Josef Walter König, am 16. Februar 1923 in Hotzenplotz geboren, ist in Katharein bei Troppau (1925-1929) und in Brünn (1929-1938) aufgewachsen und besuchte die Volksschule und das Deutsche Staats-Realgymnasium in Brünn und die Oberschule in Freudenthal (1938-1942), wo er im Jahre 1942 das Abitur ablegte. Danach studierte er Zeitungswissenschaft, Germanistik, Slawistik und Philosophie an der Universität in Prag, später in München. Heute lebt er in Donauwörth. Josef Walter König wirkte als Pädagoge und Linguist, war als Verlagslektor und Schriftleiter tätig und widmet sich nach wie vor seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Er hat zahlreiche Beiträge für verschiedene Nachschlagewerke und Zeitschriften geschrieben und selbständige Schriften veröffentlicht (Anekdoten, Feuilletons, Essays, Glossen, Satiren). Sein ganzes Leben lang widmete er sich der Literaturgeschichte des Ostsudetenlandes, und er gilt auf diesem Gebiet als berufener Kenner. Auch in seinem literarischen Schaffen versäumt er es nie, eine Querverbindung zu seiner angestammten Heimat zu finden: Erinnerungen an die Heimat und Autobiographisches sind seine durchgängigen Themen.
Vermutlich hat sich durch die Kindheitsaufenthalte bei der Großmutter in der Nähe von Freudenthal bei König, einem Jungen aus Hotzenplotz, ein Gehör für die sudetenschlesische Mundart ausgebildet. Die Kenntnis der sudetenschlesischen Mundart hat auch sein späteres Schaffen wesentlich beeinflusst. Er verfasste zahlreiche Aufsätze über die Mundartdichtung der nordmährischen und sudetenschlesischen Region. Wiederholt nahm er zu der Mundartproblematik Stellung und förderte mundartliche Werke (Autoren, die in nordmährischer und sudetenschlesischer Mundart gedichtet haben, werden in Königs Publikation Heimat im Widerschein kurz vorgestellt). König hat sich als Biograph des Mundart- und Heimatdichters Viktor Heeger hervorgetan.
Das Interesse von König galt und gilt ebenfalls der Geschichte und Literatur der neuen Heimat; er veröffentlichte zahlreiche Sachbücher und Publikationen über die Stadt Donauwörth. Der Autor sagt: „Durch die ´Bande des Herzens´ fühlte ich mich stets meiner Heimat im Ostsudetenland verbunden. Hinzu kamen berufliche Bedürfnisse und meine schriftstellerischen Interessen. So übertrug ich meine Neigungen schließlich auf meine ´neue Heimat´“ (Einkehr und Bleibe, S. 81).
Josef Walter König ist Autor des im Jahre 1964 erschienenen Lexikons Das Schrifttum des Ostsudetenlandes. Das literarische Vermächtnis der Dichter und Schriftsteller aus dem Ostsudetenland und einer schmalen lexikalischen Erfassung der Gegenwartsautoren aus dem Ostsudetenland, die unter dem Titel Sie wahren das Erbe (Nürnberg 1983, 1987, 1993, 2004) veröffentlicht wurde. Beide Werke enthalten wichtige Angaben zur Literatur aus dem mährisch-schlesischen Gebiet. Sein Nachschlagewerk Die Grabstätten der deutschsprachigen Dichter und Denker. Ein lexikalischer Wegweiser (Meitingen 2000, 2003) enthält knappe biographische Daten, vor allem aber Hinweise zum Auffinden der Gräber. Josef Walter König war seit 1968 als freier Mitarbeiter der Donauwörther Zeitung tätig und schrieb unter dem Pseudonym Dixi mehr als 200 skizzenhafte Beiträge über Verkehrsprobleme. Seine Verkehrssicherheitsglossen wurden gesammelt und als Buch (Straßenrandbemerkungen. Ein literarischer Beitrag zur Bewältigung der Verkehrsprobleme, 1972) herausgegeben.
1967 hat König an dem Schlesisch-mährischen Volkskalender für das Altvaterland mitgearbeitet. In den Jahren 1968-1991 gab er die Jahrbücher Altvater-Jahrbuch und Jahrbuch der Heimat heraus. Zurzeit wird von ihm noch das Nordmährische Heimatbuch (Helmut-Preußler-Verlag in Nürnberg) redigiert – er hat die Redaktion 1990 von Albert Rotter übernommen. Von Königs Prosa-Titeln seien genannt: Ihr Wort wirkt weiter (1966), Heimat im Widerschein. Essayistisches und Feuilletonistisches im Gedenken an das Ostsudetenland (1978), Ascona – Ruf und Echo. Impressionen aus dem südlichen Tessin (1998) und die Prosaanthologien Die Heimat erzählt (1964) und Heimatgrüße (1996). Viel aus seiner Kindheit in der sudetendeutschen Heimat wird in seinem neuesten Werk Des Lebens Buntheit (Donauwörth, 2001) erzählt. Bei unseren persönlichen Begegnungen in Donauwörth im Frühjahr 2002 und 2004 hat Josef Walter König erwähnt, dass er an einem autobiographischen Roman arbeitet, der nach letzten Angaben den Arbeitstitel Lebensmelodien trägt.
Eine vollständige Liste aller Publikationen von Josef Walter König kann man dem Band Josef Walter König - Bibliographie entnehmen, der im Jahre 2003 von Herbert Gröger (selbst als Lyriker tätig) veröffentlicht wurde.
Als Beispiel für Königs künstlerisches Schaffen soll zunächst das Buch Einkehr und Bleibe (1995) herausgegriffen werden. Dieses Buch ist der „gastlichen Stadt Donauwörth“ gewidmet, wo König sich seine neue Existenz aufgebaut hat. Kurz nach der Ankunft in dieser Stadt ist sie für ihn eine Bleibe auf Dauer geworden. Dass König die Stadt, die für ihn eine neue Heimat wurde, wirklich ins Herz geschlossen hat, beweisen zahlreiche Schriften über die Landschaft und Geschichte dieser Stadt - man erfährt viel über ihre literarturhistorische Tradition und ihre Sehenswürdigkeiten.
In diesem Werk erfährt man auch Einzelheiten aus Königs Leben und seinem Schicksal: Während des Besuchs der Volksschule lebte er in der „Landeshauptstadt Brünn, am Zusammenfluß von Zwittawa und Schwarzawa“ (S. 8), verbrachte die Ferien im Altvatergebirge, später studierte er an der Deutschen Karls-Universität in Prag. Seine Mutter kam mit einem Flüchtlingstransport der Heimatvertriebenen nach Donauwörth („Es war jedenfalls der Schlußpunkt jener Aktion, die man im allgemeinen Vertreibung aus der Heimat nannte, und so teilte Mutter als Neuankömmling das Los der anderen Heimatvertriebenen. Schlimmer konnte es ja nicht mehr kommen, als daß sie mit 53 Jahren vor dem absoluten Nichts stand und beginnen mußte, aufs neue tragfähige Lebensgrundlagen zu schaffen. Dankbarkeit im Herzen empfand sie dafür, daß sie Krieg, Siegerwillkür und Abtransport einigermaßen heil überstanden hat“ - S. 60) und glaubte, das Leben könnte nicht härter werden. Die Freude über das Überleben wurde durch das ungewisse Schicksal ihres Ehemannes und ihrer zwei Söhne getrübt. Später stellte sich heraus, dass ihr Ehemann „der Rachejustiz der Nachkriegszeit zum Opfer gefallen war“ (S. 60), dass sich ihr Sohn Erwin in Österreich niedergelassen hatte und dass ihrem jüngeren Sohn, Josef Walter König, die Rückkehr in die alte Heimat untersagt war. Josef Walter König kam nach der Entlassung aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft im Herbst 1945 nach Mecklenburg - in die sowjetische Besatzungszone. Er besuchte seine nun in Westdeutschland lebende Mutter heimlich und sehnte sich nach einer Übersiedlung zu ihr. Er und seine Ehefrau (Heirat im Jahre 1948) betrachteten den Aufenthalt in Norddeutschland als „eine weitere Gefangenschaft“ (S. 43), als „Intermezzo“ (S. 40) im Leben. Entscheidend für die Zukunft von Josef Walter König war, dass er dann doch eine Zuzugsgenehmigung nach Donauwörth bekam und mit seiner Frau hinziehen konnte.
Bei der Integration half dem Autor vor allem das Vereinswesen. Josef Walter König unterrichtete an der renommierten Realschule Heilig Kreuz. Nach der sog. samtenen Revolution unternahm der Autor eine Reise nach Brünn, wo er vergebens nach den alten, früher bekannten Gebäuden aus der Gymnasialzeit suchte: „Es gibt keinen Lažanskyplatz mehr und erst recht kein Deutsches Haus. Letzteres ist allerdings nicht nur dem Namen nach verschwunden, sondern auch als Bauwerk und Zeuge einer deutschen Vergangenheit“ (S. 56). Er musste Folgendes feststellen: „dem totalitären System fielen einst unzählige Kunstwerke zum Opfer, die klassenfeindlichen Ursprungs waren bzw. nicht dem ideologisch fundierten sozialistischen Realismus entsprachen, oder einfach an eine deutsche Vergangenheit erinnerten“ (S. 97).
Auch die in der Anthologie Heimatgrüße (1996) veröffentlichte Erinnerung Köhlerberg – Abschied und Wiedersehen schildert die Erfahrungen des „Heimat-Touristen“.
Über seine alte und neue Heimat - Hotzenplotz und Donauwörth - schreibt Josef Walter König auch in dem Werk Heimat im Widerschein von 1978. Er analysiert das literarische Schaffen einiger Heimatdichter (z. B. Viktor Heeger, Josef Lowag, Alois Franz Lowag, Hedwig Steiner, Josef Schneider) und stellt einige Schriftsteller (z. B. Joy Adamson) vor. Erwähnt wird auch der Autorennfahrer Bernd Rosemeyer. Einige Zeilen sind den kulinarischen Spezialitäten aus der alten Heimat gewidmet. In dem Essay Zur Lage der Stadt Freudenthal wird dann über die „babylonische Begriffsverwirrung“ (S. 15) geklagt, über die Komplikationen bei der unkontrollierten Anwendung der deutschen und tschechischen Bezeichnungen der Ortsnamen bei Städten aus dem Sudetenland und über die historische, geographische, politische und organisatorisch-verwaltungsmäßige Terminologie. In einer Abhandlung wird über die geographische Lage der Stadt Hotzenplotz gesprochen und der damit zusammenhängende Ursprung des Pseudonyms Walter Grenzer enthüllt: „Meine irdische Laufbahn begann also als Grenzbewohner bzw. als ´Grenzer´“ (S. 7).
In dem Band Des Lebens Buntheit von 2001 erzählt König Heiteres und Ernstes aus seinen Kinderjahren, an die er sich „lebhaft und freudig“ (S. 8) erinnert. Dabei betont er, es müssen nicht immer „sensationelle Erlebnisse“ (S. 50) sein, an die man sich erinnert. Auch „bloße Stimmungen und idyllische Erinnerungsbilder“ (S. 50) sind es wert, ihrer zu gedenken und können den Erzählungen zugrunde liegen. Anhand dieses Werkes lässt sich Königs kompletter Lebenslauf zusammenstellen.
Im Buch Ascona – Ruf und Echo. Impressionen aus dem südlichen Tessin (1998) stellt König die Tessiner Landschaft um den See Lago Maggiore vor, die durch ihren „mediterranen Charme“, mannigfaltige Gastronomie und ein pulsierendes Leben bekannt ist. König begibt sich hier auch auf die Spurensuche nach bekannten Schriftstellern, Komponisten, Schauspielern und anderen Künstlern, die in Ascona, Locarno, Riviera Gambarogno, Ronco, im Maggiatal - für immer oder nur für eine kurze Zeit - Bleibe, Unterschlupf, Zuflucht gefunden haben und diese südschweizerische Landschaft zum Mittelpunkt ihrer Werke machten, oder hier ihre Spuren hinterlassen haben (Johann Wolfgang Goethe, Gottfried Keller, Hermann Hesse, Friedrich Schiller, Emil Ludwig, Jo Mihaly, Caterina Beretta, Hans Habe, Julius Hay, Aline Valangin, Efraim Frisch, Werner Jörg Lüddecke, Fritz Rotter, Käthe Kruse, Erich Maria Remarque, Else Lasker-Schüler, Richard Seewald, Ruggiero Leoncavallo, Rainer Maria Rilke, Betty Knobel, Erich Mühsam, Albert Ehrenstein, Alfred Andersch, Theodor Plievier, Hans Arp, Richard Katz, Stefan George, Karl Otten, Gerhart Hauptmann, Franz Werfel, Bertold Brecht, Ludwig Derleth, Hugo Ball, R. Pannwitz, Günther Weisenborn). Dieses Buch wird von Literaturwissenschaftlern genauso wie von anspruchsvollen Touristen geschätzt.
Zusammenfassend kann man seine Kritiker sprechen lassen: König ist ein „leidenschaftlicher Spurensucher“ (Chamland aktuell vom 18.9.1996) und ein vielseitiger Autor, der „seiner alten und seiner neuen Heimat literarische Denkmäler gesetzt hat“ (Wolfgang Geiss). „Als Verfasser zahlreicher Schriften wandte er sich sehr unterschiedlichen Themen zu, widmet sich jedoch immer wieder der Erschließung des geistig-kulturellen Erbes seiner Heimat“ (Schlesischer Kulturspiegel 1987, Folge 2). Er kennt sich gut in der deutschsprachigen Literatur des Sudetenlandes aus und pflegt Kontakte mit anderen Autoren aus dem Ostsudetenland. Königs Werke bieten nicht nur eine unterhaltsame Lektüre, sondern gelten auch als geschätzte Nachschlagewerke.
Für seine redaktionellen und schriftstellerischen Aktivitäten wurden Josef Walter König das Bundesverdienstkreuz, der Christophorus-Preis für Autoren (1969), die Goldene Bürgermedaille der Stadt Donauwörth (1993) und die Adalbert-Stifter-Medaille verliehen. (Štepánka Hetfleischová, Olmütz)