte Kataster von Aussee, der die Fläche von 772 ha einnimmt, bildet im Osten gleichzeitig die Grenzen des Bezirkes und im Süden erstreckt sich eine kleine Spitze in das Landschaftsschutzgebiet Littauer Marchtal (tsch. Litovelské Pomoraví).

Es ist wahrscheinlich, dass der tschechische Name Úsov aus einem Personennamen Ús entstanden ist, und dieser Name ist wieder vom tschechischen Wort für die Bezeichnung des Schurrbartes – vús – abgeleitet. Es wird oft falsch vermutet, dass sich der Name von der Bezeichnung für Vögel (Eulen), ableitet. Das tschechische „u sov“ bedeutet so viel wie „zu den Eulen“. Diese (falsche) Version wurde aber trotzdem lange tradiert. Ebenfalls wird die deutsche Bezeichnung Mährisch Aussee (bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nur Aussee) von dem ursprünglichen slawischen Namen abgeleitet, erst später wurde seine Etymologie im völkischen Sinne mit einer Au und einem See verbunden. Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts wurde zwischen der Stadt und dem jüdischen Städtchen, das sich in seiner unmittelbaren Nähe erstreckte, nicht unterschieden. Im Gegensatz zu der Mehrheit der jüdischen Gemeinden hatte dieses Städtchen keine eigene Verwaltung.  

Die Geschichte der Stadt Mährisch Aussee ist unmittelbar mit der hiesigen Burg, später mit einem Schloss, verbunden. Die Burg lies der mährische Markgraf bauen und die erste glaubwürdige Erwähnung dieser Burg bezieht sich auf das Jahr 1260. Die Burg und das Herrengut wurden an Adelsfamilien verpfändet, wie zum Beispiel im Jahre 1330 kurzzeitig an den Herren aus Sternberg und vor allem dann im Jahre 1408 an den Herren aus Wlaschim. Das Schloss Úsov wurde damals wahrscheinlich umgebaut und vergrößert und wurde zum Zentrum eines ausgedehnten Anwesens. Schon im 14. Jahrhundert diente Mährisch Aussee als Ort, an dem Mautgebühren eingesammelt wurden und unter der Burg befindet sich ein Städtchen mit der St. Ägidius-Kirche. Aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammen die ersten Erwähnungen von Eisenhammer in der Umgebung von Aussee und der Gemeinde Meedl (tsch. Medlov). Es wurde hier Eisenerz abgebaut. Im Jahre 1513 schenkte der König Vladislav II Ladislav z Boskovic die Burg Úsov (Mährisch Aussee), die Stadt Littau und einen großen Teil des Herrengutes als Erbbesitz. Zu dem Herrengut von Aussee gehörten die Burg Úsov, die Stadt Mährisch Aussee, die Stadt Littau und 27 Dörfer oder ihre Teile. Direkt in Mährisch Aussee befand sich ein Hof, eine Brauerei, zwei Mühlen und vier Teiche in der Umgebung. Nach dem Erlangen verschiedener Privilegien verwandelte sich die Vorburg in eine kleine Markstadt und im Jahre 1564 lebten hier schon 54 Menschen, von denen die Mehrheit einen tschechischen Namen besaß. Die erste Gruppe von Juden gab es in Mährisch Aussee ungefähr ab der Mitte des 16. Jahrhunderts und diese Gruppe bildete eine selbstständige Gemeinde mit eigenem Bethaus und Friedhof. Nach dem Aussterben der männlichen Linie der Herren aus Boskowitz im Jahre 1579 wurden all ihre Güter durch zwei Eheschließungen von den Lichtensteinern erworben, die dadurch schon vor der Schlacht am Weißen Berg eine sehr gute Grundlage für ihre Besitz- und Machtherrschaft in ganz Nordmähren schufen. Diese Gegend erlangten die Lichtensteiner als Gefolgsleute des Kaisers nach der Niederschlagung des Ständeaufstandes in Böhmen im Jahre 1620.

Das Herrengut von Aussee (Úsovské panství) wurde während des Dreißigjährigen Krieges stark verwüstet, so dass es als „sogar verdorben“ bezeichnet wurde. Im Jahre 1643 wurde die Burg Úsov und ein Teil ihrer Vorburg von den Schweden niedergebrannt. Einige Häuser wurden verwüstet, die Stadt an sich erholte sich aber sehr schnell. Die jüdische Gemeinde verbreitete sich schnell und gründete neben der Pfarrschule ihre eigene Schule für jüdische Kinder. Die Burg wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder in Stand gesetzt und in den Jahren 1688 bis 1699 wurde ein Barockschloss in dem Burgareal errichtet. Im Jahre 1726 wurde das Schloss erweitert und auch die Pfarrkirche wurde umgebaut. Mit der Ankunft neuer Bewohner und der Katholisierung setzte sich auch die Germanisierung fort. Im Jahre 1775 kam es im Herrengut von Aussee zu Unruhen innerhalb der Untertanen, was in Mähren eine Ausnahme darstellte. Im Jahre 1834 hatte Aussee, einschließlich der jüdischen Gemeinde, insgesamt 241 Häuser und 1979 Bewohner. Davon waren 721 Juden. In der Umgebung wurde in dieser Zeit immer noch Eisenerz abgebaut. Die Versuche, Schloss Úsov in den Jahren 1852 bis 1867 als Forstschule und später in den Jahren 1911 bis 1914 als Müllerschule zu nutzen, verliefen unerfolgreich. Nichtsdestotrotz wurde der Vorschlag des Försterfachmanns J. Wiehl, im Schloss ein Jäger- und Förstermusem zu errichten, angenommen. Seit dem Jahre 1901 hatte dieses Museum immer mehr Besucher.

Mährisch Aussee, als Zentrum eines sich weit erstreckenden Herrengutes, verlor nach 1848 an Bedeutung, was sich auch in der demografischen Situation widerspiegelte. Wenn es in der Stadt in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch fast 2500 Bewohner gab, sank die Bewohnerzahl im Jahre 1900 auf 1765 Personen in 260 Häuser und vor dem Jahre 1938 erreichte die Bewohnerzahl kaum noch 1500 Personen. Die Stadt lag an einer bedeutenden Nationalitätengrenze zwischen der deutschen und tschechischen Bevölkerung und schon vor dem Ersten Weltkrieg gab es hier neben der deutschen und jüdischen Bewohner auch eine relativ starke tschechische Minderheit, die im Jahre 1930 mit 597 Angehörigen schon eine starke Konkurrenz für die deutsche Mehrheit, der 860 Personen angehörten, darstellte. Die Stadt mit ihren sehr gut entwickelten Handwerk- und Handelstätigkeiten diente auch den Dörfen in der Umgebung, aber auch diese Tätigkeiten wurden oft von nationalen Problemen und Bemühungen beeinflusst, die sehr oft in offene Konflikte mündeten. Darüber hinaus wurde auch das Verhältnis zu den Juden in Aussee angespannt. Diese Konflikte äußerten sich vor allem bei der Eröffnung einer Schule für die tschechische Minderheit im Jahre 1908 und nachfolgend bei der Eröffnung der deutschen und daneben tschechischen Bürgerschule im Jahre 1919.

Unter den deutschen Wählern erlangten bis zum Jahre 1935 die Christlichsozialen die meisten Stimmen, dann die Anhänger von K. Henlein. Unter den tschechischen Wählern waren es die Nationalsozialisten. Während der Besatzung in den Jahren 1938 und 1945 wurden die tschechischen Schulen geschlossen und die tschechische Minderheit in Aussee wurde zum Schweigen gebracht. Einigen verliebenen Juden ist es kurzzeitig gelungen, in das Landesinnere zu fliehen. Die Synagoge wurde jedoch geplündert. Die hiesige, in der Vergangenheit sehr starke jüdische Gemeinde, verkleinerte sich rapide (z. B. von den 162 Juden im Jahre 1880 sank die Zahl im Jahre 1930 auf 20) und dieser Trend wurde drastisch durch die nazistische Besatzung forgeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Aussee schnell von tschechischen Familien besiedelt, teilweise auch von Reemigranten aus Wolynien, trotzdem sank die Zahl der hiesigen Bewohner im Jahre 1950 auf 933 Personen in 251 Häusern.

In Mährisch Aussee wurde der Sprachwissenschaftler Slavomír Utěšený (1925 – 1989) geboren und in der hiesigen jüdischen Gemeinde wirkte der auf Deutsch schreibende Dichter Vlastimil Artur Polák (1914 – 1990). Viele Jahre arbeitete hier der Lehrer Stanislav Makas (1877 – 1972), der Heimatforscher und Historiker der Stadt Mährisch Aussee war.  

(Der Text wurde von der offiziellen Internetseite der Stadt Mährisch Aussee übernommen: http://www.usov.cz/z-historie-mesta)


Autoren

Vlastimil Artur Polák

Geburtsdaten
03.04.1914
Mährisch Aussee

Sterbedaten
09.03.1990
Olmütz

Ernst Schafer

Geburtsdaten
25.03.1898
Wien/Floridsdorf

Sterbedaten
28.09.1942
Konzentrationslager Mauthausen

Werke

Bílá paní z ghetta