Paul Engelmann wuchs in einer Familie der deutschsprachigen assimilierten jüdischen Minderheit in Olmütz auf. Seine Mutter, Ernestine, stammte aus einer angesehenen Gelehrtenfamilie. Ihr Vater, Adolf Brecher, war Arzt, Dichter und Übersetzer. Auch ihr Großvater Gideon Brecher war Arzt und Schriftsteller. Engelmanns Vater, Max, war Geschäftsmann. Nach dessen Bankrott lebte die Familie zurückgezogen in einem Hinterhaus am Mauritzplatz. Ernestine Engelmann sorgte dafür, dass das Haus für einen Kreis jüdischer Intellektueller offen blieb, zu dem der Dramatiker Max Zweig und dessen Cousin, der Musiker Fritz Zweig, der Jurist Heinrich Groag, der Philosoph Friedrich Pater, der Publizist Franz Feigel, der Musiker Egon Kornauth und Engelmanns Bruder, der Karikaturist Peter Engelmann (Pseudonym: Eng) gehörten. Engelmanns Schwester Anny, die unter dem Pseudonym Suska als Kinderbuchillustratorin arbeitete, nahm nur selten daran teil.
Aufgrund eines Lungenleidens besuchte Engelmann das Gymnasium nur bis zur vierten Klasse und nahm danach Privatunterricht. Er hielt sich zur Genesung in verschiedenen Sanatorien auf. 1911 legte er am k.u.k. deutschen Staats-Gymnasium in Olmütz die Reifeprüfung ab und ging danach an die Technische Hochschule in Wien. Die Ausbildung dort sagte ihm weniger zu als das Gesellschaftsleben rund um Karl Kraus und Adolf Loos. 1911 veröffentlichte Engelmann in der Fackel ein Gedicht auf das Loos-Haus am Michaelerplatz, in dem er dessen Ornamentlosigkeit pries und es als Zeichen einer neuen Zeit bezeichnete. Als Loos 1912 seine Bauschule gründete, wurde Engelmann einer seiner ersten Schüler. Loos betraute Engelmann mit dem Zeichnen eines Stadtregulierungsplans für Wien. Engelmanns Studien zu einem antiken Atrium-Haus und seine späteren Arbeiten am Schloß Krasiczyn des Prinzen Sapieha in Polen und am Haus Konstandt in Olmütz waren Beiträge zur Entwicklung des Loosschen Konzepts des Raumplans.
Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ging Engelmann, der aufgrund seines Lungenleidens vom Militärdienst befreit wurde, zurück nach Olmütz. Dort widmete er sich vorwiegend seiner literarischen und philosophischen Tätigkeit. Unter anderem arbeitete er als Privatsekretär für Karl Kraus, indem er für ihn Zeitungsartikel sammelte, die dieser später für sein Antikriegsdrama Die letzten Tage der Menschheit verwendete. 1916 lernte Engelmann durch die Vermittlung von Loos Ludwig Wittgenstein kennen, der an die dortige Artillerie-Offiziersschule beordert worden war. Wittgenstein nahm an den Treffen des Intellektuellenkreises rund um Engelmann teil. Engelmann und Wittgenstein trafen sich häufig zu Gesprächen über Literatur, Musik, Kunst, Ästhetik, Religion und über den Tractatus-Logico-Philosophicus, an dem Wittgenstein zu der Zeit gerade arbeitete. Engelmann half Wittgenstein bei der Klärung seiner Gedanken und trug zu dessen philosophischer Entwicklung bei. Wittgensteins Gedankenwelt beeinflusste wiederum Engelmann. Dieser wurde in den Familienkreis der Wittgensteins als Gast herzlich aufgenommen.
Er arbeitete u. a. an der Innenausstattung der Wittgensteinschen Villa in Neuwaldegg. Auch am Wiener Stadthaus der Familie in der Argentinierstraße (damals: Alleegasse) im vierten Bezirk führte er Umbauten durch. 1925 beauftragte Margaret Stonborough, eine Schwester Ludwig Wittgensteins, Engelmann mit dem Bau eines Stadthauses. Die daraus entstandenen Pläne wurden später von Wittgenstein überarbeitet, sodass das Haus später als „Wittgenstein-Haus“ in die Geschichte einging. Diese Zusammenarbeit führte zu einer Entfremdung zwischen Engelmann und Wittgenstein. Der persönliche Kontakt brach bald darauf ab.
Trotzdem beschäftigte sich Engelmann bis zu seinem Tod mit Wittgenstein. Er bearbeitete seinen Briefwechsel mit Wittgenstein und schrieb seine Erinnerungen an ihn nieder. Außerdem interpretierte er den Tractatus auf eine völlig neue Art und Weise. Er sah ihn nicht als positivistisches Werk, sondern betonte den ethischen Aspekt. Engelmann kam nicht mehr dazu, seine Arbeit abzuschließen. Nach seinem Tod stellten seine Philosophenfreunde Shimson Stein und Josef Schächter aus seinen Notizen ein Buch zusammen, das 1967 als Paul Engelmann. Letters from Ludwig Wittgenstein. With a Memoir und 1970 auf Deutsch als Paul Engelmann. Ludwig Wittgenstein. Briefe und Begegnungen, jeweils von Brian McGuinness herausgegeben, erschien. Damit leitete Engelmann eine neue Interpretation des Tractatus ein.
Während des Krieges und kurz danach pendelte Engelmann zwischen Olmütz und Wien. Aus dieser Zeit stammen das dramatische Gedicht Orpheus und seine Gedichtsammlung Buch der Erinnerung. Besonders am Drama zeigt sich Engelmanns geistige Verbindung zu dem jüdischen Intellektuellenkreis in Olmütz. Friedrich Pater, ein Philosoph in deutscher idealistischer Tradition, der gleichzeitig die jüdische Religiosität hochhielt, kann als repräsentativ für diesen Kreis angesehen werden.
Öffentliches Philosophieren bedeutete in Olmütz damals politisches Engagement in der Auseinandersetzung zwischen Assimilation und Zionismus. Engelmann übte in Vorträgen, Zeitungsartikeln und offenen Briefen bewusst Kritik an der zionistischen Politik, sah den Zionismus aber gleichzeitig als große Chance zu einer Gesellschaftserneuerung – eine Haltung, die er bis zu seinem Tode beibehielt. Philosophische Themen waren für Engelmann immer von gesellschaftspolitischer Relevanz, politisches Engagement war notwendig. Noch während des Krieges 1917 hatte er einen detaillierten Friedensplan ausgearbeitet, den er an mehrere einflussreiche Politiker gesandt hatte.
In seiner Arbeit als Jugendführer in der zionistischen Jugendbewegung Blau-Weiß versuchte er später, seine Ideen zu einer Gesellschaftsreform, die für ihn immer von der Jugend ausgehen musste, in der Praxis zu überprüfen. Auch in seiner Innenarchitektur (Interieur für die Olmützer Familie Seidler, 1929) und in seiner Architektur (Haus Müller in Olmütz, 1926-1928; Villa Groß in Libenitze bei Olmütz, 1928; Villa Guttmann in Mährisch-Ostrau, 1929; Umbau der Villa Beckmann, 1930; neun Siedlungshäuser in Iwano-Frankiwsk, ehemals Stanislawow, 1930-33) spiegelt sich Engelmanns sozialkritisches Engagement wider. Er sorgte für behagliches Wohnen in einer natürlichen Atmosphäre, die den Bewohnern in einem technischen Zeitalter innere Ausgeglichenheit ermöglichen sollte. Durch den Einsatz des Raumplans (die Räume sind auf verschiedenen Ebenen verteilt) stellte er auf sparsamer Wohnfläche günstige Raum- und Funktionszusammenhänge her.
Daneben arbeitete Engelmann an dem umfangreichen Werk Psychologie graphisch dargestellt (zu Lebzeiten unveröffentlicht), in dem er versuchte, mittels einer von ihm selbst entwickelten graphischen Methode zu einer systematischen Darstellung der Psychologie zu gelangen. Das endgültige Typoskript stellte er erst nach seiner Emigration nach Palästina 1934 in den Jahren 1943-46 fertig. Bereits 1925 hatte Engelmann in einem Brief an Wittgenstein mit dem Gedanken gespielt, nach Palästina auszuwandern. 1934 setzte er diese Idee in die Tat um, was ihm das Leben rettete. Seine gesamte Familie fiel der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zum Opfer.
In Tel Aviv, einer schnell wachsenden und vitalen Stadt, begann Engelmann für Arthur Wachsberger und dessen Möbelgeschäft The Cultivated Home als Möbeldesigner zu arbeiten und wirkte dabei mit, einen neuen Wohnstil in Palästina einzuführen. In seiner architektonischen Arbeit passte Engelmann sein Konzept den speziellen geographischen (Terrassenbau) und klimatischen (Lichtverhältnisse; Hitze) Bedingungen des Landes an und schuf für die Bewohner durch offene, gut durchlüftete und schattenspendende Räume eine angenehme und beschauliche Atmosphäre. Der Loossche Raumplan kam ihm dabei entgegen (Haus Yadlin, 1935). Neben vier Einfamilienhäusern (Haifa, Herzlia, Ramat-Gan) und drei Umbauten von Wohnhäusern in Tel Aviv entwarf Engelmann das erste Gebäude der Bank Hapoalim in Tel Aviv, ein Interieur des Presse-Klubs in Jerusalem, die Halle des King David Hotels in Jerusalem und einen Thronsaal für König Abdallah von Jordanien (1948). Außerdem gibt es Pläne für die Gestaltung von Kleinstwohnräumen in einem Kibbuz.
Den Großteil seiner Zeit widmete Engelmann allerdings seiner philosophischen Tätigkeit. Zu seinem Bekanntenkreis gehörten u. a. Josef Schächter (Mitglied des Wiener Kreises, Lieblingsschüler von Moritz Schlick), der Philosoph Joseph Markus, Gustav Steinschneider, ein Enkel von Moritz Steinschneider (Begründer der wissenschaftlichen hebräischen Bibliographie, Neffe von Engelmanns Urgroßvater Gideon Brecher), der Essayist, Lyriker und Kraus-Forscher Werner Kraft und der Philosoph Hugo Bergmann. Gemeinsam mit anderen Teilnehmern der Philosophischen Abende gab er die Schriftenreihe Gedanken heraus, die sich als Sammlung von Diskussionsbruchstücken und Einzelmeinungen verstand. Darin erschienen beispielsweise seine Aufsätze Geist und Gesellschaft (in: Gedanken, 1944) und Ein verfehlter Versuch (in: Im Nebel 1945). Wie später in seiner Arbeit für die hebräische Zweimonatsschrift Prozdor, die ab 1962 in Tel Aviv erschien, legte Engelmann seine Meinungen zur gesellschaftlichen Situation weltweit und v. a. in Israel dar und bot Lösungsvorschläge an. Dabei ging es ihm hauptsächlich um Möglichkeiten, in unserem technischen Zeitalter mit seiner Überbetonung des Verstandes geistig-seelischen Eigenschaften wie Gefühl und Urteilskraft erneut Bedeutung zu geben, um den Menschen wieder ein Leben in innerer Wahrheit zu ermöglichen. Seine Aufsatzsammlung Vom Wort zur Tat ist ebenfalls in diesem Tenor gehalten. Für einen solchen Weg hielt Engelmann eine entsprechende Stadtplanung – wie er in seiner Schrift Städtebau statt Wirtschaftsplanung (1963) detailliert darlegte.
All diese Schriften atmen den Geist von Adolf Loos, Karl Kraus und Ludwig Wittgenstein. Nicht umsonst widmete Engelmann ihnen mehrere Werke, Vortrags- und Leseabende und jeweils eine Broschüre der Schriftenreihe Gedanken (Adolf Loos, 1946, mit dem Aufsatz Adolf Loos, der ein Kapitel zum Raumplan enthält; Ludwig Wittgenstein, 1948; Dem Andenken an Karl Kraus, 1949, mit dem Aufsatz Die Sprache des Dichters).
Engelmanns Liebe zur Sprache und Literatur blieb ihm bis ins hohe Alter erhalten. Er stellte eine Anthologie deutscher Lyrik in 40 Bänden zusammen, um sie vor der endgültigen Vernichtung durch die Nationalsozialisten zu bewahren. Ein Anliegen, das für ihn in seiner neuen Heimat mit einer neuen Landessprache besonderes Gewicht bekam. Die deutsche Sprache blieb für ihn die Königssprache der Dichtung. Er übersetzte Gedichte meisterhaft aus dem Hebräischen ins Deutsche – darunter auch Gedichte des damals jungen Lyrikers Elazar Benyoëtz. Benyoëtz‘ Dichtung war für Engelmann Ausdruck der seelischen Zeitproblematik.
Gegen Engelmanns Lebensabend hin bemühte sich Benyoëtz darum, Engelmanns Werke einer deutschen Leserschaft nahezubringen. Engelmanns Aufsatz Die seelische Valuta wurde noch vor seinem Tod 1964 in der Zeitschrift Der Alleingang publiziert, wodurch sich der Bogen zurück in seine alte Heimat spannte. Die ökumenische und kulturkritische Zeitschrift Der Alleingang wurde von Michael Guttenbrunner und Paul Schick zwischen 1964 und 1966 in Wien herausgegeben und hatte zum Ziel, dem Andenken von Karl Kraus gerecht zu werden. Engelmanns Aufsätze Die Rationalisierung, Zum Andenken an den Rezitator Emil Stein und Die unverstandene Botschaft des Satirikers Karl Kraus erschienen dort leider erst nach seinem Tod. Ebenso wurde das Büchlein Dem Andenken an Karl Kraus und Engelmanns Erinnerungen an Ludwig Wittgenstein erst posthum herausgegeben.
Der Großteil von Paul Engelmanns umfangreichem Nachlass, der neben architektonischen Skizzen und seinen zahlreichen theoretischen Schriften auch Korrespondenz und einen tagebuchartigen Lebensrückblick umfasst, wird dank der Vermittlung von Shmuel Hugo Bergmann an der Jewish National and University Library aufbewahrt.