Die Biografie des Fürsten Felix Lichnowsky zeichnet sich einerseits durch viele Angaben über seine politische Tätigkeit, literarische (A. Varhagen von Ense, R. Varhagen, H. von Pückler-Muskau) und musikbezogene Kontakte (F. Liszt) aus, andererseits wurden einige seiner Lebensabenteuer zur Vorlage literarischer Werke (Heine, G. Weerth). Viele Informationen über F. Lichnowsky bieten seine Werke Erinnerungen aus den Jahren 1837 – 1839 und Portugal. Erinnerungen aus dem J. 1842, in denen die militärischen Erfahrungen des Fürsten Lichnowsky charakterisiert werden.
Obwohl der Name Felix Lichnowskys in Heinrich Heines Epos Atta Troll nicht auftaucht, wurde die Authentizität des realen Vorbildes durch dessen handschriftliche Vorstufe und durch das erste Kapitel des Feuilletonromans Georg Weerths Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski belegt. Da das Werk schon 1847 herausgegeben wurde, wurde der Fürst Lichnowsky in diesem Epos noch vor Anfang seiner politischen Karriere in der Nationalversammlung des Frankfurter Parlaments literarisch behandelt. Am Anfang des Werks wird der Fürst metaphorisch als Vertreter der adeligen Kreise beschrieben, der beide Bären – Haupthelden des Epos und symbolische Repräsentanten des armen Volkes – in Gefangenschaft hält. Weitere Informationen über den Fürsten Lichnowsky beziehen sich auf seinen Militärdienst in Oberschlesien (1835-1836), die unerfolgreichen Bemühungen um die Aufnahme in preußische diplomatische Dienste (1837) und auf seine militärischen Erfahrungen in der spanischen Armee unter Don Carlos (1837-1839). In diesem Zusammenhang erscheinen im Epos Anspielungen auf Lichnowskys Werk Erinnerungen aus Spanien, das von Heine als „honettes Werk“ bezeichnet wurde. In demselben Caput spielt auch die im ironischen Ton getragene Darstellung der finanziellen Probleme des Fürsten eine wichtige Rolle. Aus dem literarisch-historischen Vergleich der Gestaltung Schnapphahnskis im Epos Heines mit den biographischen Angaben über Felix Lichnowsky erweist sich, dass der Autor das Leben des Fürsten sehr gut kannte. Seine im Werk dominierende scharfe Ironie als Ausdruck der nach 1840 erstarkten liberalen Opposition bezweckt eine Kritik der Lebensweise und Privilegien des Adels, gegen die sich die oppositionellen Gruppierungen stellten.
Georg Weerth übernimmt im Feuilletonroman Leben und Thaten des berühmten Ritters Schanpphahnski die literarische Figur des Ritters Schanpphahnski von H. Heine. Weerth schildert die Abenteuer des Ritters Schnapphahnski in den Jahren 1835-1848, in denen auch die militärische und politische Karriere Felix Lichnowskys angefangen und kulminiert hat.
Nach der Ermordung des Fürsten Lichnowsky als eines rechtsorientierten Abgeordneten des Frankfurter Parlaments durch die aufständischen Truppen in Frankfurt am Main 1848, wurde Weerth der Verleumdung Lichnowskys angeklagt. Seine Behauptung, dass er in seinem Werk keine konkrete Person gestaltet hat, wurde von der Justiz scharf abgelehnt. Die Wahrhaftigkeit der Anklage Georg Weerths bestätigt auch der Vergleich der literarischen Vorlage mit dem Leben Felix Lichnowskys, der eine weitgehende Identität beweist. Da der angeführte Feuilletonroman von den biografischen Informationen und deren historischem Hintergrund ausgeht, kann er als Schlüsselroman bezeichnet werden. Trotzdem ist das Werk nicht von einigen historischen Ungenauigkeiten und zahlreichen satirischen Zügen frei. Die satirische Gestaltung Lichnowskys hat die Dominanz der Eigenschaften wie Feigheit, Unzuverlässigkeit, Eitelkeit, Berechnung, Durchtriebenheit und die ständige Wiederholung der Themen wie Liebesaffären, Finanznot und Zwischenkämpfe zur Folge. Obwohl die Abenteuer Schnapphahnskis mit vielen Skandalen verknüpft sind, unterliegt der Held keiner individuellen Reifung, wodurch der beleidigende Unterton des Feuilletonromans noch mehr akzentuiert wird.
Die literarischen, im Berliner Salon Rahel Varhagens entstandenen Kontakte Felix Lichnowskys sind durch die Korrespondenz und Tagebücher A. Varhagens, R. Varhagens und H. von Pückler-Muskaus belegt und spezifiziert. In diesen schriftlichen Dokumenten dominieren die positive Beurteilung des Werks Erinnerungen aus Spanien Felix Lichnowskys (H. von Pückler-Muskau), die Darstellung seiner negativen und positiven Eigenschaften (R. Varnhagen, H. von Pückler-Muskau) sowie die Anspielung auf eine der Liebesaffären des Fürsten (A. Varhagen von Ense).
Die Freundschaft zwischen dem Fürsten Lichnowsky und Franz Liszt bezieht sich auf den Zeitraum von 1841 bis 1848. Sie wurde besonders während Lichnowskys Pariser Aufenthaltes 1841 gefestigt, als der Fürst am Duell mit dem General Montenegro persönlich teilnehmen musste. Lichnowsky wurde bei diesem durch seine Kritik der militärischen Tätigkeit Montenegros hervorgerufenen Zweikampf schwer verletzt. Als der Fürst kurz darauf einen, den ganzen Streit charakterisierenden Brief an Liszt gerichtet hat, wandte sich der Komponist an den mit ihm befreundeten französischen Minister Guizot, der die unangenehme Angelegenheit ordnete. Die Freundschaft Felix Lichnowskys mit dem Komponisten vertiefte sich noch mehr während des gemeinsamen Aufenthaltes in der Gesellschaft der Gräfin Marie d´Agould auf der Rheininsel Nonnenwerth. Hier entstand Lichnowskys Gedicht Nonnenwerth, dessen beide letzten Strophen 1841 von Liszt vertont wurden. Diesem Aufenthalt folgte 1841 und 1842 eine Konzertreise Franz Liszts über Weimar, Dresden, Leipzig bis nach Berlin, die er in Begleitung Lichnowskys unternahm. In der Zeitspanne von 1843 bis 1845 wurde die Freundschaft auf schriftlicher Ebene gepflegt. Ende Mai 1846 besuchte Liszt zum ersten Mal das Schloss in Grätz bei Troppau und gab einige Konzerte in Troppau, Ratibor und Teschen. Zum zweiten Aufenthalt Liszts in Schlesien kam es zwei Jahre später. Auf dem Herrschaftsgut der Lichnowskys in Krzyzanowitz befasste sich der Komponist mit der Beurteilung einiger Frühwerke Bedřich Smetanas, um deren Herausgabe er sich später in Leipzig verdient machte. Kurz darauf weilte Liszt wieder auf Schloss Grätz bei Troppau, wo er mit der Arbeit an seiner symphonischen Dichtung Hungaria begann. Nach der Ermordung Felix Lichnowskys (1848) widmete Franz Liszt seinem langjährigen Freund eine seiner zwölf symphonischen Dichtungen Heroide funébre, die als Reaktion auf die revolutionären Begebenheiten 1848 entstanden. Zum letzten Mal wurde die Person des Fürsten Lichnowsky im Brief an Carl Lichnowsky vom 21. 6. 1876 erwähnt, in dem die Beziehung des Komponisten zur Familie Lichnowsky und deren musikalischer Tradition hervorgehoben wurde. Die Kontakte Felix Lichnowskys zu Franz Liszt wurden einerseits durch gegenseitige Hilfe bestimmt, andererseits verhalfen sie zur Durchsetzung des neoromantischen Stils in der Troppauer und Teschener Region, der durch spätere Aufenthalte Cosima Wagners in Grätz bei Troppau belebt wurde. (Iveta Rucková, Olmütz)
Archivquellen:
Zemský archiv Opava (weiter nur ZAO), Inventarnummer: 9, Karte: 4. Fotokopie des Briefs Ludwig van Beethovens an Jan Nepomuk Kaňka und Korrespondenz Karl Alois Lichnowskys mit Johann Wolfgang Goethe.
ZAO, Sig.: 252 C II 3. Briefe des zukünftigen preußischen Königs Wilhelm I. an Felix Lichnowsky und seine Mutter. ZAO, Sig.: B XIX 12. Korrespondenz Felix Lichnowskys mit seiner Mutter.
Texte, in denen Felix Lichnowsky auftaucht:
Beethoven, Ludwig van: Briefwechsel Gesamtausgabe. Bd. I. München 1996.
Forster, Adam Georg: Adam Georg Forsters Werke. Sämtliche Schriften, Briefe und Tagebücher. Bd. 14. Berlin 1978.
Goethe, Johann Wolfgang: Briefe und Tagebücher. Bd. II. Leipzig 1927.
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Darmstadt 1971.
Mozart, Wolfgang Amadeus: Mozart-Briefe. Frankfurt am Main 1991.
Orel, Alfred: Mozart in Wien. Wien 1944.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefwechsel und Tagebücher des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau. Bd. 9. Bern 1971.
Rilke, Rainer Maria: Briefe zur Politik. Frankfurt am Main/Leipzig 1992.
Varhagen, Rahel: Briefwechsel mit August Varhagen von Ense. München 1967.
Weerth, Georg: Weerths Werke in zwei Bänden. Bd. 2. Berlin - Weimar 1967.