Hubert Nerad ist am 29. September 1889 in Bergersdorf, nicht weit von Iglau, geboren worden. Sein Vater, Josef Nerad, war Schulleiter. Er stammte aus Brünn und ist in Deutsch-Gießhübel bei Iglau gestorben. Seine Mutter, Anna Nerad, geb. Bauer, stammte aus Pilnikau bei Trautenau. Sie ist in Iglau gestorben.
Im Jahre 1895 übersiedelte die Familie nach Deutsch-Gießhübel, wo Nerads Vater die Schulleiterstelle übernahm. Nerad besuchte die Volksschule in Deutsch Gießhübel. Er wuchs wie ein echtes Dorfkind auf und seine Kindheit beeinflusste später sein literarisches Schaffen. Die im Mährischen Grenzboten veröffentlichte Erzählung Das Bubenjahr enthält Erinnerungen an jene Zeit. Nach vier Gymnasialjahren in Iglau absolvierte er die Lehrerbildungsanstalt in Brünn. Er bestand die Lehramtsprüfung und bekam am 3. Juli 1908 das Lehrbefähigungszeugnis für allgemeine Volksschulen.
Während seiner Studienzeit gründete er zusammen mit Augustin Siegel den Deutsch-Agrarischen Jugendbund in der Iglauer Sprachinsel. In dieser Zeit wird Nerads Persönlichkeit von dem Wandervogel-Verein geprägt. In den Jahren 1908–1914 wirkte er als Lehrer in Stannern, Helenenthal, Trebitsch und Groß Meseritsch. In den Jahren 1914–1918 war er im Kriegsdienst und zu Kriegsende Leiter der Fürsorgestelle für Kriegsopfer in Leitmeritz. Während dieser Zeit lernte er seine erste Frau (jüdischer Herkunft) kennen. Die Fürsorgestelle wurde zum Modell für die ganze Monarchie. 1919 wurde sie vom tschechoslowakischen Staat übernommen. Nerad sollte eine Verpflichtung unterschreiben, dass sein damals 1 Jahr alter Sohn Josef (geb. in Prag) später die tschechische Schule besuchen werde. Nerad verweigerte die Unterschrift und ihm wurde gekündigt.
Von 1920 bis 1925 war er Wanderlehrer beim Deutschen Kulturverband in Iglau. Nerad hat als Lehrer und Volksbildner, der er zeitlebens trotz aller Organisationsarbeit geblieben ist, viel für die deutsche Schule der Sprachinsel geleistet. Fast jede, der nach 1918 entstandenen deutschen Privatschulen, verdankt ihr Entstehen seiner Initiative. Im Jahre 1920 wurde er Gausekretär des Deutschen Kulturverbandes. Mit Prof. Otto Kühnert und Ignaz Göth baute er die Organisation in der Iglauer Sprachinsel auf, weitgehend gestützt auf die Iglauer Wandervogelgruppe. Die Arbeit der Schutzvereine hielt er für besonders wichtig. In seinem Artikel Die Iglauer Sprachinsel als Schutzvereingebiet erklärte er, wie notwendig es war, eine einheitliche Organisation der Schutzvereine zu gründen, den Deutschen Kulturverband, und welche Aufgaben und Ziele vor dem Kulturverband standen.
Aufgrund der Ergebnisse seiner Arbeit berief ihn die Hauptleitung des Deutschen Kulturverbandes nach Prag und übertrug ihm zwei wichtige Aufgaben: die Gesamtorganisation und die Abteilung für Volksbildung. Nerad arbeitete von 1925 bis 1938 in der Hauptleitung des Deutschen Kulturverbandes in Prag. Dort war er Leiter der Werbestelle. Er durchwanderte in dieser Zeit das gesamte Sudetengebiet und die deutschen Sprachinseln der Slowakei und der Karpatenukraine.
Er hat am Beginn seiner Tätigkeit das verwirklicht, was das Ziel aller organisatorischen Tätigkeit vor 1938 war, und zwar die Zusammenfassung aller Lebensbereiche der deutschen Volksgruppe, aller wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Fragen in einem, über alle Gegensätze hinweg reichenden Volksverband. Das konnte aber im Endeffekt nicht erreicht werden. Dank seiner Bemühungen hatte im Jahre 1932 der Deutsche Kulturverband mehr als 3000 Ortsgruppen. Er hat in vielen Versammlungen und Vorträgen für die deutsche Sache geworben, hat den raschen Aufstieg des Deutschen Kulturverbandes bewirkt und sich für absolute Überparteilichkeit in der Schutzarbeit eingesetzt. Wie Dr. Alfred Domes in seinem Artikel schrieb: „ […] Bei allem Kampf, den er führte, war er aber kein Fanatiker. Aus der Liebe zum eigenen Volkstum entsprang auch sein Verständnis für das andere […].“
Als sich die politische Situation änderte, zog er die Konsequenz aus der veränderten Lage und übernahm das Deutsche Institut für Volksbildung in Prag. Dort hat Nerad im Hauptgebäude des Deutschen Kulturverbandes eine Beratungsstelle für volkstümliche Unterhaltungen, für das Laienspiel, für Volksmusik, für Handpuppentheater und Feiergestaltung eingerichtet. Diese Abteilung galt als Vorbild für andere Verbände.
Als Schriftsteller war Nerad in außerordentlicher Weise tätig und hat eine große Zahl von Erzählungen, meist aus dem bäuerlichen Leben, verfasst, die zum Teil in Iglauer Mundart, zum Teil in Hochdeutsch, jahrelang in den Zeitschriften, Kalendern und Jahrbüchern erschienen. Als begabter Laienspieler schrieb er zahlreiche Theaterstücke, die bei festlichen Anlässen wiederholt aufgeführt wurden, wie z. B. Der schlafende Bergmann, Der Tod und die Mutter oder Samuel Österling. Oft gelesen wurden seine Anleitungshefte Die Weihnachtsfeier, Kasperl ist wieder da! u. a. Er hat sich u. a. auch als Leiter der Sommerspiele des Iglauer Stadttheaters betätigt.
Nerad wurde als einer der wenigen sudetendeutschen Handpuppenspieler bezeichnet. Er war Schöpfer der Figur des Iglauer Kospers, der sich in Späßen und voll hintergründiger Heiterkeit mit den Problemen des Alltags auseinandersetzte.
Nerad sammelte Iglauer Schwänke und Schnurren. Mit seinen beiden Schwänkesammlungen Iglauer Schwänkebuch und Wer waß en, obs wohr is zählte Nerad zu den ersten und wohl den besten deutschmährischen Schriftstellern, die sich mit dem Thema des volkstümlichen Schwankgutes befasst haben. Er schrieb diese Schwänkebücher, die als ein wertvoller Beitrag für den Erhalt des heimischen Volksgutes angesehen wurden, in der Iglauer Mundart, die er beherrschte.
Im Jahre 1938 übersiedelte er nach Dänemark, erwarb mit seiner zweiten Frau (jüdischer Herkunft), einer geborenen Dänin, den Bauernhof Hjördlundegaard/p.Slangerup mit 40 ha Besitz, Acker, Weideland und einem Stück Wald. Er wurde Landwirt in Dänemark.
Nach 1938 hat er uns verlassen. Seine geistige Einstellung und sein politisches Weltbild (seine Freunde waren Urzidil, Dr. Moucha, Prof. Longin und andere individualistisch ausgeprägte Menschen) ertrugen den Totalitarismus weder von links noch von rechts. Dazu kam, dass seine Verehelichung ihn vor schwere Entschlüsse gestellt hätte, wenn er geblieben wäre. So ging er nach Dänemark, wo er Bauer wurde und wo er immer wieder versuchte, wenigstens schriftlich auf die Entwicklung unserer Volksgruppe beratend Einfluss zu nehmen. Er hat sich verzehrt an der Liebe und Sehnsucht nach der fernen Heimat und ist Inbegriff jenes ewig ringenden Menschen, der weiß, dass das Sterben im Leben der Völker gleichzeitig Saat des neuen Tages ist. (Pozorny, 1960)
Hubert Nerad starb am 9. März 1952 im Krankenhaus in Frederikssund und wurde auf dem katholischen Friedhof in Kopenhagen bestattet.
(Štěpánka Kolářová, Iglau)