Der Dichter, Romancier und Übersetzer Spunda war Sohn eines hauptsächlich für den katholischen Klerus des Erzbistums arbeitenden Schneiders, der aus einem tschechischen Dorf nach Olmütz gekommen war und unter dem Einfluss seiner deutschen Frau und des Milieus „germanisiert“ wurde. 1901-1909 besuchte Spunda das deutsche klassische Gymnasium in seiner Heimatstadt, studierte dann 1909-1914 Germanistik, Romanistik und Philosophie in Wien (einige Semester hat er auch in München, Berlin, Paris verbracht). 1914-1917 war er Soldat im Etappendienst, nach Entlassung aus dem Heer dann 1917-1918 Supplent in Mährisch-Ostrau. 1918 wurde er in Wien ansässig, wo er als Gymnasialprofessor bis 1948 wirkte. In diesem Jahr trat er in den Ruhestand. Seine literarische Tätigkeit setzte er ununterbrochen fort und besuchte - ähnlich wie in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg - wiederholt sein geliebtes Griechenland. Von der letzten Reise im Jahre 1963 kehrte er in sehr schlechtem Gesundheitszustand nach Wien zurück, wo er nach einigen Tagen gestorben ist. Sein erstes Buch - eine Petrarca-Übersetzung - gab er 1913 heraus. Seine interessantesten Werke - Romane, Gedichte, Reisebücher, ästhetische Betrachtungen - sind in den zwanziger, dreißiger und Anfang der vierziger Jahre entstanden. Bis zum Jahre 1945 hat der Dichter seine Beziehungen zu Olmütz nicht aufgegeben.
In den zwanziger Jahren trat Spunda als Verkünder einer neuen, postexpressionistischen, „magischen“ Dichtkunst auf. Die Grundlagen seiner Auffassung hat er in dem Essay-Band Der magische Dichter (1923) dargelegt. Bekannt geworden ist er durch seine „magischen“ Romane, deren Motivation sich z.T. aus verschiedenen chaotischen Reaktionen auf den großen gesellschaftlichen Umbruch von 1918, z.T. aus Überzeugung von der Wirkung magischer, alchimistischer u.ä. Kräfte im Menschen und in dem die Menschheit umgebenden Kosmos ergibt. Motive und Requisiten werden aus der Tradition okkulter Lehren übernommen, die Quelle ihrer symbolischen Dämonie finden diese Romane jedoch im Leben der Gegenwart, die auch den Spielplatz für ihre Handlung abgibt. Der ideeliche Gehalt dieser Prosa ist verknüpft mit Momenten des Sensations- und Kolportageromans. Es geht um folgende Romane: Devachan (1921), Der gelbe und der weiße Papst (1923; tschechisch 1929), Das ägyptische Totenbuch (1926), Baphomet (1928). Parallel mit den Romanen schrieb der Autor auch seine Sachbücher über den völlig als Kabbalisten und Alchimisten aufgefassten Paracelsus: Magische Unterweisungen des edlen und hochgelehrten Philosophi...Paracelsus genannt (1923), Paracelsus (1925).
Verhältnismäßig bald hat Spunda seine eindeutig „magische“ Schaffenslinie aufgegeben und ist von phantastischen Themen zu „realen“ übergegangen. Auf dem Wege über den mythologischen Roman Minos oder Die Geburt Europas (1931) gelangte er zur Schaffung historischer Romane, die sich meist auf die Geschichte und Kultur der mediterranen Welt beziehen. Diesem Schaffensgebiet ist er auch lebenslang treu geblieben. Die ersten historischen Romane sind in den dreißiger Jahren entstanden. Den Anfängen Roms ist Romulus (1934) gewidmet, dem Ende des römischen Reiches und dem Vordringen der germanischen Stämme die Trilogie Wulfila (1936), Alarich (1937) und Das Reich ohne Volk (1938). Allerdings tauchen Momente der Orientierung auf das Magische auch später immer wieder auf. Spunda gibt 1941 sein Weltbild des Paracelsus heraus, 1947 erneut den Baphomet, 1948 eine Sammlung von Übersetzungen Magische Erzählungen aus Frankreich; er lässt weiter die Kabbala in seinem Giordano-Bruno-Roman Verbrannt von Gottes Feuer (1949) wirken und widmet dem Mysterium der Gnosis seinen Roman über die Entstehung der Hagia Sophia in Konstantinopel Das Heiligtum der Welt (1955).
Spundas Abwendung von dem Magischen war Folge seiner wiederholten Begegnung mit Griechenland, dessen Geist, Vergangenheit und Mythologie er durch seine Gegenwart, Landschaft, Denkmäler und Menschen wahrnimmt. Seine erste Reise dorthin hat er 1924 unternommen, dann folgten weitere, die ihren Niederschlag in den Reisebildern fanden: Griechische Reise (1926), Der heilige Berg Athos (1928), Griechische Mönche (1929), Griechenland. Fahrten zu den alten Göttern (1938). Später folgte das Buch Legenden und Fresken vom Berg Athos (1962). Auch in Spundas Lyrik wirkt sich der Komplex Griechenland stark aus: Eleusinische Sonette. Gedichte einer Griechischen Reise (1933). Das tausendjährige Phänomen Griechenland - das byzantinische christliche Mittelalter inbegriffen - ist für Spunda zum bedeutendsten Objekt seiner Reflexionen und zur bedeutendsten Inspirationsquelle geworden. Es stellt ihm den Ausgangspunkt für die Wertung der gesamten europäischen Kultur und gleichzeitig den entscheidenden ästhetischen Imperativ dar. In der Evokation des griechischen Altertums geht der Dichter von dem Erlebnis der heutigen Landschaft aus, die in sich die Größe und Divinität der Vergangenheit enthält sowie die Vorahnung, dass es zu einer neuen Renaissance kommen wird, zu einer Neugestaltung der Menschheit. Griechisch ist auch die Thematik des „philhellenischen“ Romans über den Befreiungskampf im 19. Jahrhundert Griechisches Abenteuer (1932), der dann überarbeitet als Hellas Fackel leuchtet im Jahre 1953 erschien, sowie des historisch-philosophischen Romans Herakleitos (1957).
Spunda war von der Persönlichkeit von Theodor Däubler (1876-1934) begeistert; die Wirkung von dessen Gedankenwelt hat sein Interesse für die Welt des europäischen Südens gesteigert, namentlich für die italienische Renaissance. Spundas Verhältnis zum Erbe der griechischen und römischen Antike, zur Kultur der romanischen Völker, charakterisiert ihn als europäischen Bildungskosmopoliten mit einem starken poetischen und irrationalen Impetus.
Italienischen Themen sind einige seiner Werke gewidmet: Der die Zeit seiner Darstellung sowohl illustrierende als auch kritisch betrachtende Roman Tyrann Gottes (1940) mit dem Papst Bonifacius VIII. als Zentralgestalt, das politisch-historische und kulturgeschichtliche Sachbuch Geschichte der Medici (1944), Römischer Karneval (1953) - der Roman einer Kurtisane aus der Zeit der Renaissance und der Künstlerroman Giorgiones Liebeslied (1955). Etwas überraschend wirkt in diesem Zusammenhange das kolportagenhafte Buch Clara Petacci. Roman um die Geliebte Mussolinis (1952). In dem 1942 entstandenen, thematisch ebenfalls auf die Renaissance, allerdings nicht oder nur am Rande auf die italienische, bezogenen Roman Der Herr vom Hradschin wird die von drei Ethnien und Kulturen - der tschechischen, deutschen und französischen - geformte Persönlichkeit des böhmischen Königs und römischen Kaisers Karls IV. als „Vater des Heimatlandes“ glorifiziert. Karl erscheint nicht nur als idealer Herrscher, sondern auch als Förderer der Ideen des Humanismus. Die weltanschauliche Einstellung des Verfassers, projiziert in das Denken und Handeln Karls, wirkt wie ein Manifest der Toleranz und aktiven Verständigung der Nationen, als Protest gegen Krieg und Absage an jegliches Eroberertum. (Man vergesse nicht, dass dies in einer Zeit geschrieben worden ist, in der die Kriegsherrschaft des Nationalsozialismus, seine Okkupation Europas - und Böhmens besonders - ihren Höhepunkt erreicht hat. Spunda begibt sich hier in eine durch die Blume protestierende „Innere Emigration“.) In ähnlichem, allerdings noch eindeutigerem Ton wurde 1942 die allegorische Novelle Der Sang aus der Tiefe geschrieben. Spunda aktualisierte das Motiv einer alten Olmützer Sage und verknüpfte es mit dem Motiv einer Okkupation der Stadt (der schwedischen im 17. Jahrhundert), um seine Absage an Krieg, Eroberung und Verfolgung der tschechischen Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen.
Spundas Lyrik, deren Entstehung zeitlich und in ihrem Impetus mit seinen Nachdichtungen aus dem Italienischen (Francesco Petrarca: Sonette, 1913; Pietro Aretino: Kurtisanen-Gespräche, 1920; Giacomo Leopardi: Gedichte, 1923) und Englischen (Ossian. Dichtungen, 1924) zusammenhängt, ist stark dem Expressionismus verbunden: Hymnen (1919), Astralis. Dithyramben und Gesänge (1920), Gottesfeuer (1924). Mit Überschwänglichkeit sucht der Dichter inneren Halt in der ekstatisch wahrgenommenen und glorifizierten göttlichen Substanz des Menschen als Verteidigung gegen das Chaos, gegen die Erschütterung der Menschheit, ihrer Moral und Ästhetik durch den Weltkrieg und dessen Folgen.
Spunda ist auch Autor zahlreicher dramatischer Texte, die allerdings nie auf die Bühne gelangt sind. Nur sein Mysterium Der Tod Adams wurde 1923 in Stettin aufgeführt. Sein Interesse fürs Theater bezeugen mehrere Theaterbesprechungen, die er zu Beginn der zwanziger Jahre für die regionale Presse geschrieben hat.
Spundas vorletztes Buch Das mystische Leben Jakob Böhmes (1961), das auch eine Reihe autobiographischer und autoproblematischer Momente enthält, gewährt einen Einblick in seine geistige Welt. (Ludvík Václavek)
Franz Spunda gehört zu den wichtigsten aus Olmütz stammenden Persönlichkeiten. Von 1901 bis 1909 besuchte er das deutsche klassische Gymnasium, anschließend studierte er in Wien (Germanistik, Romanistik, Philosophie). Nach der Entlassung aus dem Militärdienst wirkte er kurz als Aushilfslehrer in Mährisch Ostrau. 1918 ließ er sich dauerhaft in Wien nieder, wo er bis 1948 lebte und als Lehrer am Gymnasium wirkte. 1963 kehrte Spunda, der gern und intensiv reiste (vor allem in den Süden), in gesundheitlich schlechtem Zustand von seinen Reisen zurück und starb kurz danach in Wien.
Das Ausmaß seiner Interessen und seines Kunstschaffens war groß. Spunda ließ als Dichter, Romanist, Übersetzer aus dem Französischen, Englischen und Italienischen und als Bewunderer der antiken und der mediterranen Welt von sich hören. Er war auch regelmäßiger Beiträger kritischer Abhandlungen für verschiedene Zeitungen. In die breite Öffentlichkeit trat Spunda mit seinen magischen Romanen (Devachan, 1921; Der gelbe und der weiße Papst, 1923; Baphomet, 1928).